Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen eines GmbH-Geschäftsführers
Leitsatz (redaktionell)
Der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers einer GmbH ist grundsätzlich und ausnahmslos kein Arbeitsvertrag, sondern ein auf die Geschäftsbesorgung durch Ausübung des Geschäftsführeramtes gerichteter freier Dienstvertrag. Daher liegt in aller Regel keine Streitigkeit aus einem Arbeitsverhältnis i.S. von § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG vor.
Normenkette
ArbGG § 5 Abs. 1 S. 3, § 2 Abs. 1 Nr. 3
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Entscheidung vom 28.05.2015; Aktenzeichen 3 Ca 580/15) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 28.15.2015 - 3 Ca 580/15 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 4.800 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug um die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten für die vom Kläger geltend gemachten Vergütungsansprüche.
Der 1957 geborene verheiratete Kläger wurde mit Wirkung zum 01.06.2014 von der Beklagten als Meister für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik eingestellt. Grundlage dieser Tätigkeit war der schriftliche Arbeitsvertrag vom 13.06.2014, der in Ziffer 3 Abs. 1 eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden und in Ziffer 5 Abs. 1 einen Bruttostundenlohn von 18,32 € vorsieht. Wegen der weiteren Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages wird auf Bl. 20-24 d.A. Bezug genommen wird.
Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 30.09.2014 (Bl. 25 d.A.) wurde der Kläger zum Geschäftsführer der Beklagten bestellt und als solcher auch im Handelsregister eingetragen. Anlässlich der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer der Beklagten schlossen die Parteien den "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" vom 30.09.2015, der u.a. ein monatliches Bruttogehalt von 4.000,- € bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden regelt. Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf Bl. 26-28 d.A. Bezug genommen.
Für die Monat Januar, Februar und März 2015 erhielt der Kläger keine Vergütung, wobei er die Vergütung für Januar und Februar 2015 mit außergerichtlichem Schreiben vom 30.2015 (Bl. 16 d.A.) ohne Erfolg geltend machte.
Mit Schreiben vom 15.04.2015 (Bl. 29 d.A.) kündigte die Beklagte die Rechtsbeziehung zum Kläger fristlos, hilfsweise ordentlich. Am selben Tag wurde der Kläger auch als Geschäftsführer der Beklagten abgerufen. Die Abberufung des Klägers wurde am 22.04.2015 im Handelsregister eingetragen (Bl. 30 d.A.). Über die Wirksamkeit dieser Kündigungen sowie über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten streiten die Parteien ebenfalls im Beschwerdeverfahren. Die Beschwerdekammer hat durch einen Beschluss vom 04.05.2016 (2 Ta 555/15) den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten in Abänderung des arbeitsgerichtlichen Beschlusses vom 28.05.2015 für zulässig erklärt.
Mit seiner am 04.05.2015 beim Arbeitsgericht Siegen eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Zahlungsbegehren gerichtlich weiter.
Der Kläger hat unter Berufung auf die (neue) Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Beschluss vom 22.10.2014 - 10 AZB 46/14) die Ansicht vertreten, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten wegen seiner tatsächlichen Arbeitnehmerstellung eröffnet sei. Er habe keinen Einfluss auf die Leitung des Unternehmens gehabt und sei auch weisungsgebunden tätig gewesen.
Die Beklagte hat die Rechtswegzuständigkeit der Arbeitsgerichte gerügt.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 28.05.2015 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtstreit an das "im Rechtsweg und auch örtlich zuständige Landgericht Siegen - dort Kammer für Handelssachen - " verwiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten bereits nach § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG nicht eröffnet sei.
Aufgrund der gesetzlichen Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, die nicht widerlegbar sei, gelte der Geschäftsführer einer GmbH als deren Organvertreter und nicht als Arbeitnehmer im Sinne des ArbGG, ohne dass es auf die Rechtsnatur des Geschäftsführeranstellungsvertrages ankomme. Die gesetzliche Fiktion des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG greife danach selbst dann ein, wenn der GmbH-Geschäftsführer die Geschäftsführertätigkeit objektiv eindeutig und zwischen den Parteien unstreitig auf der Grundlage eines Arbeitsverhältnisses erbracht habe. Die Grundsätze für die Rechtswegbestimmung in sog. sic-non-Fällen fänden insoweit auf Organvertreter wegen der Sonderregelung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG keine Anwendung. Dementsprechend seien die Arbeitsgerichte aufgrund dieser gesetzlichen Fiktion auch dann nicht zuständig, wenn der Geschäftsführer der Ansicht sei, dass der Anstellungsvertrag seiner Rechtsnatur nach ein Arbeitsvertrag sei und unter Berufung darauf Vergütungsansprüche geltend mache. Werde der Anstellungsvertrag des Organvertre...