Entscheidungsstichwort (Thema)

Adressat der Zustellung der Mahnung wegen Zahlungsrückstands mit einer Einmalzahlung. Funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers für den Ausspruch der Mahnung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die vor einer Aufhebung wegen Zahlungsrückstands mit einer Einmalzahlung nach § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO (§ 124 Nr. 4 ZPO a. F.) erforderliche Mahnung der Partei mit Fristsetzung unter Hinweis auf die Möglichkeit der Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe ist deren Prozessbevollmächtigten zuzustellen, wenn dieser sie bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat.

2. Die Mahnung hat durch den Rechtspfleger und nicht durch Beamtinnen und Beamte des mittleren Dienstes oder Regierungsbeschäftigte zu erfolgen.

 

Normenkette

ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Detmold (Entscheidung vom 21.10.2015; Aktenzeichen 3 Ca 230/15)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 21. Oktober 2015 (3 Ca 230/15) aufgehoben.

Das Verfahren wird zur erneuten Prüfung und Entscheidung über die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe wegen Zahlungsrückstandes an das Arbeitsgericht zurückverwiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger erhielt durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 18. März 2015 Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung bewilligt. Durch rechtskräftigen Beschluss vom 24. April 2015 wurde dies dahin abgeändert, dass der Kläger aus der erhaltenen Abfindung einen Betrag von 2.232,97 Euro auf die Prozesskosten von insgesamt 2.541,21 Euro (unter Einschluss der Wahlanwaltsvergütung) als Einmalzahlung zu leisten hat.

Der Kläger zahlte nicht. Mit Schreiben vom 8. September 2015, welches dem Kläger formlos übersandt wurde, wies das Arbeitsgericht diesen darauf hin, dass er mit der angeordneten Einmalzahlung in Rückstand sei, bat ihn dringend um die unverzügliche Nachzahlung und wies auf die Möglichkeit der Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe hin für den Fall, dass er mit der Zahlung mehr als drei Monate in Rückstand gerät. Die Aufforderung wurde von einem beim Arbeitsgericht tätigen Beamten des mittleren Dienstes verfügt und unterzeichnet.

Nachdem eine Zahlung weiterhin nicht erfolgte, hob das Arbeitsgericht durch die hier angefochtene Entscheidung vom 21. Oktober 2015, welche der Prozessbevollmächtigten des Klägers am selben Tage zugestellt wurde, die bewilligte Prozesskostenhilfe auf. Hiergegen richtet sich die am 20. November 2015 beim Arbeitsgericht eingegangene sofortige Beschwerde des Klägers.

II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO, §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts ist unwirksam, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers nicht stattgefunden hat.

1. Der Kläger wurde vor Erlass des Aufhebungsbeschlusses nicht ordnungsgemäß gemahnt.

a) Eine Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Abs. 1 Nr. 5 ZPO ist zulässig, wenn die Partei mit der Zahlung einer Rate mehr als drei Monate in Rückstand kommt und wenn der Zahlungsrückstand verschuldet ist (vgl. BGH, 9. Januar 1997, IX ZR 61/94, NJW 1997, 1077, II. 2. a) der Gründe; LAG Hamm, 19. März 2003, 18 Ta 60/03, NZA-RR 2003, 382, II. der Gründe; 3. März 2010, 14 Ta 649/09, [...], Rn. 2). Verschulden liegt erst dann vor, wenn die Partei auf den Rückstand hingewiesen wurde und auch auf eine Mahnung mit Fristsetzung nicht reagiert. In dem Mahnungsschreiben müssen die gerichtlichen Konsequenzen für den Fall der Nichtzahlung eindeutig festgelegt werden. Für den Fall des ergebnislosen Fristablaufs muss der Partei klar erkennbar gemacht werden, dass als Konsequenz die Aufhebung der bewilligten Prozesskostenhilfe erfolgt (vgl. LAG Hamm, 19. März 2003, a. a. O.; LAG Berlin-Brandenburg, 20. Juli 2015, 21 Ta 1066/15, [...], Rn. 8). Insoweit dient eine solche Mahnung auch der Wahrung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 Satz 2 GG vor einer Aufhebungsentscheidung (vgl. LAG Hamm, a. a. O.; OLG Brandenburg, 29. Januar 2001, 10 WF 3/01, FamRZ 2002, 1419 = [...], Rn. 2). Für den Rückstand mit einer Einmalzahlung gelten diese Grundsätze entsprechend.

b) Im vorliegenden Fall ist der Kläger nicht ausreichend angehört worden, weil die Mahnung nicht an seine Prozessbevollmächtigten versandt und zugestellt wurde. Dies ist aber erforderlich (vgl. LAG Hamm, 26. Januar 2016, 14 Ta 646/15, [...], Rn. 6 ff.).

aa) Wurde die Partei im Bewilligungsverfahren durch ihren Prozessbevollmächtigten vertreten, erstreckt sich die ihm erteilte Prozessvollmacht nicht nur auf das Bewilligungsverfahren als solches, sondern auf das gesamte den Rechtszug betreffende Prozesskostenhilfeverfahren einschließlich des Nachprüfungs- oder Aufhebungsverfahrens (vgl. BGH, 8. Dezember 2010, XII ZB 38/09, MDR 2011, 183 = [...], Rn. 16 f., 29; BAG, 19. Juli 2006, 3 AZB 18/06, [...], Rn.11; LAG Berlin-Brandenburg, 20. Juli 2015, 21 Ta 1066/15, [...], Rn. 10). Nac...

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