Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenverdienst nach unwirksamer Kündigung. Höhe des Annahmeverzugsanspruchs nach unwirksamer Kündigung durch die Betriebsveräußerin und Ablehnung eines verschlechternden Arbeitsvertrags mit der Betriebserwerberin
Leitsatz (amtlich)
Es liegt kein böswilliges Unterlassen von Zwischenverdienst i.S. von § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG vor, wenn ein Arbeitnehmer, der eine Kündigung nach § 613a Abs. 4 BGB für unwirksam hält, ein Angebot des potentiellen Betriebsübernehmers auf Abschluss eines auf Dauer angelegten Arbeitsvertrags zu schlechteren Bedingungen für die Zeit nach Ablauf der Kündigungsfrist ablehnt. Es ist einem Arbeitnehmer nicht zumutbar, einen Arbeitsvertrag abzuschließen, der nach seiner Rechtsauffassung wegen Umgehung der Rechtsfolgen des § 613a Abs. 1 BGB unwirksam ist.
Normenkette
BGB §§ 611, 613a Abs. 4, § 615 S. 1; KSchG § 11 S. 1 Nr. 2, § 23 Abs. 1; ZPO § 533
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 07.04.2015; Aktenzeichen 14 Ca 323/14) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. April 2015 - Az. 14 Ca 323/14 - unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an den Kläger für den Zeitraum 1. Mai 2014 bis 9. Oktober 2014 € 35.560,00 brutto abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 12.694,56 € zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des erstinstanzlichen Rechtsstreits hat der Kläger zu 64 % und die Beklagte zu 36 % zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind zu 76 % dem Kläger und zu 24 % der Beklagten aufzuerlegen.
Die Revision wird nur für die Beklagte, nicht jedoch für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger greift eine ordentliche Kündigung der Beklagten zu 1) an und nimmt die Beklagte zu 1) auf Zahlung von Annahmeverzugslohn in Anspruch. Daneben macht der Kläger einen Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) geltend und verlangt, von der Beklagten zu 2) weiterbeschäftigt zu werden.
Der zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs 62 Jahre alte, verheiratete und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war seit dem 01. Juni 2003 bei der Beklagten zu 1), zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 14. März 2006, als Sachbearbeiter im Bereich Chartering/Operating beschäftigt. Der Kläger erzielte bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38 Stunden ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 6.000,00 Euro. Daneben zahlte die Beklagte zu 1) dem Kläger für den Verzicht auf einen Dienstwagen bis zum 30. April 2014 eine Kfz-Pauschale in Höhe von in Höhe von 376,00 € brutto monatlich. Im November 2013 gewährte die Beklagte zu 1) dem Kläger ein Weihnachtsgeld in Höhe von 1.500,00 € brutto.
Bei der Beklagten zu 1) existiert kein Betriebsrat.
Mit Wirkung ab dem 01. November 2012 beauftragte die Beklagte zu 1) die Beklagte zu 2) als externen Dienstleister mit der Wahrnehmung der ursprünglich der Beklagten zu 1) obliegenden Chartering-Aufgaben. Zum 1. April 2014 übernahm die Beklagte zu 2) auch das Operating von der Beklagten zu 1). Ab diesem Zeitpunkt ist das operative Geschäft der Beklagten zu 1) im Bereich Chartering/Operations vollständig entfallen.
Bereits mit Schreiben vom 11. Dezember 2013 hatte die Beklagte zu 1) dem Kläger unter Berücksichtigung einer Kündigungsfrist von vier Monaten zum 30. April 2014 gekündigt. Am Tag der Kündigung, also am 11. Dezember 2013, bot die Beklagte zu 2) dem Kläger den Abschluss eines Anstellungsvertrages an und legte einen arbeitgeberseitig unterzeichneten Vertrag vor. Dieser Vertrag sah einen Arbeitsbeginn zum 1. Mai 2014 vor. Das monatliche Gehalt sollte 5.500,00 € brutto betragen. Daneben sagte die Beklagte zu 2) die Zahlung eines 13. Monatsgehalts sowie eines Urlaubsgeldes in Höhe von 650,10 € brutto pro Jahr zu. Es sollte eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden gelten. Die Zahl der Urlaubstage sollte 30 betragen und damit um zwei Urlaubstage unter der Regelung im Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) liegen. Weiterhin sah das Vertragsangebot die Zurverfügungstellung einer Monatskarte im Jahresabonnement des Hamburger Verkehrsverbundes vor. Für die Einzelheiten wird auf die Anlage B1, Bl. 29 ff. d. A., verwiesen.
Am 30. Dezember 2013 und am 14. Januar 2014 führte der Kläger mit den Geschäftsführern der Beklagten zu 2) Herrn H. und Herrn F. Gespräche über das Vertragsangebot vom 11. Dezember 2013. Der Kläger forderte insbesondere die Übernahme seiner bei der Beklagten zu 1) seit dem 1. Juni 2003 bestehenden Betriebszugehörigkeit, einen Firmenwagen zur privaten Nutzung, eine konkrete Tätigkeitsbeschreibung als "Operator" und die gleiche Bezahlung. Bei den Gesprächen war die Nicht-Anerkennung der Betriebszugehörigkeit ein zentraler Konfliktpunkt. Der Kläger und die Beklagte zu 2) erzielten keine Einigkeit.
Gegen die Kündigung vom 11. Dezember 2013 erhob der Kläger am 18. D...