Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachwirkung eines. im allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrags nach Abschluss eines neuen nicht. im allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrags bei nicht tarifgebundenen Parteien
Normenkette
TVG § 4 Abs. 5
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 13.01.1998; Aktenzeichen 12 Ca 255/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Januar 1998 – 12 Ca 255/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die nicht tarifgebundenen Parteien streiten im Rahmen der Zahlung tariflichen Urlaubsgeldes sowie tariflicher Sonderzuwendung für die Jahre 1997 und 1998 über die Nachwirkung eines für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages. Insbesondere ist streitig, ob die Nachwirkung fortbesteht nach Abschluss eines neuen nicht für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrages.
Die Beklagte betreibt einen Einzelhandel mit Ledermoden mit insgesamt 6 Geschäften in Hamburg, Wedel und auf Sylt. Die Klägerin ist seit dem 01. Januar 1986 als Verkäuferin für die Beklagte in Hamburg tätig. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht.
Die Parteien sind beide nicht tarifgebunden. Der Manteltarifvertrag für den Hamburger Einzelhandel vom 18. Juni 1993 (zukünftig MTV alt) war im Februar 1994 für allgemein verbindlich erklärt worden und fand deshalb auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung. Nach § 11 MTV alt steht den Beschäftigten ein Anspruch auf Urlaubsgeld zu, nach § 12 MTV alt eine tarifliche Sonderzuwendung.
Der MTV alt war fristgerecht zum 31. Dezember 1996 gekündigt worden. Am 08. August 1997 schlossen die Tarifvertragsparteien einen neuen Manteltarifvertrag (zukünftig MTV neu), der mit dem 01. Januar 1998 in Kraft trat. Dieser neue Manteltarifvertrag ist bislang nicht für allgemein verbindlich erklärt worden und findet auch nicht kraft Arbeitsvertrages bzw. -gesetzes auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis Anwendung. In Ziffer 2 des § 22 „Schlussbestimmungen” des MTV neu ist geregelt:
„Der Manteltarifvertrag vom 18. Juni 1993 sowie der Tarifvertrag … treten zum 31. Dezember 1997 ausser Kraft.”
Die Klägerin begehrt mit der Klage Zahlung des der Höhe nach unstreitigen tariflichen Urlaubsgeldes und der tariflichen Sonderzuwendungen nebst 4 % Fälligkeitszinsen für die Jahre 1997 und 1998.
Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27. November 1991 (EzA § 4 TVG Nachwirkung Nr. 15) vorgetragen, dass sie die tariflichen Sonderzahlungen auf Grund der gesetzlichen Nachwirkung des MTV alt beanspruchen könne.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin DM 4.322,80 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich ergebenden Nettobetrag aus DM 2.545,20 ab 01. Dezember 1997 und aus DM 1.777,60 ab dem 01. April 1998 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere DM 1.777,60 brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag seit 13. Oktober 1998 sowie am 30. November 1998 weitere DM 2.545,20 brutto zuzüglich 4 % Zinsen auf den sich daraus ergebenden Nettobetrag ab 01. Dezember 1998 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, dass sich bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Norm des § 5 Abs. 5 Satz 3 TVG ergebe, dass eine Nachwirkung für allgemein verbindlich erklärte Tarifverträge nicht in Betracht komme. Gleiches folge auch aus Sinn und Zweck der Nachwirkung.
Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird in Anwendung des § 543 Abs. 1 und 2 ZPO in Verbindung mit § 64 Abs. 6 Arbeitsgerichtsgesetz abgesehen. Insoweit wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Hamburg vom 13. Januar 1998 – 12 Ca 255/98 – (Seiten 3 – 4, Blatt 45 f der Akte) Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat mit dem vorgenannten Urteil der Klage vollen Umfanges stattgegeben. Es hat zur Begründung ausgeführt, ab dem 01. Januar 1997 wirke der für allgemein verbindlich erklärte MTV alt nach § 4 Abs. 5 TVG nach. Eine Beendigung dieser Nachwirkung sei weder durch die Vereinbarung der Tarifvertragsparteien, dass der MTV alt zum 31. Dezember 1997 ausser Kraft trete, noch durch Abschluss des neuen Tarifvertrages (MTV neu) eingetreten. Sinn und Zweck des § 4 Abs. 5 TVG sei die Verhinderung des Zustandes eines inhaltslosen Arbeitsverhältnisses, so dass erforderlich sei, dass eine die Nachwirkung beendende Vereinbarung auch für die einzelnen betroffenen Arbeitsverhältnisse zur Anwendung komme. Daran fehle es vorliegend, da der MTV neu nicht für allgemein verbindlich erklärt wurde. Für die weitere Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Seiten 4 – 6, Blatt 46 ff der Akte) verwiesen (§ 543 Abs. 1 und 2 ZPO).
Die Beklagte hat gegen das ihr am 04. März 1999 zugestellte Urteil am 01. April 1999 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung der Begründungsfrist am 28. Mai 1999 begründet.
Die Beklagte meint...