Entscheidungsstichwort (Thema)

Einigungsstellenbesetzung. offensichtliche Unzuständigkeit. Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats oder des Gesamtbetriebsrats. Person des Einigungsstellenvorsitzenden. rechtsmissbräuchliche Antragstellung

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Einigungsstellenbesetzungsverfahren nach § 98 ArbGG ist auch hinsichtlich der Frage, ob Betriebsrat oder Gesamtbetriebsrat zuständig ist, nur die offensichtliche Unzuständigkeit zu prüfen.

 

Normenkette

BetrVG § 76 Abs. 2, § 50; ArbGG § 98; BGB § 242

 

Verfahrensgang

ArbG Münster (Beschluss vom 08.04.2010; Aktenzeichen 2 BV 12/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 08.04.2010 – 2 BV 12/10 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.

Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 900 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in drei Betrieben in B6, M1 und H2, in denen jeweils ein eigenständiger Betriebsrat gewählt ist.

Ferner ist im Unternehmen der Arbeitgeberin ein Gesamtbetriebsrat errichtet, dessen Vorsitzender zugleich der Vorsitzende des antragstellenden Betriebsrats in M1 ist.

Die Betriebe der Arbeitgeberin in B6, M1 und H2 befassen sich mit der Versorgung von Blutpräparaten in Nordrhein-Westfalen.

Nachdem die Arbeitgeberin, die nicht tarifgebunden ist, Anfang 2005 die im Unternehmen übliche Praxis aufgegeben hatte, die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter am Tarifwerk des öffentlichen Dienstes – seinerzeit BAT – zu orientieren, der Abschluss eines Haustarifvertrags mit der Gewerkschaft ver.di jedoch abgelehnt wurde, kam es in den Betrieben der Arbeitgeberin zu Warnstreiks und zu einem Tarifabschluss mit einer Gewerkschaft DHV (Deutscher Handels- und Industrieangestellten-Verband im CGB). Weitere Verhandlungen und Arbeitskampfmaßnahmen führten sodann auch zum Abschluss eines Haustarifvertrages zwischen der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft ver.di im März 2007. Seither kam es zwischen den Beteiligten zu zahlreichen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren und Einigungsstellenverfahren, die unter anderem die Tarifsituation im Unternehmen der Arbeitgeberin zum Gegenstand hatten.

Nach Abschluss der Haustarifverträge mit der DHV einerseits und der Gewerkschaft ver.di andererseits wurde den Mitarbeitern ein Wahlrecht eingeräumt; sie konnten sich zwischen Arbeitsverträgen mit Bezugnahme auf das DHV-Tarifwerk oder auf das mit ver.di vereinbarte Tarifwerk entscheiden.

Nach Einräumung dieses Wahlrechts gegenüber der Belegschaft machte der antragstellende Betriebsrat in M1 ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG geltend und forderte die Arbeitgeberin auf, eine Einigungsstelle zur Frage der betrieblichen Lohngestaltung einzurichten. Nachdem die Arbeitgeberin diesem Ansinnen nicht nachkam, leitete der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Münster – 4 BV 12/07 – ein Beschlussverfahren zur Einrichtung einer entsprechenden Einigungsstelle ein. Durch Beschluss vom 22.08.2007 – 4 BV 12/07 Arbeitsgericht Münster – wurde auf Antrag des Betriebsrats wegen der Aufstellung eines Eingruppierungssystems gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG die Einigungsstelle eingerichtet und der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht, der heutige Vizepräsident, Dr. H3 S4, zum Vorsitzenden bestellt; die Zahl der Beisitzer wurde auf je drei festgesetzt. Der Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 22.08.2007 wurde rechtskräftig.

Nachdem die Beteiligten zusätzlich über die Verteilung einer Erfolgsprämie, die in § 5 des zwischen der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft DHV abgeschlossenen Entgelttarifvertrags vom 31.10.2006 in der Fassung der Protokollnotiz vom 09.02.2007 vorgesehen war, keine Einigung erzielen konnten, leitete der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Münster ein weiteres Einigungsstellenbesetzungsverfahren – 3 BV 12/08 – ein. In diesem Einigungsstellenbesetzungsverfahren bestritt die Arbeitgeberin unter anderem die Zuständigkeit der einzurichtenden Einigungsstelle. Durch Vergleich vom 29.05.2008 – 3 BV 12/08 Arbeitsgericht Münster – einigten sich die Beteiligten darauf, dass der mit dem Antrag in diesem Verfahren bezeichnete Gegenstand der einzurichtenden Einigungsstelle mit der bereits der aufgrund des Verfahrens 4 BV 12/07 Arbeitsgericht Münster eingerichteten Einigungsstelle verbunden wird. Der Arbeitgeberin blieb vorbehalten, Bedenken gegen die Zuständigkeit der Einigungsstelle bezüglich des mit dem Verfahren 3 BV 12/08 beantragten Gegenstands geltend zu machen.

Die eingerichtete Einigungsstelle tagte daraufhin in mehreren Sitzungen, unter anderem am 14.05.2008, 17.11.2008 und am 14.08.2009. In den Sitzungen der Einigungsstelle bestritt die Arbeitgeberin insoweit die Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats in M1.

Nachdem der Gesamtbetriebsrat im Auftrag des Betriebsrats B6 ebenfalls wegen der Verteilung der Erfolgsprämie die Einrichtung einer Einigungsstelle beim Arbeitsgericht Düsseldorf – 6 BV 102/09 – beantragt und in diesem Verfahren ebenfalls den Vizepräsidenten des Landesarbeits...

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