Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg. Anspruch auf Auszahlung des Rückkaufwertes einer Direktversicherung
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten ist nicht der Status im Zeitpunkt der Klageerhebung, sondern die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses maßgeblich, das den wesentlichen rechtlichen Anknüpfungspunkt für den geltend gemachten Anspruch bildet (vgl. au vgl. BAG, Beschluss v. 20.05.1998 – 5 AZB 3/98, NZA 1998, 1247; LAG Hamm, Beschluss v. 03.01.2011 – 2 Ta 390/10).
2. Durch die Beendigung der Organstellung durch Abberufung bzw. Amtsniederlegung allein verändert sich die Rechtsnatur des Vertragsverhältnisses, das Rechtsgrundlage für die Geschäftsführertätigkeit darstellte nicht. Vielmehr sind für eine Änderung des bisherigen Vertragsverhältnisses rechtsgeschäftlicher Handlungen bzw. Erklärungen erforderlich, die eindeutig auf eine vertragliche Neugestaltung der Vertragsbeziehungen der Parteien schließen lassen. Fehlt es daran, so bildet auch für die Zeit nach der Beendigung der Organstellung der Geschäftsführervertrag weiterhin die Grundlage der vertraglichen Beziehungen der Parteien (so auch BAG, Urteil v. 05.06.2008 – 2 AZR 754/06, NZA 2008, 1002).
3. Werden während des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses Direktversicherungsverträge abgeschlossen, die nach Abschluss des Geschäftsführervertrages mit einem bisherigen Arbeitnehmer unter formwirksamer Aufhebung des Arbeitsverhältnisses fortgeführt werden, ist für Ansprüche auf Auszahlung des Rückkaufwertes der Versicherung der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet, wenn die Versicherungsverträge nach Beendigung der Organstellung gekündigt werden. Dies gilt auch dann, wenn die Direktversicherungsleistung in nicht unerheblichem Umfang während des Arbeitsverhältnisses ‚verdient’ wurden, sich weil der Anspruch aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis mit dem Abschluss des Geschäftsführer-Anstellungsvertrages in einen solchen aus dem Anstellungsvertrag umwandelte (vgl. auch BAG, Beschluss vom 20.05.1998 – 5 AZB 3/98, NZA 1998, 1247).
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3a, § 5
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 26.05.2011; Aktenzeichen 3 Ca 443/11) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 26.05.2011 – 3 Ca 443/11 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3000 EUR festgesetzt
Tatbestand
I
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit des Rechtsweges für den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch.
Die Klägerin, die Tochter des Geschäftsführers der Beklagten ist, war im Anschluss an ihr Ausbildungsverhältnis für die Beklagte als kaufmännische Angestellte tätig.
Die Beklagte schloss beginnend mit dem 01.05.1998 eine kapitalbildende Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 163.204,00 DM sowie beginnend mit dem 01.06.1999 eine solche mit einer Versicherungssumme von 43.622,40 EUR ab. Versicherte Person war jeweils die Klägerin.
Mit Gesellschafterbeschluss vom 23.01.2006 wurde die Klägerin mit sofortiger Wirkung zur Geschäftsführerin der Beklagten neben ihrem Vater bestellt. Wegen der Einzelheiten des Gesellschafterbeschlusses vom 23.01.2006 wird auf Bl. 113 d.A. Bezug genommen.
Unter dem 01.07.2007 wurde zwischen der Klägerin und der Beklagten „unter gleichzeitiger Beendigung aller bisherigen vertraglichen Beziehungen, insbesondere etwaiger bisheriger Anstellungsverhältnisse” nachfolgende Vereinbarung abgeschlossen, die als Geschäftsführervertrag bezeichnet wurde. Dieser Geschäftsführervertrag enthält u.a. folgende Regelung:
„§ 3 Vergütung
…
Weiterhin zahlt die Gesellschaft für den Geschäftsführer seit dem Monat 6/99 eine Direktversicherung in Höhe von 145.21, EUR monatlich sowie seit dem Monat 12/2006 eine Rentenversicherung in Höhe von 210,00 EUR monatlich.
…”
Wegen der weiteren Einzelheiten des Geschäftsführervertrages vom 01.07.2007 wird auf Bl. 88 – 90 d.A. Bezug genommen.
Die Klägerin, die sich seit der Geburt ihres Kindes am 31.07.2009 in Elternzeit befand, legte mit Schreiben vom 10.06.2010 (Bl. 29 d.A.) ihr Amt als Geschäftsführerin der Beklagten mit sofortiger Wirkung nieder und bat gleichzeitig darum, eine entsprechende Löschung im Handelsregister zu veranlassen, die allerdings erst im Jahr 2011 erfolgt ist.
Wegen der angespannten finanziellen Lage fand am 23.06.2010 ein Treffen zwischen den Gesellschaftern der Beklagten und den Vertretern der Kreditinstitute statt, in dem die Beklagte aufgefordert wurde, einen eigenen Beitrag zur Stabilisierung des Unternehmens zu leisten.
Mit Schreiben vom 24.06.2010 kündigte die Beklagte, vertreten durch die Klägerin, u.a. die Vorsorgepolicen, deren versicherte Person die Klägerin war. Wegen der Einzelheiten des Kündigungsschreibens wird auf Bl. 106 d.A. Bezug genommen.
Nachdem die A1 M2 L1 AG mit Schreiben vom 28.07.2010 die Kündigungen der Versicherungsverträge bestätigte, zahlte sie in der Folgezeit die Rückkaufs werte für die Police Nr. 2.34...