Entscheidungsstichwort (Thema)
Durchführung einer Gesamtbetriebsvereinbarung. Aktivlegitimation eines örtlichen Betriebsrats. Beteiligung des Gesamtbetriebsrats. Beschwer und Beschwerdebefugnis des Gesamtbetriebsrats. Beteiligung in zweiter Instanz. Antragsbefugnis. Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz. Sachdienlichkeit
Leitsatz (amtlich)
Der Durchführungsanspruch im Hinblick auf eine Gesamtbetriebsvereinbarung steht im Fall originärer Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats allein dem Gesamtbetriebsrat, nicht einem örtlichen Betriebsrat zu.
Normenkette
ArbGG § 81 Abs. 1, § 83 Abs. 3, §§ 87, 89 Abs. 1-2, § 90 Abs. 2; BetrVG § 50 Abs. 1, § 77 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Minden (Beschluss vom 23.06.2009; Aktenzeichen 1 BV 4/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Minden vom 23.06.2009 – 1 BV 4/09 – abgeändert.
Der Antrag des Betriebsrats wird abgewiesen.
Auf die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats wird der Arbeitgeberin aufgegeben, für die im Betrieb des Klinikums für Rehabilitation B3 O1 Beschäftigten die geleisteten Arbeitszeiten sowie die Arbeitszeitdokumentation mittels des EDV-Programms OC:Time sowie der Hardware der Firma S7 erfassen bzw. durchführen zu lassen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Durchführung einer Gesamtbetriebsvereinbarung.
Die Arbeitgeberin betreibt Kliniken, unter anderem das M3-Klinikum für Rehabilitation in B3 O1 mit zwei Klinikbereichen (W1-Klinik und Klinik am P4), in denen etwa 302 Mitarbeiter beschäftigt sind. Das M3-Klinikum für Rehabilitation I und II in B3 O1 wird als eine organisatorische Einheit geführt. In diesem Betrieb ist der antragstellende Betriebsrat gewählt.
Daneben betreibt die Arbeitgeberin noch zwei weitere Kliniken für Rehabilitation in B3 S6, die Klinik am B7 und die Klinik F3. In diesen Kliniken sind ebenfalls Betriebsräte gewählt.
Im Unternehmen der Arbeitgeberin ist schließlich ein Gesamtbetriebsrat errichtet.
Zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat wurde am 25.06.1999 eine Rahmenbetriebsvereinbarung über EDV-gestützte Informationstechniken abgeschlossen (Bl. 6 ff. d.A.).
Nach Abschluss einer Verfahrensvereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat vom 25.10.2007 (Bl. 4, 5 d. A.) verhandelten die Arbeitgeberin und der Gesamtbetriebsrat über die Einführung des Dienstplanplanungsprogramms „OC:Planner” und dem Zeiterfassungsmodul „OC:Time” nebst Hardware der Firma S7. Diese Verhandlungen führten zu einer Gesamtbetriebsvereinbarung über die Einführung und Anwendung des EDV-Systems „S7” (Bl. 14 ff. d. A.) vom 12.12.2007, die als Anlage Nr. 6 zur Rahmenbetriebsvereinbarung vom 25.06.1999 genommen wurde. Gegenstand der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12.12.2007 ist die EDV-mäßige Erstellung mit dem Dienstplanplanungsprogramm der Firma S7 sowie die Erfassung der geleisteten Arbeitszeiten und einer Arbeitszeitdokumentation. Nach § 2 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12.12.2007 erstreckt sich der Geltungsbereich auf alle Mitarbeiter der Q1 KG, außer den leitenden Ange-stellten. Gemäß § 6 der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12.12.2007 trat diese Anlage mit Unterzeichnung in Kraft.
Im Übrigen wird auf die weiteren Bestimmungen der Rahmenbetriebsvereinbarung vom 25.06.1999 und der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 12.12.2007 Bezug genommen.
Nachdem die technischen Voraussetzungen für die Inbetriebnahme der Zeiterfassungsgeräte von S7 geschaffen worden waren, wurde die Arbeitszeiterfassung in den einzelnen Betrieben des Unternehmens der Arbeitgeberin im Einvernehmen mit den Betriebsräten zunächst noch nicht aktiviert, weil noch Klärungsbedarf hinsichtlich bestimmter Punkte bestand. Nach dem Vorbringen des antragstellenden Betriebsrats sollte die Zeiterfassung spätestens am 01.02.2009 aktiviert werden.
Mit Aktennotiz vom 23.12.2008 (Bl. 18 d. A.) bat die Arbeitgeberin den antragstellenden Betriebsrat, nochmals in einen Dialog zur Zeiterfassung einzutreten, weil sich in der Zwischenzeit herausgestellt habe, dass lediglich 11 von 21 befragten Ärzten ihre Zustimmung zur Aktivierung der Zeiterfassung gegeben hätten, drei ärztlichen Mitarbeitern sei es egal gewesen, sieben hätten ihre Ablehnung dokumentiert.
Mit Aktennotiz vom 09.01.2009 (Bl. 20 d. A.) forderte der Betriebsrat die Arbeitgeberin auf, die Zeiterfassung wie vereinbart ab dem 01.02.2009 zu aktivieren; die Betriebsvereinbarung habe nur in einer Warteposition gelegen, sei aber niemals außer Kraft gesetzt worden; im Übrigen habe sich die Mehrheit der Ärzte für die Aktivierung der Zeiterfassung ausgesprochen.
Daraufhin lehnte die Arbeitgeberin mit Aktennotiz vom 27.01.2009 (Bl. 22 d. A.) die Aktivierung der Arbeitszeiterfassung ab dem 01.02.2009 ab und bat darum, die Arbeitszeiterfassung für den ärztlichen Dienst ab dem 01.02.2009 auszusetzen, weil im Rahmen der mit der Gewerkschaft ver.di geführten Tarifverhandlungen über den Manteltarifvertrag die Möglichkeit von Arbeitszeitkonten zwischen den Betriebspart...