Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückzahlung von Sonderwendungen bei Eigenkündigung des Arbeitnehmers im Bindungszeitraum nach Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Arbeitgeberin
Leitsatz (amtlich)
Kann der Gratifikationszweck, auch eine fortdauernde Betriebszugehörigkeit in Zukunft zu belohnen, infolge der Eröffnung des Konkursverfahrens nicht mehr verwirklicht werden, stellt sich die arbeitsvertragliche Sanktionierung einer Eigenkündigung während des Bindungszeitraums als für den Arbeitnehmer ungewöhnlich belastend und als Interessenausgleich offensichtlich unangemessen dar.
Normenkette
BGB § 611; KO § 22 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 14.04.1997; Aktenzeichen 21 Ca 461/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 14. April 1997 – 21 Ca 461/96 – wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rückzahlung einer Sonderzuwendung an den Kläger.
Der Beklagte war seit dem 1. August 1985 als Mitarbeiter des … tätig. Die Einzelheiten des Arbeitsverhältnisses regelt ein Arbeitsvertrag vom 10. März 1988 (Anlage K 2, Bl. 14 d.A.). In Ziffer 6 dieses Arbeitsvertrages heißt es wie folgt:
„Das 13. Gehalt, Abschlußvergütung und Urlaubsgeld sind Treueprämien und daher zurückzuzahlen, soweit sie innerhalb der letzten drei Monate vor Kündigung des Arbeitsverhältnisses gewährt worden sind.”
Am 8. Dezember 1995 wurde über das Vermögen der Arbeitgeberin das Konkursverfahren eröffnet.
Am selben Tag kündigten die Bevollmächtigten des Beklagten das zwischen diesem und der Gemeinschuldnerin bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich zum 31. Dezember 1995 (Anlage K 5, Bl. 17 d.A.). Der Kläger akzeptierte die Kündigung des Beklagten zum 31. Dezember 1995 nicht und wies diesen mit Schreiben vom 13. Dezember 1995 (Anlage K 8, Bl. 104 f d.A.) daraufhin, daß das Arbeitsverhältnis des Beklagten allenfalls unter Einhaltung der einschlägigen gesetzlichen Kündigungsfrist, d h. mit einer Frist von vier Wochen zum 15. bzw. zum Monatsende, wirksam beendet werden könne, im vorliegenden Fall frühestens mit Ablauf des 15. Januar 1996.
Die damaligen Bevollmächtigten des Beklagten bestätigten mit Schreiben vom 15. Dezember 1995 daraufhin, „daß auch unser Mandant davon ausgeht, daß sein Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15. Januar 1996 endet”.
Im Februar 1996 nahmen die Betriebsparteien Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan auf. Im Interessenausgleich vom 24. Mai 1996 verpflichtete sich der Kläger, vor dem 31. Dezember 1996 keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen (Bl. 33/34 d.A.). Der Beklagte fällt in den persönlichen Geltungsbereich des Sozialplans vom 24. Mai 1996 (Anlage B 1, Bl. 26 f d.A.). Sein Sozialplanspruch beträgt per Berechnungsstichtag des 1. Juni 1997 DM 6.448,48.
Zusammen mit dem Oktobergehalt 1995 zahlte die Gemeinschuldnerin an den Beklagten ein halbes 13. Gehalt in Höhe von DM 2.250 aus. Mit dem Dezembergehalt zahlte die Gemeinschuldnerin dem Beklagten eine Jahresabschlußvergütung in Höhe von DM 4.500 brutto.
Im Hinblick auf die Eigenkündigung des Beklagten ist diesem die Hälfte des 13. Gehalts in der Gehaltsabrechnung für Januar 1996 abgezogen worden. Die Jahresabschlußvergütung ist dem Beklagten dadurch abgezogen worden, daß die Gehaltsabrechnung von Dezember 1995 durch eine neue Abrechnung Januar 1996 ersetzt und aufgehoben worden ist und der Beklagte mit der ursprünglichen Dezembervergütung von DM 4.706,80 netto als „Vorschuß” belastet wurde. Danach ergab sich eine Überzahlung des Beklagten in Höhe von DM 2.935,59 netto.
Mit Schreiben vom 12. Januar 1996 (Anlage K 6, Bl. 19 d.A.) forderte der Kläger den Beklagten auf, die zusätzlichen Zahlungen gemäß Ziffer 6 des Arbeitsvertrages in Höhe des überzahlten Betrages von DM 2.935,59 netto spätestens bis 26. Januar 1996 an den Kläger zu zahlen. Nachdem der Beklagte dieser Aufforderung nicht nachgekommen ist, hat der Kläger als Konkursverwalter diese Forderung nebst weiterer 10,00 DM an vorgerichtlichen Kosten mit Mahnbescheid vom 10. September 1996 geltend gemacht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, daß der Beklagte gemäß Ziffer 6 des Arbeitsvertrages zur Rückzahlung der Jahresabschlußvergütung und des halben 13. Gehaltes verpflichtet sei. Bei dem 13. Gehalt und der Abschlußvergütung handele es sich um Gratifikationen Ziffer 6 des Arbeitsvertrages bezeichne diese Zahlungen ausdrücklich als Treueprämien.
Im übrigen habe er, der Kläger, zu dieser Eigenkündigung keine Veranlassung gegeben. Bei der am 12. Dezember 1995 durchgeführten Betriebsversammlung habe er der Belegschaft erklärt, daß die künftigen Gehaltszahlungen ohne Einschränkungen gesichert seien.
Darüber hinaus sei der Arbeitsplatz des Beklagten gemäß dem Interessenausgleich vom 24. Mai 1996 während der Bindungsfrist gesichert gewesen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger DM 2.945,59 ne...