Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergütung teilzeitbeschäftigter Lehrer für die Zeit einer Klassenreise. Lehrer, Teilzeit, Klassenreise, Vergütung
Leitsatz (amtlich)
Teilzeitbeschäftigte Lehrer ins Angestelltenverhältnis im Hamburger Schuldienst haben gemäß Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG für die Zeit der verantwortlichen Durchführung und Teilnahme an einer Klassenreise Anspruch auf die Vergütung einer vollzeitbeschäftigten Lehrkraft der entsprechenden Vergütungsgruppen. Eine etwa aus SR 2 II Nr. 3 BAT i.V.m. Nr. 2.1 der Hamburgischen Richtlinien über Mehrarbeit von Lehrern im Schuldienst herzuleitende abweichende Regelung wäre gemäß Art. 1 § 2 Abs. 1 BeschFG unwirksam.
Normenkette
BeschFG Art. 1 § 2 Abs. 1; BAT SR 2 II Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 20.04.1994; Aktenzeichen 16 Ca 504/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 20. April 1994 – 16 Ca 504/93 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des Vergütungsanspruchs der Klägerin für die Zeit einer einwöchigen Klassenreise.
Die Klägerin ist seit dem 15. Mai 1975 bei der Beklagten als Lehrerin tätig. Seit dem 1. Februar 1989 ist sie mit 20/26 Stunden der regelmäßigen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten Lehrerin beschäftigt (vgl. Arbeitsvertrag Anlage 1, Bl. 10, 11 d.A.). Ihre Unterrichtsverpflichtung beträgt demgemäß 20 Stunden in der Woche, während eine vergleichbare vollzeitbeschäftigte Lehrkraft 26 Stunden in der Woche unterrichtet. Die Klägerin ist in die Vergütung BAT II a eingruppiert. Das Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem BAT.
In der Zeit vom 6. bis 10. September 1993 hat die Klägerin als verantwortliche Klassenlehrerin eine Klassenreise nach Nahrendorf/Breese, Kreis Lüchow-Dannenberg, durchgeführt. Deswegen hat sie außergerichtlich von der Beklagten Freizeitausgleich im Umfang von sechs Unterrichtseinheiten begehrt (vgl. Anlage 4, Bl. 14 d.A.). Mit Schreiben vom 27. September 1993 (vgl. Anlage 5, Bl. 15, 16 d.A.) hat die Beklagte dieses abgelehnt, da mangels einer Anordnung von Mehrarbeit durch das zuständige Amt für Schule die Voraussetzung für Mehrarbeitsvergütung nicht erfüllt sei, insbesondere sei keine Mehrarbeit durch Unterrichtstätigkeit gegeben.
Mit ihrer am 28. Oktober 1993 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihren Anspruch weiter.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Freizeitausgleich im Umfang von 6 Unterrichtsstunden zu gewähren,
hilfsweise,
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin für die Zeit vom 6. September bis 10. September 1993 als vollzeitbeschäftigte Angestellte in der Tätigkeit einer Lehrerin der Vergütungsgruppe BAT II a zu vergüten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, daß der Klägerin ein Anspruch auf „Freizeitausgleich” nicht zustehen könne, da die Klägerin keine angeordnete Mehrarbeit geleistet habe. Die Beklagte habe von der Klägerin auch nicht die Durchführung der Klassenreise verlangt. Eine Mehrarbeitsvergütung käme ebenfalls nicht in Betracht, da diese nur bei der Erteilung zusätzlichen Unterrichts möglich sei.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 20. April 1994 – 16 Ca 504/93 – der Klage stattgegeben, soweit die Klägerin eine Vergütung als vollzeitbeschäftigte Lehrerin BAT II a für die Zeit vom 6. bis 10. September 1993 verfangt und im übrigen die Klage abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Freizeitausgleich im Umfang von sechs Unterrichtseinheiten komme nicht in Betracht, da Mehrarbeit im tarifrechtlichen Sinne unstreitig nur bei der Erteilung von Unterricht über die vereinbarte Unterrichtsstundenzahl gemäß § 34 Abs. 1 Unterabsatz 2 BAT vorläge. Die Durchführung einer Klassenreise sei keine Unterrichtstätigkeit in diesem Sinne.
Demgegenüber lägen die Voraussetzungen des Art. 1 § 2 Abs. 1 Beschäftigungsförderungsgesetz (BeschFG) wegen einer rechtswidrigen unterschiedlichen Behandlung vor, da die Klägerin gegenüber vollzeitbeschäftigten Lehrern benachteiligt werde. Eine Vollzeitkraft erhalte für die Klassenfahrt ihre volle Vergütung, während der Klägerin bei gleichem Arbeitseinsatz lediglich ihre Teilzeitvergütung gezahlt werde. Ihr stehe daher der volle Anspruch zu. Es sei kein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung, daß die Klägerin zum Teil ihre Arbeitszeit selbst bestimmen könne. Es könnten dann zwar Zeiten höherer Belastung im Laufe eines Schuljahres durch Zeiten minderer Belastung ausgeglichen werden. Ein Ausgleich des vollen Einsatzes während einer Klassenreise sei dadurch aber nicht möglich. Unerheblich sei auch, daß die Beklagte sowohl bei teilzeit- als auch bei vollzeitbeschäftigten Lehrern freiwillig geleistete Mehrarbeit nicht vergüte, da die Klägerin nicht für Mehrarbeit im technischen Sinne Vergütung verlange.
Gegen dieses ihr am 7. Juli 1994 zugestellte Urteil hat die Bekla...