Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Form der Beschwerde. Zulässigkeit der Einlegung per E-Mail
Leitsatz (amtlich)
1. Eine wirksame Beschwerdeeinlegung kann bei Ausdruck einer übersandten E-Mail vorliegen.
2. Dabei ist es unerheblich, ob der Ausdruck zu einem Verwaltungsvorgang oder in die Verfahrensakte (hier PKH-Beiheft) gelangt.
Normenkette
ZPO § 127 Abs. 2, § 569 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Arnsberg (Entscheidung vom 19.08.2016; Aktenzeichen 2 Ca 262/15 O) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 19. August 2016 (2 Ca 262/15) aufgehoben.
Es verbleibt bei der durch Beschluss des Arbeitsgerichts Arnsberg vom 2. Juli 2015 bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist begründet.
1. Die Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO zulässig. Der Kläger hat sie insbesondere rechtzeitig erhoben. Der Beschluss vom 19. August 2016, der die Anordnung der Ratenzahlung enthielt, ist den Prozessbevollmächtigten des Klägers zulässigerweise (vgl. BAG 19. Juli 2006 - 3 AZB 18/06- Rn. 2, 11 f.) am 24. August 2016 zugestellt worden. Hiergegen hat der Kläger mit seiner E-Mail vom 1. September 2016, welche im Arbeitsgericht spätestens am 5. September 2016 ausgedruckt vorlag, rechtzeitig sofortige Beschwerde eingelegt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts wahrt diese EMail das Formerfordernis des § 569 Abs. 2 ZPO.
a) § 569 Abs. 2 ZPO stellt das Erfordernis der Einreichung einer Beschwerdeschrift auf, ohne die nähere Ausgestaltung festzulegen. Zur Auslegung kann daher grundsätzlich auf § 130 ZPO für die Anforderungen an bestimmende Schriftsätze zurückgegriffen werden. Gemäß § 130 Nr. 6 ZPO besteht das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift. In der Rechtsprechung herrscht allerdings Einigkeit, dass dann, wenn ein Anwaltszwang nicht besteht, was im Beschwerdeverfahren bezüglich der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 569 Abs. 3 Nr. 2, 78 Abs. 3 ZPO der Fall ist, Eingaben der Partei auch ohne Unterschrift zu beachten sind, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass es sich um einen Schriftsatz handelt, welcher der Partei tatsächlich zuzurechnen ist und im Übrigen den Anforderungen an § 569 Abs. 2 ZPO genügt, also die angefochtene Entscheidung benannt ist und die Erklärung enthalten ist, dass gegen die Entscheidung Beschwerde eingelegt wird (vgl. BGH 23. Oktober 2003 - IX ZB 369/02 - zu II. der Gründe m. w. N.; LAG Hamm 15. September 2010 - 14 Ta 318/10 - Rn 15; 24. März 2014 - 5 Ta 161/14 - II. der Gründe - n. v.).
Dementsprechend kann auch ein E-Mail für eine wirksame Beschwerdeeinlegung ausreichend sein, selbst wenn die Voraussetzungen für ein elektronisches Dokument im Sinne des § 130a ZPO nicht vorliegen (vgl. hierzu und zum Folgenden: LAG Hamm 24. März 2014 - 5 Ta 161/14 - II. der Gründe - n. v.). Liegt diese nicht ausschließlich als elektronisches Dokument vor, sondern ist sie durch das Arbeitsgericht ausgedruckt, zur Akte genommen und mit dem Eingangsstempel versehen worden, liegt die Beschwerdeschrift in verkörperter Form vor, was für die Erhebung der Beschwerde ausreichend ist. An der insoweit abweichenden Auffassung in ihrem Beschluss vom 24. September 2009 (14 Ta 367/09 - n. v.) hat die 14. Kammer auf Anfrage der 5. Kammer nicht festgehalten.
b) Der Beklagte hat nach Erhalt des Zahlungsplans vom 26. August 2016 per Mail am 1. September 2016 mitgeteilt, dass er die Raten laut Zahlungsplan wegen der Aufnahme der Fortbildung zum Meister ab 13. September 2016 nicht zahlen könne. Das Arbeitsgericht hat im Rahmen eines Verwaltungsvorganges (Aktenzeichen 1420) mit Schreiben vom 5. September 2016 dem Beklagten mitgeteilt, dass per E-Mail keine "Schriftsätze, Mitteilungen oder sonstigen Einsendungen zu Verfahren übersandt werden" können eingelegt werden können und deswegen "Ihre Sendung ... daher nicht ausgedruckt und nicht zum Verfahren genommen worden" sei. Tatsächlich hat das Arbeitsgericht die E-Mail ausgedruckt und zum Verwaltungsvorgang mit dem Aktenzeichen 1420 genommen.
Wird die E-Mail ohne qualifizierte Signatur von der Partei in einem Prozesskostenhilfeverfahren (hier nach Zustellung eines die Ratenzahlung anordnenden Beschlusses im Nachprüfungsverfahren sowie des Zahlungsplanes) übersandt, nach Eingang bei Gericht ausgedruckt und der Ausdruck sodann lediglich zu einem Verwaltungsvorgang genommen, nicht aber zur Verfahrensakte, steht dies in Prozesskostenhilfeverfahren einer wirksamen Beschwerdeeinlegung nicht entgegen. Es kann nicht von der Zuordnung zu einem Verwaltungsvorgang abhängen, ob die Partei, welche sich erkennbar gegen eine gerichtliche Entscheidung wendet, an dem Schriftformerfordernis scheitert oder nicht. Wenn man anerkennt, dass im Falle ihrer Verkörperung an sich formunwirksame elektronische Dokumente geeignet sind, eine fristgerechte Einlegung des Rechtsmittels zu begr...