rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückkehrrecht. Regelungslücke. Gestaltungsrecht. Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses. Analoge Anwendung einer gesetzlichen Regelung
Leitsatz (redaktionell)
§ 18 Abs 2 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „pflegen & wohnen” regelt kein Gestaltungsrecht des Arbeitnehmers, vielmehr ist die Vorschrift so auszulegen, dass der vormalige Dienstherr unter den in der Vorschrift bestimmten Voraussetzungen verpflichtet sein soll, mit seinen vormaligen Bediensteten ein neues Arbeitsverhältnis zu begründen.
Normenkette
Gesetz zur Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „pflegen & wohnen” § 18 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 23.01.2008; Aktenzeichen 26 Ca 295/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. Januar 2008 – 26 Ca 295/07 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin ein gesetzliches Rückkehrrecht zur Beklagten zusteht.
Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin und war in dieser Funktion ursprünglich bei der Beklagten in deren LPW. beschäftigt. 1997 wurde dieser Landesbetrieb zur Anstalt öffentlichen Rechts „PW.” verselbstständigt. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin ging aufgrund dessen nach § 18 Abs. 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt öffentlichen Rechts „PW.” (p & w) vom 11. Juni 1997 (Anstaltserrichtungsgesetz, im Folgenden AnstErrG) unter Ausschluss eines Widerspruchsrechts auf diese Anstalt über. § 18 Abs. 2 AnstErrG bestimmte:
„Die Freie und Hansestadt Hamburg ist verpflichtet, für den Fall der Überführung von PW. in eine andere Trägerschaft dafür Sorge zu tragen, dass die Beschäftigten, die zum Stichtag des Übergangs auf PW. bei dem LPW. und dem Landesbetrieb Landwirtschaft des HE.Heimes beschäftigt waren, von dem neuen Träger unter Wahrung ihres Besitzstandes übernommen werden. Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung des gesamten Unternehmens in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei PW. erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen. Im Falle der Überführung einzelner Pflegezentren, Behinderteneinrichtungen, Wohnunterkünfte oder anderer Einrichtungen von PW. oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung von PW. ist PW. verpflichtet, den Beschäftigten, die bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes als Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer, Beamtinnen oder Beamte beim LPW. oder beim Landesbetrieb Landwirtschaft des HE.Heimes beschäftigt gewesen sind, unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- oder Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.”
Im Jahre 2005 wurde der gesamte Bereich „Pflege” der Anstalt in die Trägerschaft der zu diesem Zweck gegründeten „PW. Betriebs-GmbH” überführt, auf die die Arbeitsverhältnisse der im Bereich „Pflege” tätigen Mitarbeiter der Anstalt übergingen, so auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin. Mit Wirkung ab 1. Januar 2007 übernahm die V. Hamburg GmbH, ein privater Anbieter für Pflegeleistungen, die Geschäftsanteile der PW. Betriebs-GmbH.
Durch Gesetz vom 21. November 2006 wurde das AnstErrG mit Wirkung vom 31. Dezember 2006 geändert, und zwar § 18 Abs. 2 dahingehend, dass die Textstelle „PW.” jeweils durch
die Textstelle „f & w FW. AöR” ersetzt wurde, in Abs. 2 Satz 2 am Ende der Klammerzusatz „(großes Rückkehrrecht)” und in Abs. 2 Satz 3 am Ende der Klammerzusatz (kleines Rückkehrrecht) eingefügt wurde. Außerdem wurde in Abs. 2 Satz 3 die Textstelle „Pflegezentren”, gestrichen. Nach der Übergangsvorschrift in Art. 2 des Änderungsgesetzes ist § 18 Abs. 2 Satz 3 AnstErrG in der am 31. Dezember 2006 geltenden Fassung auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der in Trägerschaft der Anstalt bis zum 1. Januar 2007 betriebenen Pflegezentren entsprechend anzuwenden.
Die Klägerin erklärte gegenüber der Beklagten, sie mache von ihrem Rückkehrrecht zur Beklagten Gebrauch. Mit Schreiben vom 12. September 2007 vertrat diese die Auffassung, die Klägerin habe kein Rückkehrrecht zu ihr, sondern lediglich ein Rückkehrrecht zur Anstalt.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der vorliegende Sachverhalt der Privatisierung des gesamten Pflegebereichs der Anstalt werde vom AnstErrG nicht erfasst, da weder eine Überführung des gesamten Unternehmens in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Beklagten vorliege noch eine Überführung einzelner Pflegezentren. Es bestehe eine planwidrige Regelungslücke, die durch eine Analogie im Sinne der Gewährung des großen Rückkehrrechts, also des Rückkehrrechts zur Beklagten, geschlossen werden müss...