Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenbesetzung. offensichtliche Unzuständigkeit. Einrichtung einer Videoanlage. ausreichende vorherige Verhandlungen. Streit um Person des Einigungsstellenvorsitzenden und um Anzahl der Beisitzer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die bloße Ablehnung eines von einer Betriebspartei vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden durch die andere Betriebspartei ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe spricht nicht gegen dessen Einsetzung.

2. Eine Einigungsstelle hat regelmäßig mit zwei Beisetzern pro Seite besetzt zu werden.

 

Normenkette

BetrVG §§ 75, 87 Abs. 1 Nr. 6; ArbGG § 98

 

Verfahrensgang

ArbG Herford (Beschluss vom 10.02.2010; Aktenzeichen 1 BV 6/10)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herford vom 10.02.2010 – 1 BV 6/10 – wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Im Betrieb der Arbeitgeberin, einem Betrieb der Zulieferindustrie für die Küchenmöbelherstellung, sind ca. 140 Mitarbeiter beschäftigt. In ihrem Betrieb ist ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt.

Im Betrieb der Arbeitgeberin haben in der Vergangenheit mehrere Einigungsstellen mit verschiedenen Regelungsgegenständen, jeweils unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des LAG Hamm, Herrn Dr. S3, getagt. Diese Einigungsstellenverfahren wurden erfolgreich abgeschlossen.

Im Herbst 2009 verhandelten die Betriebsparteien über die Einführung einer Videoüberwachung des Außengeländes des Betriebes der Arbeitgeberin. Hierzu erstellte die Arbeitgeberin einen Entwurf einen „Betriebsvereinbarung 6,01h” (Blatt 41 f. der Akten), die die Videoüberwachung der Außenhaut der durch das Unternehmen genutzten Gebäude sowie Grundstücksflächen betraf. Auf die Einzelheiten dieses Betriebsvereinbarungsentwurfs (Blatt 41 f. der Akten) wird Bezug genommen.

Der Betriebsrat nahm zu diesem Entwurf mit Schreiben vom 15.10.2009 (Blatt 56 ff. der Akten) Stellung. Die Arbeitgeberin erwiderte hierauf mit Schreiben vom 04.11.2009 (Blatt 60 f. der Akten) und bat um eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats bis zum 12.11.2009. Der Betriebsrat stellte hierauf weitere Fragen an die Arbeitgeberin, die daraufhin zu einem Gespräch mit dem Betriebsrat am 11.12.2009 einlud. Mit Email vom 08.12.2009 teilte der Betriebsrat mit, dass er diesen Termin für sinnlos halte und nahm den Gesprächstermin nicht wahr. Daraufhin erklärte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 10.12.2009 (Blatt 63 der Akten) die Verhandlungen für gescheitert und schlug den Direktor des Arbeitsgerichts Hamm, Herrn Dr. W1 als Vorsitzenden einer Einigungsstelle vor. Auf ein Schreiben des Betriebsrats vom 10.12.2009 teilte die Arbeitgeberin mit Schreiben vom 07.01.2010 (Blatt 64 der Akten) gegenüber dem Betriebsrat mit, dass sie die innerbetrieblichen Verhandlungen nach wie vor für gescheitert ansehe und weitere Verhandlungen nicht mehr erfolgversprechend seien; ferner bat sie den Betriebsrat, binnen einer Woche zu ihrem Vorschlag der Besetzung einer Einigungsstelle Stellung zu nehmen. Eine Einigung hierzu scheiterte.

Mit dem am 26.02.2010 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren begehrte die Arbeitgeberin daraufhin die Einberufung einer Einigungsstelle.

Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, die einzurichtende Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Die Videoüberwachung, die nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG mitbestimmungspflichtig sei, sei notwendig, weil es, wie sie behauptet hat, in der Vergangenheit Beschädigungen von am Betriebsgelände abgestellten Mitarbeiterfahrzeugen durch Externe gegeben habe. Darüber hinaus sei neben dem Diebstahl diverser Fahrräder und Mofas auch ein Mercedes Transporter mit einem Zeitwert von ca. 8.000,00 Euro entwendet worden. Sowohl in das Büro der Geschäftsführung als auch in die Werkstatt sei eingebrochen worden. Außerdem sei randaliert worden, eine Fensterscheibe eingeschlagen und Granulatsäcke zerschnitten worden.

Der Regelungsgegenstand sei dem Betriebsrat hinreichend bekannt, es hätten auch ausreichende Verhandlungen mit dem Betriebsrat über die Einführung einer Videoüberwachung des Außengeländes stattgefunden. Das Vorgehen des Betriebsrats zeige, dass er lediglich die Verhandlungen verzögern und blockieren wolle.

Der von der Arbeitgeberin vorgeschlagene Einigungsstellenvorsitzende sei als Direktor eines Arbeitsgerichts erfahren und zweifellos unparteiisch. Die Anzahl der Beisitzer entspreche der Regelbesetzung.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

  1. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Videoüberwachung außerhalb der Produktionsräume” den Direktor des Arbeitsgerichts Hamm, Dr. W1, zu bestellen,
  2. die Zahl der Beisitzer pro Seite auf zwei festzusetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Anträge abzuweisen,

hilfsweise,

  1. zum Vorsitzenden der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Vereinbarungen über die Videoüberwachung der Außenhaut der durch das Unternehmen genutzten Gebäude sowie der Grundstücksflächen” den Vorsitzende ...

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