Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG
Leitsatz (amtlich)
Der Gegenstandswert im Zustimmungsersetzungsverfahren gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG ist entsprechend § 42 Abs. 2 GKG zu ermitteln.
Handelt es sich um befristete Maßnahmen, sind Abschläge vorzunehmen.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3; GKG § 42 Abs. 2; BetrVG § 99
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Entscheidung vom 02.06.2014; Aktenzeichen 3 Bv 7/14) |
Tenor
- Auf die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rheine vom 02.06.2014- 3 BV 07/14 - abgeändert.
- Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 13.367,09 € festgesetzt.
- Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I.
Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin die Zustimmungsersetzung zur Einstellung von 23 Leiharbeitskräften ab 24.02.2014 bis 30.04.2014 nebst der Feststellung der sachlichen Rechtfertigung der vorläufigen Maßnahme beantragt; das Verfahren ist nach Einigung durch Beschluss eingestellt worden.
Auf Antrag des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates hat das Arbeitsgericht nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 02.06.2014 den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf 11.844,53 € festgesetzt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass in Anwendung des Streitwertkataloges für die Arbeitsgerichtsbarkeit sowie der Rechtsprechung des LAG Hamm für die erste Maßnahme 1 Bruttogehalt sowie für die weiteren personellen Maßnahmen entsprechende Abschläge vorzunehmen seien. Auf die Berechnung in der angegriffenen Entscheidung Bl. 90 d.A. wird ausdrücklich Bezug genommen.
Gegen den am 10.06.2014 zugestellten Beschluss hat der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats am 11./16.06.2014 Beschwerde eingelegt, der das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 23.06.2014 nicht abgeholfen hat.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrates ist der Auffassung, bei der Bemessung des Wertes des Streitgegenstandes müsse die Vergütung der Leiharbeitnehmer auf der Grundlage von 45,375 Wochenstunden berechnet werden. Eine entsprechende Anwendung des § 42 Abs. 2 GKG sei nicht geboten; vielmehr müsse die gesamte Dauer der Überlassung, die nach der betrieblichen Einigung 6 Monate betragen habe, beachtet werden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrates führt zu einer Neuberechnung des Streitwertes, allerdings in Anwendung der vom Arbeitsgericht herausgearbeiteten Grundsätze.
Der Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren war gemäß § 23 Abs. 3 RVG auf 13.367,09 € festzusetzen.
1.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
a)
§ 23 Abs. 3 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Weg nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im Anwendungsbereich des § 23 Abs. 3 RVG aber erst hinter allen sonstigen Bewertungsfaktoren zum Zuge. Für das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren folgt hieraus, dass die wirtschaftliche Bedeutung des jeweiligen Streitgegenstands vielfach im Vordergrund stehen muss (LAG Hamm, 24.11.1994 - 8 TaBV 144/94 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 27; LAG Hamm, 12.06.2001 - 10 TaBV 50/01 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 50 = NZA-RR 2002, 472; LAG Hamm, 28.04.2005 - 10 TaBV 11/05 - NZA-RR 2005, 435).
Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit rechtfertigt es, in Beschlussverfahren nach § 99 BetrVG, in denen es um die Einstellung, Umgruppierung oder Versetzung von Arbeitnehmern geht, sich an dem Streitwertrahmen des § 42 Abs. 2 GKG zu orientieren. Folgerichtig wird bei der Wertfestsetzung in betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten nach den §§ 99 ff. BetrVG vielfach auf die Bewertung einer entsprechenden Klage im Urteilsverfahren, also auf § 42 Abs. 2 GKG zurückgegriffen (LAG Hamm, 18.04.1985 - 8 TaBV 41/85 - LAGE ZPO § 3 Nr. 3; LAG Hamm, 19.03.1987 - 8 TaBV 2/87 - LAGE ArbGG 1979 § 12 Streitwert Nr. 70; LAG Hamm, 22.02.1989 - 8 TaBV 146/88 - LAGE BRAGO § 8 Nr. 12). Dieser Rechtsprechung sind auch die zuständigen Kammern des erkennenden Gerichts in ständiger Rechtsprechung gefolgt (LAG Hamm, 04.03.2003 - 10 TaBV 53/03 -; LAG Hamm, 17.11.2004 - 10 TaBV 106/04 -; LAG Hamm, 28.04.2005 - 10 TaBV 11/05 -NZA-RR 2005, 435; LAG Hamm, 21.02.2014 - 7 Ta 7/14 bei juris -). Das wirtschaftliche Interesse an der Einstellung eines Arbeitnehmers drückt sich regelmäßig in dem zu zahlenden Arbeitsverdienst aus. Aus dieser Sicht muss der Streitwert eines Zustimmungsersetzungsverfahrens im Rahmen des § 23 Abs. 3 RVG unter analoger Heranziehung der Streitwertbegrenzungsnorm des ...