Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats. Ein-, Umgruppierung. längere systematische Unterweisung. Facharbeiten mit abgeschlossener Berufsausbildung. Lohnrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie vom 19.06.1990
Leitsatz (redaktionell)
1. Unter Umgruppierung i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG ist jede Änderung der Einreihung in die tarifliche oder betriebliche Lohn- oder Gehaltsgruppenordnung, also eine Neueingruppierung zu verstehen, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer ein höheres, niedrigeres oder weiterhin gleiches Arbeitsentgelt erzielt.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 BetrVG besteht in den Fällen der Umgruppierung in einem Recht auf Mitbeurteilung der Rechtslage. Die korrekte Einreihung eines Arbeitnehmers in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung ist Rechtsanwendung. Die Beteiligung des Betriebsrats soll dazu beitragen, dass dabei möglichst zutreffende Ergebnisse erzielt werden.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1, 2 Nrn. 1, 4, Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Beschluss vom 02.10.2008; Aktenzeichen 3 BV 28/08) |
Nachgehend
BAG (Aktenzeichen 4 ABN 111/09) |
Tenor
Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 02.10.2008 – 3 BV 28/08 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die zutreffende Eingruppierung von Maschinenführern.
Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Betrieb der Verpackungsindustrie ca. 400 Mitarbeiter. In ihrem Betrieb ist ein Betriebsrat gebildet, der aus neun Personen besteht.
Im Betrieb der Arbeitgeberin, die nicht tarifgebunden ist, wurden bisher aus historischen Gründen in Teilbereichen der Fertigung die Tarifverträge der Druckindustrie angewandt. Aufgrund von mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossenen Vereinbarungen wendet die Arbeitgeberin seit längerer Zeit die Tarifverträge der Papierverarbeitung, insbesondere den Lohnrahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunstoffe verarbeitenden Industrie vom 19.06.1990 – im Folgenden: LRTV – an. In Teilbereichen erzielten die Arbeitgeberin und der Betriebsrat keine Einigung über die Eingruppierung bestimmter Mitarbeiter in die entsprechenden Lohngruppen des LRTV. Offen waren insbesondere die Eingruppierung der Maschinenführer am sogenannten Rollenschneider, die der am Rollenschneider eingesetzten Hilfskräfte sowie die Eingruppierung weiterer Mitarbeiter, die im Bereich der Herstellung von Zigarettenschachteln eingesetzt sind.
Im Betrieb der Arbeitgeberin sind mehrere sogenannte Rollenschneider vorhanden, deren Aufgabe es ist, auf große Rollen in mehrere Bahnen – vorrangig für Teebeutel – bedruckte Rollen in die einzelnen Bahnen zu trennen. Zu diesem Zweck wird eine große Rolle eingangs der Maschine fixiert. Anschließend wird das auf der Rolle befindliche Papier in die Maschine eingeführt. In der Maschine befinden sich – entsprechend der Zahl der zu schneidenden Rollen – unterschiedlich viele Messer. Das auf der Rolle befindliche Papier durchläuft sodann mit hoher Geschwindigkeit die Maschine und wird am Ausgang der Maschine mit den dann auf Bahnbreite getrennten Papierstreifen wieder auf einzelne Rollen gespult.
Bei einem Auftragswechsel wird die Maschine vom vorhandenen Maschinenführer – unter-stützt von einem Helfer – neu eingerichtet.
Die im Betrieb der Arbeitgeberin etwa 10 bis 12 beschäftigten Mitarbeiter, die als Maschinenführer am Rollenschneider eingesetzt sind, haben folgende Tätigkeiten zu verrichten:
„– Unterlagen für die Aufträge zusammenstellen (Lauftasche, Etiketten, BAAN-Unterlagen, Schneidanweisung)
- Halbfertigware anfordern
- Maschine einrichten
- ggf. Messerwechsel (Ober- und Untermesser)
- Aufträge nach Kundenspezifikation aufschneiden incl. Qualitätskontrolle
(Druckfehler, Klebestellen, Fehlstellen)
- geschnittene Rollen nach Packspezifikation auf Palette ablegen
- Palette mit BAAN-Karte und Palettenkarte auszeichnen
- Aufträge abrechnen und in das BDE-System eingeben
- Selbständige Ausführung kleinerer Reparaturarbeiten”
Der Mitarbeiter V4 ist seit dem 23.01.1984 in der Unternehmensgruppe G1 beschäftigt. Er besitzt eine Ausbildung im Gastronomiebereich. Seit ca. 20 Jahren versieht er bei der Arbeitgeberin die Tätigkeit als Maschinenführer am Rollenschneider.
Der Mitarbeiter S5, gelernter Schlosser, ist seit dem 15.07.1991 bei der Arbeitgeberin tätig, er wird seit 1995 als Maschinenführer am Rollenschneider eingesetzt.
Die im Betrieb der Arbeitgeberin beschäftigten Maschinenführer am Rollenschneider waren bislang in die Lohngruppe IV des Lohntarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie eingruppiert. Ob sie anlässlich der Umgruppierung in eine Lohngruppe des Lohnrahmentarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer in der Papier, Pappe und Kunststoffe verarbeitenden Industrie vom 19.06.1990 – LRTV – in die Lohngruppe V oder in die Lohngruppen VI oder VII LRTV einzugruppieren sind, ist...