Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Gewässerwartes der Freien und Hansestadt Hamburg. Unbegründete Eingruppierungsfeststellungsklage bei unzureichenden Darlegungen zu dem Eingruppierungsmerkmal “vielseitige" Fachkenntnisse
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Aufgaben der Gewässerwarte liegen trotz ihrer Spezialität den allgemeinen Verwaltungsaufgaben der betreffenden Behörde keineswegs so fern, als dass allein deswegen eine Tariflücke angenommen werden muss.
2. Zu den behördlichen Aufgaben des Bauamtes im Zusammenhang mit dem Wasserbaurevier gehört auch die Deichunterhaltung und Gewässerpflege und damit auch die Überprüfung der Gewässersicherheit. Damit besteht trotz des speziellen Aufgabenzuschnitts ein enger Bezug der rechtserheblichen Aufgaben der Gewässerwarte zu denen des Bauamtes.
3. Für die Erfüllung des Merkmals “Vielseitigkeit„ brauchen sich die Fachkenntnisse nur auf den Teilbereich zu beziehen, in dem der Angestellte arbeitet. Dieser Teilbereich muss aber so beschaffen sein, dass er nur mit gründlichen und vielseitigen Fachkenntnissen bearbeitet werden kann, wozu ein eng abgegrenzter Bereich mit routinemäßigen Arbeiten nicht genügt.
4. Stellt der Aufgabenkreis im Verhältnis zum Gesamtgebiet der Verwaltung nur einen eng begrenzten geringen Ausschnitt dar, werden vielseitige Fachkenntnisse nicht benötigt.
5. Auch wenn ein Gewässerwart Vorschriften der Gewässerkunde beherrschen oder kennen muss, kann dies allenfalls als gründlich und nicht als vielseitig anerkannt werden; auch handwerkliche und technische Kenntnisse stellen keine vielseitigen Fachkenntnisse dar.
Normenkette
BAT § 22 Abs. 2; TVÜ-L § 17 Abs. 1 S. 1; ZPO § 256 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 22.06.2010; Aktenzeichen 1 Ca 436/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 22. Juni 2010 - 1 Ca 436/09 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Eingruppierung des Klägers.
Der Kläger ist seit dem 15. Januar 1994 bei der beklagten FHH beschäftigt. Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages vom 15. Dezember 1993 bestimmte sich das Arbeitsverhältnis nach dem Mantel-Tarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) vom 27. Februar 1964 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Der Kläger war zunächst in der Wasserbauwerkstatt des B. eingesetzt und dort zuletzt in die Lohngruppe 6 a eingereiht.
Mit Umsetzungsverfügung vom 23. November 2006 (Anlage K 1, Bl. 9 d. A.) wurde der Kläger ab dem 1. Dezember 2006 als Gewässerwart auf Dauer innerhalb der Garten- und Tiefbauabteilung des B. umgesetzt. In der Umsetzungsverfügung vom 23. November 2006 teilte die Beklagte dem Kläger mit, die neue Tätigkeit entspreche "den Merkmalen der Entgeltgruppe 6 (vormals Vergütungsgruppe VI b)". Seit der Umsetzung wird der Kläger entsprechend der Entgeltgruppe 6 TV-L (vormals Vergütungsgruppe VI b der Anlage 1 a zum BAT) vergütet. Auf das Arbeitsverhältnis findet zuletzt kraft beiderseitiger Mitgliedschaft in den tarifschließenden Organisationen der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) Anwendung.
Die Beklagte händigte dem Kläger nach der Umsetzung auf den Arbeitsplatz als Gewässerwart keine Stellenbeschreibung aus. Wegen einer vom Kläger im vorliegenden Rechtsstreit vorgelegten "Arbeitsplatzbeschreibung" für die Stellenbezeichnung "Gewässerwart VI b" und die Funktionsbezeichnung "Gewässerwart", nach der die Tätigkeiten beschrieben sind nach dem Stand "vom 1. November 1980" wird Bezug genommen auf die Anlage K 2, Bl. 10 d. A. Es heißt dort auszugsweise:
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" |
Anteil der Arbeitszeit in v. H |
Gewässeraufsicht |
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80 |
5.1 |
Überwachung des Betriebs- und Unterhaltungszustandes der Gewässer |
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5.1.1 |
Dove- und Gose-Elbe sowie Teiche |
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5.1.2 |
Gewässer innerhalb der Schöpfwerksbereiche (als Vertreter der Maschinenmeister während der Hochsaison). |
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5.2 |
Feststellen von Schäden, Sicherstellung der Gefahrenstellen, wenn die Schadensbeseitigung nicht unmittelbar erfolgen kann (z. B. Weidevieh- und Bisam-Schäden). |
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5.3 |
Feststellen unbefugter Gewässerbenutzung (z. B. Einleitungen, Entnahmen, Brücken und Stege, Verrohrungen usw.) |
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Innendienst |
20 |
5.4 |
Führung der Begehungsbücher |
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5.5 |
Abfassung ausführlicher Meldungen für die weitere Bearbeitung durch den Sachbearbeiter |
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(Beachten: Auf eine Bildung von Arbeitsvorgängen entsprechend § 22 BAT wurde wegen des nicht erforderlichen Aufwandes verzichtet.)"
Wegen einer vom Kläger im vorliegenden Rechtsstreit vorgelegten Ausschreibungsanforderung betreffend die Ausschreibung einer Stelle als Gewässerwart vom 7. Januar 2002 wird Bezug genommen auf die Anlage K 3, Bl. 11 d. A.. In dieser heißt es unter "Persönliche Voraussetzungen":
"Abgeschlossene handwerkliche Ausbildung im Bau-, Gartenbausektor- oder Schlosserausbildung.
Erfolgreiche Teilnahme an einem Gewässer- oder Wegewart-Lehrgang oder gleichwertig...