Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksamkeit arbeitsvertraglicher Ausschlussfrist bei fehlender ausdrücklicher Ausnahme des Mindestlohnanspruchs
Leitsatz (amtlich)
Ausschlussfristen in Arbeitsverträgen, die nach dem Inkrafttreten des MiLoG am 16. August 2014 abgeschlossen bzw. geändert wurden, verstoßen gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB, wenn sie nicht den Anspruch auf den Mindestlohn ausdrücklich ausnehmen, weil solche Ausschlussklauseln die Rechtslage nach Inkrafttreten des MiLoG nicht mehr zutreffend abbilden.
Normenkette
BGB § 307 Abs. 1 S. 2; MiLoG § 3 S. 1; ZPO § 529 Abs. 1; BUrlG § 7 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 05.05.2017; Aktenzeichen 10 Ca 39/17) |
Tenor
Das Versäumnisurteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 14. November 2017 - 4 Sa 69/17 - wird aufrechterhalten.
Der Beklagte hat die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von Urlaubsabgeltung nach beendetem Arbeitsverhältnis in Anspruch.
Der Kläger war in der Zeit vom 05. April 2016 bis 31. August 2016 für den Beklagten als Hausmeister zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 2.000,00 tätig. Der Arbeitsvertrag vom 04. März 2016 sieht unter Ziffer VI. eine Regelung zum Urlaub vor. Danach stehen dem Kläger neben dem gesetzlichen Mindesturlaub zehn zusätzliche Arbeitstage Erholungsurlaub zu, wobei im Fall der Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abgeltung ausschließlich des gesetzlichen Mindesturlaubs, nicht aber des vertraglichen Zusatzurlaubs erfolgt (Ziffer VI Nr. 6). Ferner regelt der Arbeitsvertrag unter Ziffer XI. Ausschlussfristen. Danach sind alle beidseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten, nachdem der jeweilige Gläubiger Kenntnis erlangt hat oder hätte müssen, schriftlich geltend zu machen. Eine Ausnahme von Mindestlohnansprüchen enthält die Ausschlussfrist nicht. Ergänzend wird hinsichtlich des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages auf die Anlage K 1 (Bl. 6 bis 10 d.A.) Bezug genommen.
Der Kläger nahm während des Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub. Mit Anwaltsschreiben vom 29. Dezember 2016 ließ der Kläger den Beklagten unter Fristsetzung zum 05. Januar 2017 zur Abrechnung und Auszahlung der nicht genommenen Urlaubstage auffordern (Anlage K 5 = Bl. 14 f. d.A.). Eine Zahlung erfolgte nicht.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe den Beklagten bereits mit SMS vom 07. Oktober 2016 und 18. Oktober 2016 unter Fristsetzung bis zum 20. Oktober 2016 zur Zahlung der Urlaubsabgeltung aufgefordert.
Der Kläger hat mit Klagschrift vom 24. Januar 2017 zunächst beantragt, den Beklagten zu verurteilen, den sich aus 12,5 Urlaubstagen ergebenden Nettobetrag an den Kläger auszuzahlen. Mit Schriftsatz vom 01. März 2017 hat der Kläger den Klagantrag auf acht Urlaubstage reduziert und mit € 738,40 brutto (€ 2.000,- x 3 / 65 Arbeitstage) x 8 Urlaubstage) beziffert. Nach Klagrücknahme im Übrigen in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer am 05. Mai 2017 hat der Kläger zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger € 646,10 brutto zuzüglich fünf Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB p.a. seit dem 29. Oktober 2016 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat erwidert, der Kläger habe im Hinblick auf den geltend gemachten Anspruch die vertragliche Ausschlussfrist nicht gewahrt. Zahlungsaufforderungen per SMS genügten nicht zur Wahrung des Schriftformerfordernisses. Zudem seien die behaupteten SMS dem Beklagten nicht zugegangen. Von daher sei in Abrede zu stellen, dass der Kläger den Beklagten zur Zahlung aufgefordert habe.
Mit Verfügung vom 02. Mai 2017 hat die Kammervorsitzende die Parteien darauf hingewiesen, dass gegen die im Arbeitsvertrag enthaltene Ausschlussfrist Wirksamkeitsbedenken bestehen, weil sie Ansprüche auf Mindestlohn nicht ausnimmt.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat durch Urteil vom 05. Mai 2017 der Klage stattgegeben. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dem Kläger stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung im Umfang von sieben Urlaubstagen folge aus § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach dieser Vorschrift sei der Urlaub abzugelten, wenn er wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Diese Voraussetzungen seien gegeben. Der Kläger habe während des im Zeitraum vom 05. April bis 31. August 2016 bestehenden Arbeitsverhältnisses keinen Urlaub in natura genommen. Der Höhe nach stünden dem Kläger für volle vier Monate, in denen das Arbeitsverhältnis bestanden habe, 4/12 des gesetzlichen Mindesturlaubsanspruchs (gemäß Ziffer VI Nr. 6 bleibe der übergesetzliche Urlaubsanspruch insoweit unberücksichtigt) von 20 Urlaubstagen und damit sieben Urlaubstage zu. Ausgehend von einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von € 2.000,- ergebe sich für drei Monate eine Vergütung in Höhe von € 6.000,-. Dividiert durch 65 Arbeitstage (ausgehen...