Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmensspaltung und Betriebsübergang. Bildung eigenständiger Betriebe durch Zerschlagung eines einheitlichen Betriebs nach Arbeitsprozessen vor deren Übertragung im Wege der Unternehmensaufspaltung auf andere Rechtsträger. Unbegründete Feststellungsklage auf Bestand eines Arbeitsverhältnisses bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur Übernahme einer strukturierten Gesamtheit von Beschäftigten und gegen ihre Betriebszuordnung durch einen Interessenausgleich mit Namensliste
Leitsatz (amtlich)
1. Für eine Unternehmensspaltung nach dem Umwandlungsgesetz muss das vorhandene Vermögen nicht zwingend in Form der Übertragung bereits vorhandener Betriebe oder Betriebsteile aufgespalten werden. Unter Wahrung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ist es auch zulässig, vor der eigentlichen Unternehmensaufspaltung einen zuvor einheitlichen Betrieb nach Arbeitsprozessen zu "zerschlagen" und die hierdurch entstandenen eigenständigen Betriebe oder Betriebsteile im Wege der Unternehmensaufspaltung auf andere Rechtsträger zu übertragen.
2. Werden die Betriebe oder Betriebsteile, die im Zuge der Unternehmensaufspaltung auf die neuen Rechtsträger übertragen werden sollen, erst durch eine Betriebsspaltung geschaffen, können die Betriebsparteien in einem Interessenausgleich nach § 111 Nr. 3 BetrVG die namentliche Zuordnung der Arbeitnehmer zu den neu geschaffenen betrieblichen Einheiten vornehmen. Die Zuordnungsentscheidung ist nach § 323 Abs. 2 UmwG nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen (vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 05.11.2015 - 5 Sa 437/14 -, juris).
Normenkette
BGB § 613a; UmwG (1995) § 323 Abs. 2; UmwG (1995) § 324; BetrVG § 111 Nr. 3; BGB § 613a Abs. 1; BetrVG § 111 S. 3 Nr. 3, § 112 Abs. 1 S. 1; UmwG § 323 Abs. 2, § 324
Verfahrensgang
ArbG Hamburg (Entscheidung vom 23.03.2016; Aktenzeichen 13 Ca 203/15) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 23. März 2016 - 13 Ca 203/15 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht.
Die am X.XXXXXX 1961 geborene Klägerin war seit dem 1. September 1979 - zunächst im Rahmen einer Ausbildung, ab dem Jahre 1981 in einem regulären Arbeitsverhältnis - bei der Firma L1 GmbH mit Sitz in N. (im folgenden L1) bzw. deren Rechtsvorgängerin tätig (Arbeitsvertrag Anl. ohne Bezeichnung, Bl. 214 d.A.). Die L1 war auf Verfahren und Prozesse zur systematischen Analyse von Daten in elektronischer Form im Bereich der Abrechnungen im Luftverkehr spezialisiert. Hierzu bot sie Produkte und Lösungen im Bereich Revenue Accounting an und vermarktete diese. In der Vergangenheit waren bei der L1 mehr als 400 Mitarbeiter beschäftigt. Hauptauftraggeberin der L1 war deren Muttergesellschaft, die L. AG.
Die Beklagte (ehemals Beklagte zu 1) ist aus einer Unternehmensspaltung der L1 hervorgegangen ist. Sie beschäftigt derzeit ca. 120 Mitarbeiter und ist als Tochtergesellschaft der L2 GmbH Teil des L.-Konzerns.
Zumindest bis zum 30. Oktober 2014 war die Klägerin bei der L1 dem Team H. zugeordnet und dort als Sachbearbeiterin Interline Job Allrounder mit einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von 3.018,- € tätig.
Die L. AG beschloss zur Restrukturierung und Kostensenkung das konzernweite Programm "S.". Teil dieses Restrukturierungsprogramms ist auch das Projekt "G.". Inhalt dieses Projekts ist u.a. die Neuverteilung der bislang von der L1 ausgeführten Aufträge. Zunächst, noch im Jahre 2012, war geplant, die L1 im Zusammenhang mit "G." komplett zu schließen. Im Zuge der Verhandlungen mit dem Betriebsrat des Betriebs N. kam der Vorschlag einer umwandlungsrechtlichen Spaltung der L1 auf. Schließlich wurde die Spaltung der L1 und deren Aufteilung auf zwei Gesellschaften, der "L1 neu" (jetzt: L3 N. GmbH - L3 - ehemals Beklagte zu 2.) sowie der "L2 Hamburg" (jetzt: die Beklagte) beschlossen. Ein Teil der bislang von der L1 ausgeführten Aufträge sollte an konzernangehörige und konzernfremde Gesellschaften im Ausland vergeben werden, ein anderer Teil sollte durch die L2 Hamburg erledigt werden. Parallel dazu beschloss die Geschäftsführung der L1, den Betrieb der L1 in N. entsprechend dem Spaltungsplan aufzuteilen.
Eine Zuweisung der bislang von der L1 erledigten Aufgaben auf die zwei neuen Einheiten sollte danach vorgenommen werden, welche Aufgaben in Deutschland verbleiben oder ins Ausland migriert werden sollten. Hierbei sollten auf die neue Einheit in Hamburg ("L2 Hamburg") diejenigen Aufgaben und Prozesse übertragen werden, die weiterhin in Deutschland ausgeführt werden sollten (genannte "Onshore-Tätigkeiten"). Die Prozesse, die an konzernangehörige Unternehmen im Ausland oder an Dritte vergeben werden sollten, also mittelfristig wegfielen (so genannte "Nearshore- bzw. Offshore-Tätigkeiten) sollten der "L1 neu" zugeordnet werden.
Die Betriebsparteien der L1 schlossen in Umsetzung des Restrukturierungsprogramms z...