Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Überprüfung einer Versetzungsentscheidung im Rahmen eines Sozialplans wegen Schließung des Standorts
Leitsatz (amtlich)
1. Gewährt der Arbeitgeber bei der Schließung eines Standorts im Rahmen eines Sozialplans u.a. die Möglichkeit, den Versetzungszeitpunkt hinauszuschieben, wird dadurch die Erforderlichkeit der Maßnahme nicht in Frage gestellt.
2. Die Arbeitsgerichte haben eine Entscheidung des Arbeitgebers im Rahmen von § 106 GewO nur daraufhin zu überprüfen, ob sie im Ergebnis billigem Ermessen entspricht. Es ist nicht zu prüfen, ob der Arbeitgeber methodisch korrekt vorgegangen ist.
Normenkette
GewO § 106; KSchG § 2
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 11.02.2015; Aktenzeichen 3 Ca 206/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 11.02.2015 (3 Ca 206/14) teilweise abgeändert:
Es wird festgestellt, dass die Änderungskündigung der Beklagten vom 26.06.2014 unwirksam ist.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Wirksamkeit einer Versetzung sowie um eine Änderungskündigung.
Die am ...1979 geborene, ledige und in Hamburg wohnende Klägerin ist seit dem 22.02.2001 bei der Beklagten, einem Luftfahrtunternehmen mit regelmäßig mehr als 10 Mitarbeitern i.S.v. § 23 I 4 KSchG beschäftigt. Im Jahr 2013 erzielte sie als in Vollzeit tätige Flugbegleiterin einen Bruttolohn von insgesamt € 40.798,03. Ziffer 1 des Arbeitsvertrags der Parteien vom 24.01.2001 lautet auszugsweise:
"(1) Frau K. wird ab dem 22.02.2001 als Flugbegleiterin im Bereich Kabinenbesatzungen Kontinent in Hamburg beschäftigt.
...
(2) L. kann Frau K. an einem andere Ort sowie vorübergehend bei einem anderen Unternehmen einsetzen."
Ziffer 2 des Arbeitsvertrags nimmt u.a. auf die für die Beklagte geltenden Tarifverträge Bezug.
Im Herbst 2012 beschloss die Beklagte, mit Wirkung zum Flugplanwechsel 2014 in eigener Regie vorwiegend Mittel- und Langstreckenflüge von den Standorten F. und M. durchzuführen. Flüge von anderen Standorten - so auch Hamburg - sollten auf Tochtergesellschaften übertragen werden. Im Falle Hamburg ist das G. Ausgenommen von der Veränderung sind Flüge zwischen den Drehkreuzen F. und M. und den dezentralen Standorten, die auch künftig von der Beklagten direkt bedient werden. Entsprechend ihrem Konzept beschloss die Beklagte, an den dezentralen Standorten kein fliegendes Personal mehr zu stationieren.
Tatsächlich wird der bisher vom Flughafen Hamburg aus betriebene Linienflugverkehr seit dem 01.06.2014 weitgehend durch die G. GmbH durchgeführt. Die Beklagte betreibt nur noch die Zubringerlinien zu den Flughäfen F. und M., an denen die internationalen Liniendienste der Beklagten beginnen und enden.
In diesem Zusammenhang wurden aufgrund der Schlichtungsschlussempfehlung (Anl. B 3, Anlagenband) für die Flugbegleiter an den dezentralen Standorten durch Änderungs- und Ergänzungstarifvertrag vom 12.04.2013 (Anl. B 4, Anlagenband) sowie mit Interessenausgleich und Sozialplan vom 08.05.2013 (Anl. B 5, Anlagenband) folgende Wahlmöglichkeiten für die Flugbegleiter der dezentralen Stationierungsstandorte vereinbart:
- Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung,
- der direkte Einsatz aus F. oder M. - verbunden mit Auslagenpauschalen und befristeten Ersatzleistungen,
- Arbeitnehmerüberlassung an G.
- der sofortige Arbeitgeberwechsel zur G. GmbH unter Wahrung des bei der Beklagten erworbenen Besitzstandes
- der mit einer Versetzung nach M. oder F. einhergehende, auf zwei Jahre befristete virtuelle Verbleib am bisherigen Stationierungsort, verbunden mit reduzierten Auslagenpauschalen.
Wegen der Einzelheiten der Optionen wird auf § 8 des Sozialplans Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 15. und 21.05.2013 (Anl. K 4, Bl. 14 - 21 d. A.) informierte die Beklagte die Klägerin im Rahmen einer Mitarbeiterbefragung über ihre Dezentralisierungsentscheidung und forderte sie auf, eine der angebotenen Optionen zu wählen. Mit Schreiben vom 27.06.2013 (Anl. B7, Anlagenband) entschied sich die Klägerin für den Wechsel nach F. mit 5jähriger Reisereglung S7. Mit Schreiben vom 08.08.2013 (Anl. B8, Anlagenband) bestätigte die Beklagte die gewählte Option und bat die Klägerin, ein von ihr unterschriebenes Exemplar des Schreibens an sie zurückzusenden. Dies erfolgte unter dem gleichen Datum.
Mit Schreiben vom 12.12.2013, dem eine Liste der betroffenen Mitarbeiter/-innen beigefügt war, unterrichtete die Beklagte ihre Personalvertretung von der beabsichtigten Versetzung der Klägerin. Die Personalvertretung stimmte am 16.12.2013 zu (Anl. B 9a und b, Anlagenband).
Mit Schreiben vom 17.12.2013 (Anl. 9a, Anlagenband) teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Einsatzort sei - entsprechend der von ihr gewählten Option gemäß § 8 b des Sozialplans - ab dem 01.05.2014 F. Sie erhalte die Auslagenpauschale; der geschloss...