Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert eines arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens betreffend die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zum Einsatz von fünf Leiharbeitskräften
Leitsatz (redaktionell)
Der Gegenstandswert eines Beschlussverfahrens betreffend die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zum Einsatz von Leiharbeitnehmern ist, soweit diese auf eine einheitliche unternehmerische Entscheidung zurückzuführen war, nach der Anzahl der Arbeitnehmer zu staffeln. Der Gegenstandswert errechnet sich für die erste Arbeitskraft nach dem vollen Lohnniveau für die vorgesehene Einsatzzeit. Weitere personelle Einzelmaßnahmen bis zu 20 sind mit jeweils 25% und die Maßnahmen 21 bis 50 mit jeweils 12,5% des Ausgangswerts zu berücksichtigen.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3; BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Minden (Entscheidung vom 04.11.2014; Aktenzeichen 3 BV 30/14) |
Tenor
- Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 04.11.2014 - 3 BV 30/14 - abgeändert und der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf 2.338,62 € festgesetzt.
- Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
- Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates in Höhe einer ermäßigten Gebühr von 25,00 Euro zu tragen.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin die Zustimmungsersetzung zur Einstellung von fünf Leiharbeitskräften vom 14.04.2014 bis 30.04.2014 nebst der Feststellung der sachlichen Rechtfertigung der vorläufigen Maßnahme beantragt; das Verfahren ist nach Erledigungserklärung wegen Zeitablaufs durch Beschluss eingestellt worden. Daneben leitete die Arbeitgeberin in der Zeit vom 27.02.2014 bis 17.04.2014 fünf weitere Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Minden betreffend die Zustimmungsersetzung anderer Leiharbeitskräfte ein, die aus gleichem Grunde eingestellt wurden.
Zum Einsatz kamen Leiharbeitskräfte eines konzerneigenen, schwedischen Unternehmens, von denen der Vertreter des Betriebsrates vorgetragen hat, er gehe aufgrund des hohen schwedischen Lohnniveaus und der anfallenden Sonderleistungen für Auslandseinsätze von einem Bruttomonatslohn von 4.000,00 Euro aus; ebenso kamen - hier im vorliegenden Verfahren - fünf Beschäftigte der pd-Personaldienstgruppe mit 35 Wochenstunden als Produktionshelfer zum Einsatz (s. Anlage 1 zum Unterrichtungsschreiben der Arbeitgeberin vom 11.04.2014 Bl. 22 d.A.).
Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 04.11.2014 den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf 1.250,00 € festgesetzt. Gegen den am 13.11.2014 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats am 14./17.11.2014 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 23.01.2015 nicht abgeholfen hat. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass Grundlage der Wertfestsetzung der Auffangwert des § 23 Abs. 3 RVG sei, alle sechs Verfahren als sog. Masseverfahren einheitlich betrachtet werden müssten und deshalb in Anwendung der Rechtsprechung des LAG Hamm für die personellen Maßnahmen entsprechende Abschläge vorzunehmen seien. Auf den Nichtabhilfebeschluss vom 23.01.2015 (Bl. 99 ff. d.A.) wird Bezug genommen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates ist der Auffassung, bei der Bemessung des Wertes des Streitgegenstandes müsse jedes von der Arbeitgeberseite betriebenes Verfahren einzeln betrachtet werden. Grundlage der Wertfestsetzung sei das Monatseinkommen der Leiharbeitskräfte.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates ist zum Teil begründet.
Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war gemäß § 23 Abs. 3 RVG auf 2.338,62 € festzusetzen.
1. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
a. § 23 Abs. 3 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Weg nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, 24.11.1994 - 8 TaBV 144/94 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, 12.06.2001 - 10 TaBV 50/01 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50 = NZA-RR 2002, 472; LAG Hamm, 28.04.2005 - 10 TaBV 11/05 - NZA-RR 2005, 435).
b. Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG - hier i.V.m. § 14 Abs. ...