Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindung. Ruhegeldabzüge. Auslegung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Abfindung stellt kein Arbeitsentgelt dar, weshalb hiervon auch keine Ruhegeldabzüge stattfinden.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; EStG § 3 Ziff. 9, § 19
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 27.05.2002; Aktenzeichen 28 Ca 380/01) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 27. Mai 2002 – 28 Ca 380/01 – wird, soweit sie nicht zurückgenommen worden ist, zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren nach teilweiser Rücknahme der Berufung noch über die Berechtigung der Beklagten, von der der Klägerin zu zahlenden Abfindung Ruhegeldbeiträge in Abzug zu bringen.
Die Klägerin war vom 16. Mai 1983 bis zum 31. März 2001 bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel kraft einzelvertraglicher Bezugnahme den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT).
Am 07. März 2001 schlossen die Parteien auf der Grundlage der Dienstvereinbarung über personalwirtschaftliche Maßnahmen im xxxxxxxxxxxxxxxxxxx Krankenhaus xxxxxxxxxxxxxxxxx (Anlage 2, Blatt 5 ff der Akte) einen Aufhebungsvertrag (Anlage K 1, Blatt 4 der Akte). Dieser Aufhebungsvertrag enthielt unter anderem folgende Regelung:
„2. Abfindung
Der Arbeitnehmerin wird nach Beendigung der Mitarbeit ab dem 01. April 2001 eine Abfindung in Höhe von Brutto DM 85.216,80 gezahlt. Die steuerliche Behandlung von Abfindung i. e. S. richtet sich nach den geltenden Bestimmungen des Einkommenssteuergesetzes (EStG) und wird von der zuständigen Besoldungs- und Versorgungsstelle automatisch vorgenommen.”
Die Beklagte berechnete den Nettobetrag der zu zahlenden Abfindung und brachte vom vereinbarten Bruttobetrag unter anderem DM 815,21 als „RGG-Beitrag” in Abzug (vergl. Anlage K 3, Blatt 15 der Akte). Der errechnete Nettobetrag der Abfindung in Höhe von DM 58.680,69 wurde dem Konto der Klägerin am 11. April 2001 gutgeschrieben.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin – neben sonstigen Ansprüchen – die Erstattung des einbehaltenen Betrages von DM 815,21 geltend gemacht.
Sie hat insoweit beantragt,
- …
- …
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 815,21 netto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Deutschen Bundesbank seit dem 01. April 2001 zu zahlen,
- …
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, sie habe von dem Brutto-Abfindungsbetrag zu Recht DM 815,21 in Abzug gebracht. Grundlage für die Erhebung des Ruhegeldbeitrages in dieser Höhe sei § 1 c Satz 1 des Ersten Ruhegeldgesetzes und § 2 c Satz 1 des Zweiten Ruhegeldgesetzes. Hiernach seien vom steuerpflichtigen Arbeitsentgelt 1,25 % als Ruhegeldbeitrag zu erheben. Darunter falle auch der steuerpflichtige Anteil der Abfindung.
Hinsichtlich des in erster Instanz als unstreitig zu Grunde gelegten Sachverhalts sowie des streitigen Sachvortrages und der Anträge der Parteien im ersten Rechtszug wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Blatt 64 bis 68 der Akte) sowie ergänzend auf die Schriftsätze und zu Protokoll gegebenen Erklärungen der Parteien Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht Hamburg hat mit Urteil vom 27. Mai 2002 – 28 Ca 380/01 – der Klage unter anderem wegen des von der Abfindung einbehaltenen Betrages stattgegeben. Es hat sich auf den Standpunkt gestellt, bei der Abfindung handele es sich nicht um Arbeitsentgelt im Sinne des § 1 c Ruhegeldgesetz. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe (Blatt 69 bis 73 der Akte) verwiesen.
Gegen das der Beklagten am 30. Mai 2002 zugestellte Urteil wendet sich diese mit ihrer am 20. Juni 2002 bei Gericht eingegangenen und nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30. August 2002 am 30.August 2002 begründeten Berufung.
Die Beklagte hat die Berufung zunächst auch auf einen Betrag von DM 1.372,86 = EUR 701,93 erstreckt, der vom Arbeitsgericht Hamburg zugesprochen worden war. Diesen Betrag hat die Beklagte auf die Anforderung der Klägerin vom 28. Juni 2002 (Blatt 114 der Akte) gemäß ihrem Schreiben vom 19. Juli 2002 (Blatt 111 der Akte) ausgezahlt.
In der Berufungsverhandlung vom 20. November 2002 hat die Beklagte insoweit die Berufung zurückgenommen.
Hinsichtlich des noch streitigen Anspruchs der Klägerin trägt die Beklagte vor, sie habe von der im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses von der Klägerin zu beanspruchenden Abfindungszahlung zu Recht einen Betrag in Höhe von EUR 416,81 (= DM 815,21) als Ruhegeldbeitrag in Abzug gebracht. Dabei sei sie zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem dem Steuerfreibetrag übersteigenden Teil der Abfindung um steuerpflichtiges Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 1 c Satz 1 Erstes Ruhegeldgesetz und 2 c Satz 1 Zweites Ruhegeldgesetz handelt.
Auf eine Deckungsgleichheit des Begriffs mit Vorschriften der Sozialgesetzbücher könne die Auslegung nicht gestützt werden. Der Ges...