Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrichtung einer Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit. geplante Betriebsänderung. Interessenausgleich und Sozialplan. Schließung mehrerer Verkaufsstellen. einheitliche Planung. Interessenausgleich nach Schließung von Verkaufsstellen. Personalabbau. Einschränkung des Betriebs
Leitsatz (redaktionell)
Hat der Arbeitgeber eine Betriebsänderung bereits endgültig beschlossen und durchgeführt, ist die Einigungsstelle für Interessenausgleichsverhandlungen offensichtlich unzuständig, nicht aber für Sozialplanverhandlungen.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 111 ff.
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 21.12.2009; Aktenzeichen 1 BV 246/09) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin und die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 21.12.2009 – 1 BV 246/09 – werden zurückgewiesen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Der Arbeitgeber betreibt bundesweit in ca. 10.000 Verkaufsstellen Drogeriemärkte. Die einzelnen Verkaufsstellen sind aufgrund eines Tarifvertrages organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet, denen jeweils ein Bezirksleiter/eine Bezirksleiterin vorsteht. Die einzelnen Bezirke sind organisatorisch vier in der Bundesrepublik gebildeten Vertriebsbüros untergeordnet, jedes Vertriebsbüro betreut etwa 100 Bezirke. Der Bezirk D1 III, in dem der aus sieben Personen bestehende Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, gewählt ist, gehört zum Vertriebsbüro D1, dem ca. 120 Bezirke zugeordnet sind.
Ansprechpartner des Betriebsrats in personellen und sozialen Angelegenheiten ist regelmäßig der für ihn zuständige Bezirksleiter, der die in seinem Bezirk befindlichen Verkaufsstellen betreut. Die Bezirksleiter, von denen es etwa 400 in der Bundesrepublik in Deutschland gibt, sind die für das Personal in den einzelnen Verkaufsstellen verantwortlichen Personen im Bezirk und auch für die Besetzung vakanter Stellen zuständig.
Im Herbst 2009 waren im Bezirk D1 III 34 Verkaufsstellen mit ca. 154 Arbeitnehmern vorhanden.
Zum 09.09.2009 schloss der Arbeitgeber die Verkaufsstelle D3 60 mit fünf Beschäftigten. Ferner wurde zum 07.10.2009 die Verkaufsstelle K4. 123 mit drei Mitarbeitern und zum 14.10.2009 die Verkaufsstelle G2 S5. 45 mit ebenfalls drei Mitarbeitern geschlossen.
Der Arbeitgeber plante ferner die Schließung der Verkaufsstelle L1. 56, in der fünf Mitarbeiter beschäftigt sind, zum 24.02.2010 und die Schließung der Verkaufsstelle W5-v1-V2-S5. 67 mit vier Mitarbeitern zum 03.03.2010.
Ob im Herbst 2009 die Schließung weiterer Verkaufsstellen, nämlich der Verkaufsstelle E2 S5. 234 zum 30.11.2009, der Verkaufsstelle A3 S5. 78 mit sechs Mitarbeitern zum 24.04.2010 und der Verkaufsstelle K4. 89 mit drei Mitarbeitern geplant gewesen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.
Mit Schreiben vom 29.09.2009 (Bl. 8 f. d. A.) forderte der Betriebsrat den Arbeitgeber auf, die Beteiligungs- und Mitbestimmungsrechte nach den §§ 111 BetrVG zu beachten und bat um umfassende Unterrichtung über die beabsichtigte Betriebsänderung bzw. um Verhandlungen über den Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans. Darüber hinaus wurde der Arbeitgeber um Bestätigung gebeten, dass die für die Zeit bis zum 31.12.2009 vorgesehenen Schließungen unterblieben.
Da der Arbeitgeber diesem Begehren nicht nachkam, beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Dortmund – 1 BVGa 35/09 – im Wege der einstweiligen Verfügung die Unterlassung der Schließung von Filialen. Durch Beschluss vom 07.10.2009 wurde der Antrag des Betriebsrats abgewiesen, weil der Arbeitgeber nach den eigenen Behauptungen des Betriebsrats mit den behaupteten Betriebsänderungen als einheitliche Maßnahme bereits begonnen habe. Nach Beginn einer Betriebsänderung sei ein Unterlassungsanspruch zur Sicherung der Beratungsrechte des Betriebsrats nicht mehr möglich. In dem daraufhin vom Betriebsrat angestrengten Beschwerdeverfahren beim Landesarbeitsgericht Hamm – 13 TaBVGa 12/09 – erklärte der Arbeitgeber, dass die Filialen E2 S5. 234 und K4. 89 nicht geschlossen werden sollten. Das Verfahren wurde daraufhin im Anhörungstermin vom 20.11.2009 übereinstimmend für erledigt erklärt.
Im Zusammenhang mit der Schließung der Verkaufsstellen D3 60, K4. 123 und G2 S5. 45 wurden die Arbeitsverhältnisse von drei Mitarbeitern beendet. Andere Mitarbeiter wurden in andere Verkaufsstellen versetzt.
Mit dem am 30.11.2009 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat die Einrichtung einer Einigungsstelle zur Verhandlungen über einen Interessenausgleich und einen Sozialplan geltend.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, er habe ordnungsgemäß die Einleitung des vorliegenden Verfahrens beschlossen. Hierzu legte er die Einladung zur Betriebsratssitzung vom 17.11.2009 (Bl. 81 ff. d. A.), die Anwesenheitsliste vom 17.11.2009 (Bl. 91 d. A.), sowie das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 17.11.2009 (Bl. 84, 88 d. A.) vor. Ferner nahm er Bezug a...