Gegen diesen Beschluss findet für keine der Parteien ein Rechtsmittel statt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachträgliche Klagezulassung. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens. Kündigungszugang. mehrere Kündigungen. einheitlicher Kündigungsvorgang. Antragsfrist. Empfangsbote

 

Leitsatz (redaktionell)

Im Rahmen des Verfahrens über die nachträgliche Klagezulassung nach § 5 KSchG ist nicht zu befinden, ob die Kündigungsschutzklage tatsächlich verspätet im Sinne von § 4 S. 1 KSchG erhoben wurde. Diese Frage ist dem Hauptsacheverfahren vorbehalten (Bestätigung von LAG Hamm, Beschluss v. 20.07.2005 – 1 Ta 242/05).

 

Normenkette

KSchG § 5; BGB §§ 130, 278; ZPO § 85

 

Verfahrensgang

ArbG Iserlohn (Beschluss vom 22.12.2005; Aktenzeichen 4 Ca 2861/05)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 22.12.2005 – 4 Ca 2861/05 – teilweise abgeändert.

Der Antrag der Klägerin auf nachträgliche Klagezulassung wird als unzulässig verworfen, soweit er sich auf eine per Einschreiben übermittelte Kündigung der Beklagten vom 29.07.2005 erstreckt.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde (soweit sie sich auf die per Botin zugestellte Kündigung der Beklagten vom 29.07.2005 erstreckt) zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Wert des Beschwerdegegenstandes:

5.136,00 EUR

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin erstrebt die nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage.

Die im Oktober 1980 geborene, verheiratete Klägerin wurde von der Beklagten mit Wirkung ab April 2003 als kaufmännische Angestellte eingestellt. Sie bezog zuletzt ein Gehalt von durchschnittlich 1.712,00 EUR brutto im Monat. Im Juni 2005 erteilte ihr die Beklagte drei Abmahnungen, gegen die sie sich mit einer am 12.07.2005 anhängig gemachten Klage zur Wehr setzte (Arbeitsgericht Iserlohn 4 Ca 2160/05). Der Rechtsstreit ruht zur Zeit.

Die Klägerin war ab Ende Juni 2005 arbeitsunfähig erkrankt.

Mit Schreiben vom 29.07.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31.08.2005. Am 05.09.2005 informierte die Klägerin ihren Prozessbevollmächtigten aus dem Verfahren 4 Ca 2160/05, der auch ihr jetziger Prozessbevollmächtigter ist, darüber, dass die Krankenkasse ihr mitgeteilt habe, dass sie zum 31.08.2005 bei der Kasse abgemeldet worden sei. Auf die Anfrage ihres Prozessbevollmächtigten vom 07.09.2005, was es mit dieser Tatsache auf sich habe, verwies der Prozessbevollmächtigte der Beklagten mit Fax vom 09.09.2005 darauf, in den Briefkasten der Klägerin sei am 29.07.2005 durch die Zeugin M3xxxx ein Kündigungsschreiben geworfen worden. Dieser Umstand wurde im Gütetermin des Verfahrens 4 Ca 2160/05 am 13.09.2005 in Anwesenheit der Klägerin sowie deren Ehemanns erörtert. Die Klägerin stellte in der Verhandlung den Erhalt einer Kündigung in Abrede. Im Anschluss an den Gütetermin brach der Ehemann der Klägerin noch im Gerichtsgebäude zusammen.

Mit der am 19.09.2005 beim Arbeitsgericht Iserlohn eingegangenen Klage hat die Klägerin beantragt,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29.07.2005 – der Kläger zugegangen am 13.09.2005 – aufgelöst ist, sondern ungekündigt fortbesteht;
  2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Hilfsweise hat sie außerdem beantragt,

die Klage nachträglich zuzulassen.

Nachfolgend hat sie außerdem ihre tatsächliche Weiterbeschäftigung bei der Beklagten begehrt.

Zu dem Antrag auf nachträgliche Klagezulassung hat die Klägerin behauptet, ihr Ehemann habe das Kündigungsschreiben im Briefkasten seiner mit im Hause wohnenden Eltern entnommen, in seine Jacke gesteckt und dann vergessen, es ihr auszuhändigen. Dies sei ihm erst bei der Güteverhandlung am 13.09.2006 wieder eingefallen, was offensichtlich zu seinem körperlichen Zusammenbruch geführt habe. Sie habe das Kündigungsschreiben an diesem Tag zu Hause in der Jacke gefunden und ihren Anwalt verständigt.

Die Beklagte hat vorgetragen, die Mitarbeiterin M3xxxx habe am Morgen des 29.07.2005 das Kündigungsschreiben in den Briefkasten der Klägerin geworfen.

Mit Schriftsatz vom 12.10.2005, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21.10.2005 zugestellt wurde, hat sie außerdem angegeben, die Kündigung sei der Klägerin zusätzlich auch per Einschreiben vom 29.07.2005 übermittelt worden. Das Einschreiben sei nicht angenommen worden. Im Kammertermin vom 17.11.2005 hat die Beklagte die Ablichtung des Einschreibens vorgelegt, welches den Vermerk der Deutschen Post trägt: „Annahme verweigert”.

Die Klägerin hat dazu im Kammertermin vorgetragen, sie habe zu keinem Zeitpunkt die Annahme eines Einschreibens der Beklagten verweigert.

Das Arbeitsgericht hat nach uneidlicher Vernehmung des Ehemanns der Klägerin, des Zeugen H3xxx M1xx und der Zeugin M3xxx die Kündigungsschutzklage vom 19.09.2005 nachträglich zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung sei der...

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