Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebliche Übung. Lohnerhöhung. Aufrundung einer Lohnsteigerung. Weitergabe einer Tariflohnerhöhung an einen außertariflichen Angestellten
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter einer betrieblichen Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers zu verstehen, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Aus diesem als Vertragsangebot zu wertenden Verhalten des Arbeitgebers, das von den Arbeitnehmern i.d.R. stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB), erwachsen vertragliche Ansprüche auf die üblich gewordenen Leistungen.
2. Es entsteht kein Anspruch aus betrieblicher Übung, wenn ein tarifgebundener Arbeitgeber einem außertariflichen Angestellten in der Vergangenheit eine Gehaltserhöhung entsprechend der Tarifgehaltserhöhung gewährt und diesen Betrag auf volle 10 DM aufgerundet hat.
Normenkette
BGB §§ 611, 242, 151
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 01.04.2003; Aktenzeichen 3 Ca 381/02) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. April 2003 – 3 Ca 381/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger Zahlungsansprüche gestützt auf das Rechtsinstitut der betrieblichen Übung.
Der Kläger war bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der A. AG, tätig. Mit Wirkung zum 1. Januar 1984 wurde der Kläger zum leitenden Handlungsbevollmächtigten ernannt (Anl. zur Klagschrift, Bl. 12 d.A.). Seitdem erhielt der Kläger eine außertarifliche Vergütung. Das Arbeitsverhältnis ging im Jahre 2000 auf die Beklagte über.
Die A. AG passte das Gehalt des Klägers regelmäßig prozentual entsprechend der Erhöhung der Tarifgehälter an. Dabei rundete sie stets die Gehaltsanpassung nach oben auf volle 10,00 DM-Beträge auf (Anl. zur Klagschrift, Bl. 18 ff. d.A.). Danach betrug das letzte Gehalt des Klägers, das er von der A. AG erhielt, 10.390,00 DM. Die Beklagte berechnete, basierend auf diesen Betrag, die Gehalterhöhung des Klägers ab 1. Juni 2001 lediglich auf 10.681,00 DM. Eine Aufrundung auf 10.690,00 DM nahm sie nicht vor.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte sei auf Grund betrieblicher Übung verpflichtet, die Gehaltsanpassungen jeweils auf volle 10,00 DM-Beträge nach oben hin aufzurunden, seit der Währungsumstellung auf volle 5,00 EUR. Mit dem Zahlungsantrag zu Ziff. 1 hat der Kläger die rückständige Vergütung für die Zeit vom 1. Juni 2001 bis zum 30. Juni 2002 mit 9,00 DM pro Monat geltend gemacht. Das Rechtsschutzinteresse für den Feststellungsantrag zu 2 beruhe darauf, dass sein Bruttogehalt Berechnungsgrundlage der zu erwartenden Betriebsrente sei, denn diese richte sich nach seinem letzten Monatsgehalt. Im Laufe der Jahre würden die Differenzen immer größer. Die Beibehaltung der Gehaltsanpassung mit Aufrundung mache bis zu seinem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben ca. 10.505,00 EUR aus.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 64,42 EUR brutto zu zahlen;
festzustellen, dass sein monatliches Bruttogehalt bei der Beklagten
- vom 1. Juni 2001 bis 31. Dezember 2001 10.690,00 DM,
- von 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2002 5.465,71 EUR betragen hat,
- und ab 1. Juli 2002 5.660,00 EUR beträgt.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, die Aufrundung habe lediglich einen Abrechnungsmodus dargestellt. Dies sei für den betroffenen Personenkreis ersichtlich gewesen. Selbst wenn es sich um eine betriebliche Übung bei der A. AG gehandelt hätte, sei diese anlässlich des Betriebsübergangs von ihrer eigenen etwaigen betrieblichen Übung abgelöst worden, wonach die Anpassungen nur mathematisch aufgerundet würden. Spätestens mit der Umstellung der Währung hätte die betriebliche Übung – so sie denn bestünde – vollkommen ihren Sinn verloren.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 1. April 2003 die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen Antrag weiter.
Er trägt vor, eine betriebliche Übung liege immer dann vor, wenn mit regelmäßiger Wiederholung und gleichmäßig zusätzliche Leistungen ohne vertragliche Verpflichtung innerhalb eines Arbeitsverhältnisses gewährt würden, die darauf schließen ließen, dass sie auf Dauer gewährt werden sollen. Die jeweilige Aufrundung der Gehaltserhöhung auf volle 10,00 DM-Beträge werde seit mindestens 20 Jahren bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten praktiziert, ohne dass je ein Vorbehalt gemacht worden sei. Er habe diese Praxis nur so verstehen können, dass der Arbeitgeber diese Praxis auch in Zukunft beibehalten wolle.
Nach der Währungsumstellung gehe der Kläger zu Gunsten der Beklagten davon aus, dass in Zukunft nicht eine Erhöhung auf volle 10,00 DM-Beträge erfolge, sondern auf 5,00 EUR-Beträge.
Soweit sich die ...