Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsübergang nach § 613 a BGB und Weitergeltung bisheriger Arbeitsbedingungen
Leitsatz (amtlich)
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (die IBM Deutschland) war im wesentlichen nur im Tarifbezirk Nordwürttemberg/Nordbaden tarifgebunden. Sie wandte aber jahrzehntelang die dort vereinbarten günstigen Arbeitsbedingungen unternehmenseinheitlich praktisch im gesamten Bundesgebiet an. Die Musterarbeitsverträge enthielten Bezugnahmeklauseln. Außerdem gab es vor alles Gesamtbetriebsvereinbarungen, mit denen die Einheitlichkeit der Arbeitsbedingungen sichergestellt werden sollte.
Nach Aufsplatung von IBM Deutschland wurden zwischen der DAG und der Beklagten nach Jahresfrist Haustarifverträge abgeschlossen, die u. a. hinsichtlich der Wochenarbeitszeit zu Verschlechterungen führten (statt 36- die 38-Stunden-Woche). Noch existierende Betriebs- und Gesamtbetriebsvereinbarungen waren zuvor gekündigt worden. Vor allem in der IGM organisierte Mitarbeiter sind nicht bereit, die neuen Tarife zu akzeptieren und berufen sich wegen der Weitergeltung der günstigeren Arbeitsbedingungen auf betriebliche Übung. So auch der Kläger. Die Auslegung der vertraglichen Bezugnahmeklausel im Sinne einer Jeweiligkeitsklausel führt jedoch zur Geltung der verschlechternden Haustarife zwischen der Beklagten und der DAG.
Leitsatz (redaktionell)
Tarifverträge, die als Flachentarifverträge bisher in Betrieben in Tarifbezirken ohne Tarifbindung über einen langen Zeitraum angewenden wurden, können durch Haustarifverträge abgelöst werden, auch wenn diese zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen (- siehe dazu Urteil des BAG vom 25.09.1996 - 1 AZR 911/95).
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Urteil vom 01.12.1994; Aktenzeichen 27 Ca 247/94) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 1. Dezember 1994 – 27 Ca 247/94 – dahin abgeändert, daß die Klage abgewiesen wird.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über den Umfang der Wochenarbeitszeit des Klägers sowie darüber, ob er weiterhin Anspruch auf vermögenswirksame Leistungen hat, insbesondere darüber, ob die mit Wirkung ab 1. Januar 1994 abgeschlossenen Haustarifverträge zwischen der Beklagten und der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) die diesbezüglichen Rechtspositionen des Klägers nachteilig beeinflußt haben.
Der Kläger wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der IBM Deutschland GmbH, zum 6. März 1961 für die „Geschäftsstelle Hamburg I, Abteilung Technischer Außendienst DP” eingestellt. Das entsprechende Bestätigungsschreiben vom 10. November 1960, mit dessen Inhalt sich der Kläger am 21. November 1960 einverstanden erklärt hat, nimmt für den Fall, daß der Kläger als Revisionstechniker in den Technischen Außendienst übernommen werden sollte, auf den Haustarif für Revisionstechniker Bezug. Im übrigen verweist es wegen der „weiteren Rechte und Pflichten” auf die geltenden gesetzlichen Bestimmungen und auf die IBM-Arbeitsordnung als wesentlichen Bestandteil des Arbeitsvertrags (Bl. 230 – 231 d.A.). Eine allgemeine Bezugnahme auf die „gesetzlichen und tariflichen Bestimmungen”, wie sie in den sonst üblichen Musterverträgen der IBM Deutschland GmbH enthalten gewesen sind, gibt es im Arbeitsvertrag des Klägers nicht.
In der mit dem Gesamtbetriebsrat (GBR) vereinbarten Arbeitsordnung vom 1. Juli 1965 heißt es unter I 5 (Bl. 237 d.A.), daß die Bestimmungen dieser Arbeitsordnung neben den gesetzlichen Vorschriften und den für das Unternehmen geltenden Tarifverträgen Bestandteil des Arbeitsvertrags sind.
Die IBM Deutschland GmbH war tarifgebunden in den Tarifgebieten Nordwürttemberg/Nordbaden, Rheinland-Pfalz und Berlin der Metallindustrie, nicht jedoch in anderen Tarifgebieten und mithin auch nicht in Hamburg, wo der Kläger nach wie vor beschäftigt ist. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall.
Mit Wirkung vom 1. Januar 1993 hat die IBM Deutschland GmbH Geschäftsfelder ausgegliedert d.h., es wurden rechtlich selbständige Gesellschaften abgespalten, darunter die Beklagte. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging auf die Beklagte über. Sie übernahm von den damals ca. 27.900 Arbeitnehmern 15.000 in insgesamt 46 Betrieben.
Die IBM Deutschland GmbH wandte bundesweit Metalltarifverträge des Tarifgebiets Nordwürttemberg/Nordbaden an. Zu diesem Zweck wurden entsprechende Gesamtbetriebsvereinbarungen, aber auch Betriebsvereinbarungen geschlossen. Auf die dem Gericht vorliegende Betriebsvereinbarung vom 22. Januar 1988, die Gleitende Arbeitszeit in der Niederlassung Hamburg betreffend, wird verwiesen (B. 276 – 279 d.A.) sowie auf eine Protokollnotiz vom 15. März 1993, die Verkürzung der Wochenarbeitszeit in der Niederlassung Hamburg betreffend. Darin heißt es in Ziff. 1, daß die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab 1. April 1993 36 Stunden beträgt, und in Ziff. 4, daß diese Protokollnotiz die Betriebsverein...