Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrichtung einer Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit. ausreichende vorherige Verhandlungen. Person des Vorsitzenden der Einigungsstelle
Leitsatz (redaktionell)
1. Gemäß § 98 Abs. 1 S. 1 ArbGG kann ein Antrag auf Bestellung eines Einigungsstellenvorsitzenden und auf Festsetzung der Zahl der Beisitzer wegen fehlender Zuständigkeit der Einigungsstelle nur dann zurückgewiesen werden, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle, wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegenheit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt und sich die beizulegende Streitigkeit zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat erkennbar nicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand des Betriebsverfassungsgesetzes subsumieren lässt.
2. Die Einigungsstelle ist nicht offensichtlich unzuständig, wenn eine der Betriebsparteien aufgrund des bisherigen Verhaltens der anderen Partei die weitere Führung von Verhandlungen für aussichtslos hält, das Scheitern der Verhandlungen erklärt und die Einigungsstelle anruft. Ist der Regelungsgegenstand hinreichend bekannt, liegt es in der Hand jeder Seite, frei zu entscheiden, wann sie die Errichtung einer Einigungsstelle mit gerichtlicher Hilfe für notwendig erachtet. Hält ein Betriebspartner weitere Verhandlungen aufgrund des bisherigen Verhaltens der Gegenseite für aussichtslos und ruft er das Arbeitsgericht zur Einsetzung einer Einigungsstelle nach § 98 ArbGG an, so ist diese auch nicht deswegen offensichtlich unzuständig, weil der Verhandlungsanspruch nach § 74 Abs. 1 S. 2 BetrVG noch nicht oder noch nicht vollständig erfüllt worden ist. Andernfalls hätte es die verhandlungsunwillige Seite in der Hand, die Einsetzung einer Einigungsstelle längere Zeit zu blockieren.
3. Die bloße Ablehnung des im ersten Rechtszug bestellten Vorsitzenden durch eine Betriebspartei ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe ist insoweit unzureichend einen anderen Vorsitzenden einzusetzen.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 111 S. 3 Nr. 4
Verfahrensgang
ArbG Dortmund (Beschluss vom 22.12.2008; Aktenzeichen 5 BV 300/08) |
Tenor
Die Beschwerde der Personalvertretung C1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.12.2008 – 5 BV 300/08 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Luftfahrtunternehmen mit Sitz in D3. Sie beschäftigt ca. 300 Piloten in ihrem Flugbetrieb. Für diese ist aufgrund eines Tarifvertrages nach § 117 Abs. 2 BetrVG – TV PV C1 Nr. 1 – eine Personalvertretung C1, die Beteiligte zu 2., gebildet, die aus fünf Personen besteht.
Die Arbeitgeberin beabsichtigt, etwa ab Juni 2009 mit der Ausflottung des Flugzeugmusters Typ BAe zu beginnen und dieses sukzessive durch das Flugzeugmuster CRJ 900 zu ersetzen. Von dieser Maßnahme werden ca. 15 Flugzeuge bzw. 149 Mitarbeiter betroffen sein.
Bereits im Dezember 2008 hatte die Arbeitgeberin mit den entsprechenden Umschulungen der bislang auf dem Flugzeugmuster BAe eingesetzten Mitarbeiter auf das Flugzeugmuster CRJ 900 begonnen. Diese Maßnahme war Gegenstand eines vor dem Arbeitsgericht Dortmund geführten einstweiligen Verfügungsverfahrens – 5 BVGa 23/08 –.
Die Personalvertretung C1 war bereits am 23.10.2008 in einem ersten Informationsgespräch über die geplante Änderung der Flugzeugmuster informiert worden, ihr war ein erster Interessenausgleichsentwurf überreicht worden.
Unter Hinzuziehung von Rechtsanwälten wurden sodann die Verhandlungen über einen Interessenausgleich am 12.11.2008 aufgenommen. Nach einem E-Mail-Verkehr zwischen den Beteiligten (Bl. 9 f. d.A.) und der Beantwortung eines Fragenkatalogs der Personalvertretung C1 durch die Arbeitgeberin fanden weitere Verhandlungen am 21.11.2008 und am 02.12.2008 statt. Am 03./04.12.2008 wurden weitere Interessenausgleichsentwürfe gewechselt. Danach zeichnete sich in Telefonaten zwischen den beauftragten Rechtsanwälten vom 10. und 12.12.2008 ab, dass eine Einigung über einen Interessenausgleich entgegen der ursprünglichen Annahme beider Beteiligter nicht zustande kommen würde. Mit E-Mail vom 16.12.2008 erklärte daraufhin die Arbeitgeberin die Verhandlungen über den Versuch eines Interessenausgleichs für gescheitert.
Mit dem am 16.12.2008 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrte die Arbeitgeberin die Einsetzung einer Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Dem Antrag seien ernsthafte Verhandlungen vorausgegangen, die von ihr jedoch zu Recht für gescheitert erklärt worden seien.
Der vorgeschlagene Vorsitzende der einzusetzenden Einigungsstelle sei ein erfahrener Einigungsstellenvorsitzender und mit den Besonderheiten des Flugbetriebs der Arbeitgeberin vertraut, weil er bereits mehrfach Einigungsstellen bei der ...