Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit der Arbeitsgerichte für rechtswegfremde Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
1. Wird ein einzelner prozessualer Anspruch auf mehrere materielle-rechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt, hat das angerufene und jedenfalls für eine der Anspruchsgrundlagen zuständige Gericht nach § 17 Abs. 2 S. 1 GVG eine umfassende Prüfungskompetenz, sodass es den Anspruch unter allen rechtlichen Gesichtspunkten und damit auch rechtswegfremde Anspruchsgrundlagen zu prüfen hat. Ausgenommen davon bleiben allerdings Amtshaftungsansprüche, für die aufgrund der Sonderregelung in § 17 Abs. 2 S. 2 GVG i.V.m. Art. 34 S. 3 GG die alleinige Entscheidungszuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist.
2. Werden mit einer beim Arbeitsgericht anhängigen Klage mehrere selbständige prozessuale Ansprüche geltend gemacht, ist die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten für jeden selbständigen prozessualen Streitgegenstand gesondert zu prüfen. Ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für einzelne prozessuale Streitgegenstände nicht eröffnet, so ist der Rechtstreit hinsichtlich dieses Streitgegenstandes teilweise an das Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen. Eine solche Teilverweisung des Rechtstreits kommt dagegen bei einem einheitlichen prozessualen Anspruch auch dann nicht in Betracht, wenn der einheitliche prozessuale Anspruch unter Berufung auf mehrere Anspruchsgrundlagen, u.a. auch auf Amtshaftung, geltend gemacht wird. Das angerufene Arbeitsgericht darf allerdings in diesem Fall die Amtshaftungsansprüche nicht prüfen, da für die Prüfung der Amtshaftungsansprüche aufgrund der Sonderregelung des § 17 S. 2 GVG i.V.m. Art. 34 S. 3 GG ausschließlich die Zivilgerichte zuständig sind.
Normenkette
GG Art. 34; BGB § 839; GVG § 17
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Aktenzeichen 3 Ca 1189/15) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 02.12.10.2015 - 3 Ca 1189/15 insoweit aufgehoben, als es den Rechtsstreit hinsichtlich des vom Kläger auf Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG gestützten Schadensersatzanspruch an das Landgericht Arnsberg verwiesen hat.
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsgericht den auf Amtshaftung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG gestützten Schadensersatzanspruch nicht prüfen darf.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt.
Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 9403,24 € festgesetzt.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug um die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten für den von der Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruch, soweit er auf die Amtshaftung der Beklagten nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG gestützt wird.
Der Kläger war in der Zeit vom 01.12.1971 bis zum 31.03.2009 bei den britischen Stationierungsstreitkräften beschäftigt. Nach seinem Arbeitsvertrag waren auf das Arbeitsverhältnis wie Tarifverträgen für die Arbeitnehmer bei den Stationierungsstreitkräften im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anwendbar.
Unter dem 24.08.2015 hat der Kläger gegen die Beklagte in Prozessstandschaft für das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland Klage auf Schadensersatz erhoben, die er auf schuldhafte Verletzung der Arbeitsvertragspflichten sowie eine Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 stützt.
Im Gütetermin hat das Arbeitsgericht die Parteien darauf hingewiesen, dass für den auf Amtshaftung der Beklagten gestützten Schadensersatzanspruch der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG eröffnet sein dürfte. Nachdem die Parteien von der ihnen eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme Gebrauch gemacht haben, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 02.12.2015 festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten insoweit nicht geöffnet ist, als die Schadensersatzansprüchen auf eine Amtshaftung der Beklagten gestützt werden und hat insoweit den Rechtsstreit an das Landgericht Arnsberg verwiesen. Im übrigen hat es die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Arbeitsberichten angenommen.
Gegen den am 04.01.2016 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts hat die Beklagte am 14.01.2016 sofortige Beschwerde eingelegt und begründet, der das Arbeitsgericht mit Kammerbeschluss vom 26.02.2016 nicht abgeholfen hat.
Zur Begründung der sofortigen Beschwerde trägt die Beklagte insbesondere vor, dass das Arbeitsgericht zu Unrecht den Rechtsstreit "teilweise" an die ordentliche Gerichtsbarkeit verwiesen habe, weil der Kläger den auf zwei materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen gestützten Schadensersatzanspruch aus demselben Lebensvorgang ableite, so dass lediglich ein prozessualer Streitgegenstand vorliege. In einem solchen Fall sei eine Teilverweisung selbst dann nicht zulässig, wenn der Kläger den auf Amtshaftung gestützten Schadensersatzanspruch schlüssig dargelegt hätte, was allerdings vorliegend schon deswegen nich...