Gegen diesen Beschluss findet kein Rechtsmittel statt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenstandswert im Beschlussverfahren Zustimmungsersetzung zur Einstellung von Leiharbeitnehmern Mehrheit von Verfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Wertfestsetzung für ein Beschlussverfahren zur Zustimmungsersetzung des Betriebsrates nach § 99 BetrVG hat in Anlehnung an die Wertvorschrift des § 42 Abs. 4 GKG zu erfolgen. Dies hat zur Folge, dass der Wert grundsätzlich in Höhe des Vierteljahresverdienstes des einzustellenden Arbeitnehmers anzusetzen ist.

2. Beantragt der Arbeitgeber neben der Zustimmungsersetzung zugleich auch die Feststellung, dass die vorläufige Durchführung der streitigen Einstellung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist, so ist dieser Antrag zusätzlich mit der Hälfte des Wertes der Zustimmungsersetzung zu bewerten.

3. Werden in einem Beschlussverfahren mehrere auf einer einheitlichen unternehmerischen Entscheidung beruhenden personellen Einzelmaßnahmen zur Entscheidung gestellt, so kommt eine Reduzierung des Wertes für die einzelnen Anträge in Anlehnung an die Staffelwerte des § 9 BetrVG in Betracht.

4. Werden mehrere personelle Einzelmaßnahmen in getrennten Beschlussverfahren verfolgt, so kommt eine Kürzung des Wertes der Beschlussverfahren auch bei gleichen Rechts- und Tatsachenfragen nicht in Betracht.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3 S. 2, § 33 Abs. 3; BetrVG § 99 Abs. 1; ZPO § 5

 

Verfahrensgang

ArbG Paderborn (Beschluss vom 10.11.2005; Aktenzeichen 2 BV 30/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 10.11.2005 – 2 BV 30/05 – abgeändert.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen auf 5.152,50 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin am 19.05.2005 die gerichtliche Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Einstellung eines Leiharbeitnehmers geltend gemacht. Sie hat ferner die Feststellung verlangt, dass die vorläufige Einstellung dieses Leiharbeitnehmers zum 17.05.2005 aus sachlichen Gründen dringend erforderlich gewesen ist.

Bereits zuvor und auch danach hatte die Arbeitgeberin in den Monaten Februar bis Juni 2005 beim Betriebsrat vergeblich die Zustimmung zur Einstellung von weiteren Leiharbeitnehmern zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedlichen Einsatzbereichen geltend gemacht (2 BV 10/05, 2 BV 12/05, 2 (3) BV 17/05, 2 (3) BV 20/05, 2 BV 22/05, 2 BV 24/05, 2 (1) BV 33/05, 2 BV 36/05 Arbeitsgericht Paderborn). Der Betriebsrat hatte den beantragten Einstellungen jeweils mit gleichlautendem Schreiben widersprochen.

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung hat das Arbeitsgericht unter Zugrundelegung eines Monatsverdienstes von 1.145,00 EUR für einen Leiharbeitnehmer durch Beschluss vom 10.11.2005 den Gegenstandswert für das Verfahren im Allgemeinen auf 644,06 EUR festgesetzt und zur Begründung unter anderem ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der übrigen Verfahren nur ein verminderter Gegenstandswert festgesetzt werden könne.

Gegen diesen dem Betriebsrat am 16.11.2005 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts vom 10.11.2005 richtet sich die am 22.11.2005 beim Arbeitsgericht eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist begründet. Der angefochtene Beschluss war abzuändern, der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit war für das verfahren auf 5.152,50 EUR festzusetzen.

1. Die Wertfestsetzung richtet sich vorliegend nach § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG (früher: § 8 Abs. 2 BRAGO). Hiernach ist der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt auch im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Wo ein objektiver Wert festgestellt werden kann, kommt es in erster Linie auf die Feststellung dieses Wertes an. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, Beschluss vom 24.11.1994 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, Beschluss vom 12.06.2001 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 50; Wenzel, GK-ArbGG, § 12 Rz. 194, 441 ff. m.w.N.).

a) Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 4 GKG (früher: § 12 Abs. 7 ArbGG) zu orientieren. Folgerichtig wird bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 42 Abs. 4 GKG (...

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