Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrichtung einer Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit. Betriebsänderung. Planung und Beginn der Durchführung einer Betriebsänderung. Existenz eines Betriebsrates. Interessenausgleich. Sozialplan
Leitsatz (amtlich)
Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan kann ein Betriebsrat nicht mehr verlangen, wenn er erst nach Abschluss der Planungen des Arbeitgebers und nach Beginn der Durchführung einer Betriebsstilllegung errichtet worden ist, auch wenn die Kündigungen der Belegschaft erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgesprochen werden.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 111
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 24.08.2010; Aktenzeichen 5 BV 124/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.08.2010 – 5 BV 124/10 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin, die in D1 einen Betrieb zur Kranauslegerfertigung mit zuletzt 26 Arbeitnehmern führte, fasste am 29.06.2010 den Beschluss, den Betrieb der Kranauslegerfertigung in D1 zu schließen (Bl. 23 d.A.).
Am gleichen Tag leitete sie beim zuständigen Integrationsamt das Verfahren wegen der Kündigung der schwerbehinderten Arbeitnehmer ein.
Am 30.06.2010 fand eine Mitarbeiterversammlung statt, in der die Arbeitgeberin erklärte, dass der Betrieb in D1 zum 31.10.2010 geschlossen werde, da die Arbeiten auf Werke in Polen und Ungarn verlagert würden, weil dort eine kostengünstigere Produktion möglich sei. Ob den Mitarbeitern auf der Betriebsversammlung lediglich ein voraussichtlicher Schließungstermin mitgeteilt wurde oder ob in aller Deutlichkeit darauf hingewiesen wurde, dass der Schließungstermin 31.10.2010 endgültig feststehe, ist zwischen den Beteiligten streitig. Jedenfalls wurde den Mitarbeitern noch auf der Betriebsversammlung vom 30.06.2010 der Ausspruch der Kündigung aller Arbeitnehmer angekündigt.
Noch am 30.06.2010 gab die Arbeitgeberin eine Pressemitteilung des Inhalts ab, dass das Werk in D1 geschlossen und sämtlichen Arbeitnehmern gekündigt werde, da die Auslegerfertigung zu anderen Produktionsstandorten verlagert werde (Bl. 25 d.A.). Ebenfalls noch am 30.06.2010 informierte die Arbeitgeberin ihre sämtlichen Kunden, dass der Betrieb in D1 vor der Schließung stehe.
Mit Schreiben vom 30.06.2010 zeigte die Arbeitgeberin ferner bei der Bundesagentur für Arbeit die geplante Massenentlassung an.
Am 14.07.2010 sprach die Arbeitgeberin sodann die Kündigung sämtlicher Arbeitsverhältnisse zum 31.08.2010, 30.09.2010 und zum 31.10.2010 aus.
Zusätzliche Aufträge für die Kranauslegerfertigung nahm sie seit Ende Juni 2010 nicht mehr an.
Bereits mit Wahlanschreiben vom 07.07.2010 hatte der inzwischen gebildete Wahlvorstand Betriebsratswahlen eingeleitet. Die erste Wahlversammlung fand am 15.07.2010, die Betriebsratswahl am 23.07.2010 statt.
Mit Schreiben vom 27.07.2010 (Bl. 8 d.A.) verlangte der antragstellende Betriebsrat die Aufnahme von Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und eines Sozialplanes und wies darauf hin, dass gegebenenfalls die Einigungsstelle angerufen werde.
Die Arbeitgeberin lehnte Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan ab.
Daraufhin leitete der Betriebsrat am 11.08.2010 beim Arbeitsgericht das vorliegende Beschlussverfahren ein, mit dem er die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Verhandlung über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan geltend macht.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, dass es sich bei der beabsichtigten Betriebsschließung zum 31.10.2010 um eine Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG handele. Die Arbeitgeberin könne sich nicht darauf berufen, dass der Betriebsrat nicht rechtzeitig aktiv geworden sei. Die Arbeitgeberin habe nämlich noch in der Betriebsversammlung die Kündigungen erst für Ende Juli angekündigt, diese dann aber schon am 14.07.2010 ausgesprochen, offensichtlich, um dem Betriebsrat zuvor zu kommen. Von einer vorzeitigen Wahl des Betriebsrates habe die Belegschaft abgesehen, weil die Arbeitgeberin noch im Frühjahr 2010 erklärt habe, dass sich die Beschäftigten um ihre Arbeitsplätze keine Sorgen machen müssten. Vor diesem Hintergrund verdiene die Arbeitgeberin keinen Vertrauensschutz. Zudem sei das Wahlanschreiben bereits zu einem Zeitpunkt bekannt gemacht worden, bevor die Arbeitgeberin die Kündigungen ausgesprochen habe.
Die Betriebsschließung sei ferner nicht durchdacht und abgeschlossen gewesen, sodass der Betriebsrat durchaus noch Einfluss auf die Planungen der Arbeitgeberin habe nehmen können. Insbesondere sei absehbar, dass es bei der Arbeitgeberin durch den übereilten Ausspruch der Kündigungen zu Produktionsengpässen kommen werde. Es gebe noch ausreichend Entscheidungsspielraum, um die Interessen der Beschäftigten, die bei voller Auslastung des Betriebes ihre Arbeitsplätze verlören, angemessen zu berücksichtigen.
Der Betriebsrat hat beantragt,
- den Vorsitzenden Richter am Landesarbei...