Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassungsanspruch und einstweilige Verfügung. Geltendmachung im Hauptsacheverfahren. Darlegung von Verstößen gegen Mitbestimmungsrecht
Leitsatz (redaktionell)
Der im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens aufgeworfene Streit um den Umfang eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates ist regelmäßig im normalen Beschlussverfahren zu klären.
Normenkette
ArbGG § 85 Abs. 2; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10; ZPO § 936; ArbGG § 2a Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
ArbG Paderborn (Entscheidung vom 27.06.2013; Aktenzeichen 1 BVGa 4/13) |
Tenor
Die Beschwerde des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Paderborn vom 27.06.2013 - 1 BVGa 4/13 - wird zurückgewiesen.
Gründe
A.
Von der eigenen Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (vgl. § 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO). Es wird verwiesen auf I. der erstinstanzlichen Gründe.
B.
Die zulässige Beschwerde des Gesamtbetriebsrates ist unbegründet. In dem Zusammenhang kann offen bleiben, ob wegen eines mitbestimmungswidrigen Verhaltens der Arbeitgeberin ein Verfügungsanspruch gegeben ist. Denn der gemäß § 936 i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erforderliche Verfügungsgrund liegt nicht vor.
Nach der zutreffenden Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (grundlegend: 03.05.1994 - 1 ABR 24/93 - AP BetrVG 1972 § 23 Nr. 23) ist der im Rahmen eines Unterlassungsbegehrens aufgeworfene Streit um den Umfang eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrates regelmäßig im normalen, ggf. über drei Instanzen führenden Beschlussverfahren nach § 2 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 i.V.m. §§ 80 ff. ArbGG zu klären; eine Vollstreckung ist dann gemäß § 85 Abs. 1 Satz 1 ArbGG erst aus einem rechtskräftig gewordenen Beschluss möglich.
Aus der darin zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Grundentscheidung wird deutlich, dass der Betriebsrat im Regelfall eine (mögliche) Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte bis zum Eintritt der Rechtskraft in einem Hauptsacheverfahren hinzunehmen hat.
Ausnahmsweise kann er allerdings einen Unterlassungsanspruch auch im Wege der einstweiligen Verfügung gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG geltend machen. Dabei muss die gebotene Interessenabwägung aber ergeben, dass das Befriedigungsinteresse des Betriebsrates das Schutzinteresse des Arbeitgebers überwiegt. Insoweit ist maßgebend, wie sich die behauptete Verletzung eines Mitbestimmungsrechts im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und betroffenen Arbeitnehmern auswirkt und in welchem Umfang die Mitarbeiter effektiv geschützt sind (vgl. GMP/Matthes/Spinner, 8. Aufl., § 85 Rn. 37).
Nach diesen Maßstäben liegt hier kein Verfügungsgrund vor. Denn der Gesamtbetriebsrat hat nicht dargelegt, weshalb bei einer von ihm behaupteten Vielzahl von Verstößen gegen das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG namentlich für die von ihm insoweit geschützten Arbeitnehmer unwiederbringliche Nachteile entstehen, wenn die Arbeitgeberin weiterhin möglicherweise nicht vom Einigungsstellenspruch vom 12.06.2012 gedeckte Zulagen an bestimmte Mitarbeiter gewährt. Sollte sich diese Maßnahme nämlich im bereits anhängigen Hauptsacheverfahren (ArbG Paderborn - 1 BV 27/13) rechtskräftig als mitbestimmungswidrig herausstellen, wären zu Unrecht erbrachte Zahlungen ggf. rückgängig zu machen bzw. ausgebliebene Leistungen nachzugewähren (vgl. LAG Hamm, 04.05.2005 - 10 TaBV 54/05).
Fundstellen