Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert im Beschlussverfahren. Unterlassungsanträge des Betriebsrats. Streit um Mitbestimmung bei Einstellung von Leiharbeitnehmern und bei der Anordnung von überstunden, Samstagsarbeit und Schichtarbeit. mehrere Streitgegenstände
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein zukunftsgerichteter Unterlassungsanspruch des Betriebsrats nach § 23 Abs. 3 BetrVG ist regelmäßig mit dem Hilfswert nach § 23 Abs. 3 RVG zu bewerten.
2. Nimmt der Betriebsrat den Arbeitgeber in einem Beschlussverfahren sowohl auf Unterlassung der Beschäftigung von Mitarbeitern bzw. Leiharbeitnehmern ohne Beachtung des Mitbestimmungsrecht aus § 99 BetrVG als auch auf Unterlassung der Anordnung von Überstunden, Samstags- und Schichtarbeit in Anspruch, so sind beide Unterlassungsbegehren jeweils mit dem Auffangwert zu bewerten.
3. Ein im Wesentlichen unstreitiger Sachverhalt im Beschlussverfahren rechtfertigt keine Herabsetzung des Gegenstandswerts nach § 23 Abs. 3 S. 2 RVG in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten. Ebenso wenig kommt eine Reduzierung unter Hinweis auf die wirtschaftliche sehr angespannte Situation der Arbeitgeberin in Betracht.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 3; BetrVG § 23 Abs. 3, § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3, § 99 Abs. 1; ZPO § 5
Verfahrensgang
ArbG Rheine (Beschluss vom 19.11.2008; Aktenzeichen 1 BV 13/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Rheine vom 19.11.2008 – 1 BV 13/08 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen abgeändert.
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfahren im Allgemeinen auf 8.000,00 EUR festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat der Betriebsrat die Arbeitgeberin, einen Handwerksbetrieb mit ca. 40 Mitarbeitern, auf Unterlassung in Anspruch genommen. Insoweit hat er gerügt, dass die Arbeitgeberin in der Vergangenheit wiederholt das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern missachtet habe; bereits im Oktober 2007 seien drei Leiharbeitnehmer ohne vorherige Anhörung des Betriebsrats beschäftigt worden; trotz Rüge vom 23.10.2007 seien im Frühjahr 2008 wiederum acht Leiharbeitnehmer beschäftigt worden, ohne dass der Betriebsrat hierzu vorher angehört worden sei.
Ferner habe die Arbeitgeberin in der Vergangenheit gegenüber drei Arbeitnehmern ohne Zustimmung des Betriebsrats Samstagsarbeit angeordnet, ein Arbeitnehmer habe an einem Freitag ohne Mitbestimmung des Betriebsrats Überstunden leisten müssen; des Weiteren habe die Arbeitgeberin gegenüber drei Beschäftigten die Arbeit in Zweischichtbetrieb angeordnet, ebenfalls ohne Beteiligung des Betriebsrats.
Den Anträgen des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 22.10.2008 stattgegeben. Der Beschluss vom 22.10.2008 wurde rechtskräftig.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht durch Beschluss vom 19.11.2008 den Gegenstandswert für das Verfahren auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Gegen diesen Beschluss des Arbeitsgerichts vom 19.11.2008, den Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats am 25.11.2008 zugestellt, richtet sich die am 02.12.2008 beim Arbeitsgericht eingelegte Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.
Die Verfahrensbevollmächtigten der Arbeitgeberin sind der Auffassung, dass im vorliegenden Verfahren der dreifache Hilfswert in Ansatz zu bringen sei, da drei inhaltlich voneinander unabhängige Unterlassungstatbestände Gegenstand des Verfahrens gewesen seien. Die gerügten Verstöße gegen Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats hätten zu unterschiedlichen Zeitpunkten ohne inneren Zusammenhang untereinander stattgefunden. Die Vorwürfe seien auch nicht von Anfang an unbestritten gewesen.
Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation des Arbeitgebers den Gegenstandswert angemessen festgesetzt habe, das Unternehmen befinde sich nach wie vor in einer finanziell angespannten Situation.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats ist teilweise begründet.
Der angefochtene Beschluss war abzuändern, der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit war auf 8.000,00 EUR festzusetzen.
Die Festsetzung des Gegenstandswerts für das vorliegende Beschlussverfahren richtet sich nach § 23 Abs. 3 RVG, wonach der Gegenstandswert in Fällen der vorliegenden Art nach billigem Ermessen zu bestimmen ist.
§ 23 Abs. 3 RVG stellt eine Auffangnorm für Angelegenheiten dar, für die Wertvorschriften fehlen. Der Auffangtatbestand des § 23 Abs. 3 RVG ist insbesondere für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten bedeutsam, deren Wert auf anderem Wege nicht bestimmt werden kann. Die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen kommt im A...