Entscheidungsstichwort (Thema)
Anpassung des Ruhegeldes entsprechend der Steigerung der Gehaltstarife. Unbegründete Feststellungsklage eines vorzeitig ausgeschiedenen Betriebsrentners
Leitsatz (redaktionell)
Wird nach dem Einleitungssatz eines Aufhebungsvertrages das Arbeitsverhältnis unter Einhaltung der tariflichen Kündigungsfristen betriebsbedingt vorzeitig aufgelöst und ist die erste Phase nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich nicht als vorzeitiger Ruhestand benannt sondern erhält der Arbeitnehmer Arbeitslosengeld in Verbindung mit monatlichen Abfindungszahlungen, tritt der Arbeitnehmer nicht vorzeitig in den Ruhestand über sondern in die Arbeitslosigkeit.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; BetrAVG § 1b Abs. 1 S. 4; BetrVG § 75 Abs. 1, § 77; BGB § 611 Abs. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 18.11.2015; Aktenzeichen 3 Ca 247/15) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 18.11.2015 (3 Ca 247/15) wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Änderung der Rentendynamik des Klägers sowie um Zahlungsansprüche.
Der 1948 geborene Kläger stand bis zum 31. Oktober 2003 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis endete auf Veranlassung der Beklagten aufgrund eines Aufhebungsvertrages vom 11. März 2003. (Anlage B 8, Bl. 378 ff d. A.). Zum Ausgleich für die mit der Beendigung verbundenen Nachteile erhielt er eine Abfindung (vgl. Ziffer 2 des Aufhebungsvertrages). Ausweislich Ziffer 6 des Aufhebungsvertrages sollen u.a. die Bestimmungen der Betriebsvereinbarung "Soziale Richtlinien" (im Folgenden: BV 75.14) in ihrer jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Seit dem 1.11.2008 bezieht der Kläger Ruhegeld nach der bei der Beklagten bestehenden betrieblichen Altersversorgungsregelung, der Betriebsvereinbarung Soziale Richtlinien 75.14 (im Folgenden: BV 75.14).
Das Ruhegeld des Klägers wurde jährlich jeweils zum 1.7. des Jahres wie folgt angepasst:
Im Jahr 2009 um 4 % (Tariferhöhung 4 %), im Jahr 2010 um 2,6 % (Tariferhöhung 2,6 %), im Jahr 2011 um 3,16 % (Tariferhöhung 3,4 %, Laufzeit 13 Monate), im Jahr 2012 um 2,49 % (Tariferhöhung 2,7 %, Laufzeit 13 Monate) und im Jahr 2013 um 2,4 % (Tariferhöhung 2,6 %, Laufzeit 13 Monate). Die Differenzen sollen sich nach dem Vortrag des Klägers aus den verschiedenen Laufzeiten (13 Monate Tariflaufzeit - 12 Monate Ruhegeld) ergeben. Der Tarifabschluss in 2014 ergab eine Erhöhung um 1,8 % bei einer Laufzeit von 11 Monaten.
Zum 1. Juli 2014 erhöhte die Beklagte das Ruhegeld erstmals auf Grundlage der Entwicklung des Verbraucherpreisindexes für Deutschland des Monats Juni 2014 um 1,03 %. Mit Schreiben vom 21. Dezember 2014 (Anlage K 4, Bl. 13 d. A.) begehrte der Kläger eine Anpassung auf Grundlage der Entwicklung der Gehaltstarife (Steigerung um 1,8 % bei 11-monatiger Laufzeit) um 1,96 %. Dieses Begehren verfolgte er mit seiner Klage, der Beklagten zugestellt am 13. Mai 2015, weiter. Der Kläger errechnete auf Grundlage der begehrten 1,96 %, der gewährten 1,03 % und der vor der Anpassung 2014 bezogenen Betriebsrente in Höhe von 1.739,04 € eine monatliche Differenz von 16,17 €. In dieser Höhe hat er mit seinem Klagantrag zu Ziffer 1. für die Monate Juli 2014 bis April 2015 eine Nachzahlung i.H.v. 161,70 € brutto geltend gemacht, ferner eine Differenz beim Weihnachtsgeld i.H.v. 26,23 € brutto.
Grundlage des Aufhebungsvertrags war die sog. 55'er Regelung, die BV 2003.13 (Anl. BB4, Bl. 348 ff d.A.). Nach der Präambel war eine Anpassung der Personalkapazitäten notwendig, die sozial verträglich gestaltet werden sollte. Mitarbeiter, die mindestens 15 Dienstjahre vollendet und mindestens 55, aber noch nicht 58 Jahre alt waren, sollten gezielt ein Angebot zur vorzeitigen Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch Aufhebungsvertrag erhalten mit dem Ziel, betriebsbedingte Kündigungen möglichst zu vermeiden. Nach der BV 2003.13 gliederte sich der Zeitraum ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ruhestand (Bezug von Sozialversicherungsrente) in 2 Phasen: eine Übergangsphase mit Arbeitslosengeld und eine ohne ("Vorruhestand"). Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgenannte Anlage vollumfänglich Bezug genommen.
Nach Ziff. 1, 2. Abschnitt der BV 75.14 (Anl. B 8, Bl. 45 ff d.A.) gilt:
"1. Voraussetzungen
Mitarbeiter, die ununterbrochen mindestens 10 Dienstjahre bei den HW erfüllt haben, erhalten beim Ausscheiden Ruhegeld, wenn eine der nachstehenden Bedingungen erfüllt ist:
1.1 Altersgrenzen
a) Vollendung des 65. Lebensjahres..."
Gemäß dem Abschnitt 2, Ziffer 1.3 BV 75.14 kann ein Mitarbeiter bei Vorliegen besonderer betrieblicher Gründe vorzeitig in Ruhestand übertreten. Als solche Gründe sind beispielsweise genannt: Fortfall des Arbeitsplatzes ohne gleichwertige zumutbare Einsatzmöglichkeit; Lösung betriebsnotwendiger Nachwuchsfragen. Vorausset...