Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswertfestsetzung. Ansatz des Vergleichsmehrwerts
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Streitwertfestsetzung richtet sich für das Verfahren und den Prozessvergleich nach §
63
Abs.
2
GKG
i. V. m. §
32
Abs.
1
RVG
, wobei der nach §
42
Abs.
3
Satz 1
GKG
mit dem Vierteljahresentgelt zu bewerten ist.
2. Schließen die Parteien einen Vergleich über die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses, rechtfertigt dies den Ansatz von 1/4 Monatsentgelt.
3. a) Darüber hinaus ist der Ansatz eines Vergleichsmehrwerts weder dadurch gerechtfertigt, dass durch die Regelungen der Streit über die Wirksamkeit der streitbefangenen Kündigung beigelegt wurde, die Parteien einen festen Beendigungszeitpunkt festgelegt und dem Kläger zudem ein Recht zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis durch einseitige Erklärung eingeräumt haben, noch dadurch, dass der Arbeitnehmer von seiner Leistungsverpflichtung freigestellt wurde, da die Beschäftigungspflicht - bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - und auch die Weiterbeschäftigungspflicht nicht selbstständig (unabhängig von der Bestandsschutzstreitigkeit) im Streit waren.
b) Dies gilt auch für getroffene Regelungen, die keinen vollstreckungsfähigen Inhalt haben und nur deklaratorisch Abwicklungsmodalitäten betreffen.
4. Die Zahlung der Abfindung bleibt entsprechend §
42
Abs.
3
Hs. 2
GKG
ohne Ansatz.
Normenkette
GKG § 42 Abs. 3, § 63 Abs. 2; RVG § 32 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 05.03.2012; Aktenzeichen 1 Ca 2948/11) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 05.03.2012 - 1 Ca 2948/11 - teilweise abgeändert. Der Streitwert wird für den Vergleich auf 29.362,97 € festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Bewertung einer Kündigungsschutzklage und eines Prozessvergleichs mit den Regelungsgegenständen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, Freistellung unter Erledigung von Urlaubs- und sonstigen Freistellungsansprüchen, Arbeitsunfähigkeit, Abfindung, Privatnutzung des Firmenwagens, betriebliche Altersversorgung, Rückzahlung Arbeitgeberdarlehen, qualifiziertes Zwischenzeugnis und Endzeugnis, Recht zum vorzeitigen Ausscheiden und Rückgabe von Sachen. Das Arbeitsgericht hat den Streitwert für das Verfahren und für den Vergleich auf 27.104,28 € festgesetzt. Hiergegen wendet sich die Beschwerde. Diese geht im Hinblick auf die Freistellungsregelung, die Zeugnisregelung und die Regelung zur Privatnutzung des Firmenwagens von einem Streitwert für den Vergleich von 95.185,36 € aus. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist weitgehend unbegründet.
1. Der Streitwert für das Verfahren beträgt 27.104,28 €.
Der Kündigungsschutzantrag ist mit dem Vierteljahresentgelt (3 x 9.034,76 €) nach §42 Abs. 3 Satz 1 GKG zu bewerten. Für den Antrag auf Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses, der ergänzend zum Kündigungsschutzantrag gemäß § 4 Satz 1 KSchG gestellt wird, fällt ein besonderer Streitwert nicht an (LAG Hamm 03.02.2003 - 9 Ta 520/02). Hierfür spricht schon § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG. Der Fortbestandsantrag zielt zudem regelmäßig nur auf die Verlängerung der Anrufungsfrist (§ 6 KSchG analog) und auf die Vorbereitung einer noch nicht absehbaren Klageerweiterung, ohne schon einen weiteren streitigen Beendigungstatbestand in den Rechtsstreit einzuführen (im Ergebnis in ständiger Rechtsprechung auch LAG Düsseldorf, Beschlüsse vom 11.08.2005 - 17 Ta 430/05, 21.12.2006 - 6 Ta 640/06, 30.01.2007 - 6 Ta 4/07, 24.04.2007 - 6 Ta 158/07, 08.05.2007 - 6 Ta 99/07). Mit der Formulierung "zu unveränderten Bedingungen .... fortbesteht" ist ausweislich der Klagebegründung nicht zusätzlich der Inhalt des Arbeitsverhältnisses zum Streitgegenstand erhoben worden.
2. Der Streitwert für den Prozessvergleich beträgt 29.362,97 €.
2.1. Die Streitwertfestsetzung richtet sich für das Verfahren und den Prozessvergleich nach § 63 Abs. 2 GKG i. V. m. § 32 Abs. 1 RVG und nicht nach § 33 RVG (LAG Schleswig-Holstein 29.12.2000 - 3 Ta 90/00; LAG Thüringen 05.03.2003 - 8 Ta 9/2003; LAG Nürnberg 22.10.2009 - 4 Ta 135/09; LAG Nürnberg 08.12.2008 - 4 Ta 148/08; LAG Nürnberg 25.06.2007 - 7 Ta 101/07; LAG Düsseldorf 26.01.2011 - 2 Ta 600/10; LAG Düsseldorf 29.03.2010 - 6 Ta 130/10; LAG Düsseldorf 20.04.2006 - 6 Ta 114/06; LAG Düsseldorf 07.06.2006 - 6 Ta 262/06; LAG Düsseldorf 08.05.2007 - 6 Ta 99/07; LAG Düsseldorf 29.03.2010 - 6 Ta 130/10; LAG Düsseldorf 23.10.1986 - 7 Ta 313/86; LAG Düsseldorf 27.05.2002 - 17 Ta 221/02; LAG Düsseldorf 22.08.2005 - 17 Ta 477/05; LAG Hamm 30.06.2006 - 6 Ta 136/06; LAG Hamm 28.04.2006 - 6 Ta 95/06; LAG Baden-Württemberg 04.04.2005 - 3 Ta 44/05). Dies gilt auch für die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts (LAG Baden-Württemberg 04.04.2005 - 3 Ta 44/05; LAG Baden-Württemberg 21.02.2006 ...