Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtveräußerung. Rückkehrrecht. Einrichtung
Leitsatz (amtlich)
1. Das in § 18 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „pflegen & wohnen” begründete (große) Rückkehrrecht beinhaltet einen Anspruch auf Abschluss eines Arbeitsvertrages, kein Gestaltungsrecht, durch welches der Berechtigte in der Lage wäre durch einseitige Erklärung ein Arbeitsverhältnis zu begründen.
2. Eine analoge Anwendung von 18 II 2 AnstErrG auf Mitarbeiter, die im Zuge der Privatisierung des gesamten Pflegebereichs auf einen privaten Rechtsträger übergegangen sind, ist ausgeschlossen, nachdem eine (eventuelle) Regelungslücke durch Artikel 2 des zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „pflegen & wohnen” geschlossen worden ist. Gesetzlicher Rückkehranspruch zu einem öffentlichen Arbeitgeber
Normenkette
AnstErrG § 18
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 05.12.2007; Aktenzeichen 28 Ca 209/07) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 5.12.2007 (28 Ca 209/07) und der Hilfsantrag der Klägerin werden zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um ein Rückkehrrecht der Klägerin in die Dienste der Beklagten.
Die Klägerin ist examinierte Altenpflegerin. Am 01.08.1981 trat sie in die Dienste der Beklagten (FHH). Im Juli 1997 ging ihr Arbeitsverhältnis auf die Anstalt öffentlichen Rechts „pflegen und wohnen” (i. F.: AöR) über. Grundlage dafür war § 18 I 1 des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt des öffentlichen Rechts „pflegen und wohnen” vom 11.06.1997 (HmbGVBl 1997, 187 ff, i. F. AnstErrG, Anl. B 2, Bl. 21 ff. d. A.). § 18 II S. 2 und 3 AnstErrG lauten wie folgt:
„Die Freie und Hansestadt Hamburg ist außerdem verpflichtet, im Falle einer Überführung des gesamten Unternehmens in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung der Freien und Hansestadt Hamburg diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf deren Wunsch unter Wahrung der bei pflegen & wohnen erreichten Lohn- und Vergütungsgruppe und Beschäftigungszeit wieder in den Diensten der Freien und Hansestadt Hamburg zu beschäftigen.
Im Falle der Überführung einzelner Pflegezentren, Behinderteneinrichtungen, Wohnunterkünfte oder anderer Einrichtungen von pflegen & wohnen oder Teilen von ihnen in eine andere Trägerschaft ohne Mehrheitsbeteiligung von pflegen & wohnen ist pflegen & wohnen verpflichtet, den Beschäftigten … unter Wahrung der bei der Anstalt erreichten Lohn- oder Vergütungsgruppe sowie Beschäftigungszeit den Verbleib in der Anstalt zu ermöglichen.”
Im Jahr 2005 wurde die Entscheidung getroffen, den Bereich Pflege letztlich in eine private Trägerschaft zu überführen. Dafür wurden sämtliche Pflegeeinrichtungen zunächst auf die zu diesem Zweck gegründete P. GmbH übertragen, deren Geschäftsanteile zum damaligen Zeitpunkt die AöR hielt. Die dem Geschäftsbereich Pflege zuzurechnenden Arbeitsverhältnisse, zu denen auch das Arbeitsverhältnis der Klägerin gehörte, wurden durch den Personalüberleitungsvertrag vom 31.08.2005 (Anl. B 1, Bl. 13 ff d. A.) von der AöR auf die GmbH übergeleitet. Nach § 3 des Überleitungsvertrages sollten die nach § 18 II AnstErrG bestehenden Rechte für einen Zeitraum von 6 Monaten nach Übertragung der Mehrheit der Geschäftsanteile an den neuen Gesellschafter ihre Geltung behalten. Die AöR betreibt seit diesem Zeitpunkt in eigener Verantwortung keine Pflegeeinrichtungen mehr. Am 15.08.2006 verkaufte die AöR die Geschäftsanteile der B. GmbH an die V. GmbH. Am 16.11.2006 stimmte die Bürgerschaft der FHH dem Verkauf zu.
Am 31.12.2006 trat das zweite Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung der Anstalt öffentlichen Rechts „pflegen & wohnen” in Kraft (HmbGVBl 2006, 560). Die AöR „pflegen und wohnen” wurde in „f & w fördern und wohnen AöR” umbenannt. § 18 AnstErrG wurde redaktionell der Umbenennung angepasst. Außerdem wurde am Ende von Absatz 2 Satz 2 die Klammerdefinition (großes Rückkehrrecht) und am Ende von Absatz 2 Satz 3 die Klammerdefinition (kleines Rückkehrrecht) hinzugefügt. Ein neuer Absatz 2 a lautet wie folgt:
„Im Falle eines in Absatz 2 Satz 2 oder 3 genannten Trägerwechsels hat der Vorstand oder die sonstige Geschäftsführung des neuen Trägers alle über ein großes oder kleines Rückkehrrecht verfügenden Beschäftigten über den Trägerwechsel und ihr Rückkehrrecht schriftlich zu unterrichten. Die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können innerhalb von sechs Monaten nach Eingang der Mitteilung dem Vorstand oder der Geschäftsführung schriftlich mitteilen, dass sie von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch machen. Die Überführung der Arbeitsverhältnisse in den Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg im Falle des großen Rückkehrrechts oder in den Dienst der Anstalt im Falle des kleinen Rückkehrrechts soll dann binnen eines weiteren Jahres erfolge...