Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wahl. Freistellung. Betriebsratsmitglied. freizustellendes Betriebsratsmitglied. Verhältniswahl. Minderheit. Schutz. Minderheitenschutz. Anfechung
Leitsatz (amtlich)
Die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder hat bei zwei Wahlvorschlägen nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in einem Wahlgang zu erfolgen.
Normenkette
BetrVG §§ 3, 19, 38
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Beschluss vom 26.11.2004; Aktenzeichen 1 BV 31/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsratsmitglieds B1xxxxxxxx wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 26.11.2004 – 1 BV 31/04 – abgeändert.
Die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom 18.05.2004 wird für unwirksam erklärt.
Tatbestand
A.
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder.
Der Antragsteller B1xxxxxxxx ist Mitglied des am 13.05.2004 gewählten 27 köpfigen Betriebsrates der D1xxxxxxx T1xxxxx AG – T3-C2x, T4xxxxxxxxx I1xxxxxxxxx W6xx, der Beteiligten zu 20). Die Wahl fußt auf einem Zuordnungstarifvertrag für die D2xxxxxx T1xxxxx AG vom 15.05.2003 (im folgenden kurz: ZuordnungsTV). Danach wurde im Bereich der Region West unter anderem die Technische Infrastrukturniederlassung B3xxxx als „Betrieb im Sinne des § 1 Betriebsverfassungsgesetz” eingestuft; sie war hervorgegangen aus den ehemaligen drei Regionalniederlassungen B3xxxx, D6xxx und S9xxxx.
§ 4 Abs. 2 ZuordnungsTV lautet:
Der Betriebsrat kann nach vorheriger Beratung mit der Leitung der Organisationseinheit durch Beschluss für seine freigestellten Mitglieder vom Sitz des Betriebsrats abweichende Freistellungsorte festlegen. Dabei ist die Funktionsfähigkeit der Geschäftsführung des Betriebsrats, die Zusammenarbeit mit der Leitung der 6 Organisationseinheit, die Zusammenarbeit mit den weiteren am Standort eingerichteten Betriebsräten und der erforderliche Kontakt zu den Beschäftigten zu gewährleisten.
Nach der konstituierenden Sitzung des Betriebsrats am 18.05.2004 fand unmittelbar anschließend eine weitere 7 Betriebsratssitzung statt. Die diesbezüglich erlassene Tagesordnung lautet auszugsweise wie folgt:
TOP 5. Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder
TOP 5.1. Beratung mit dem Arbeitgeber über die:
TOP 5.1.1. Besetzung der Freistellungen
TOP 5.1.2. Sitz des Betriebsrates
TOP 5.1.3. Weitere Geschäftsstellen des Betriebsrates
TOP 5.2. Beschluss über die Anzahl der Freistellungen des Betriebsrates
TOP 5.2.1. Beschluss über den Sitz des Betriebsrates
TOP 5.2.2. Beschluss über weitere Geschäftsstellen des Betriebsrates
TOP 5.3. Wahl in die Freistellung des Betriebsrates
TOP 5.3.1. Region 1 B3xxxx
TOP 5.3.2. Region 2 D6xxx
TOP 5.3.3. Region 31 S9xxxx
In der Sitzung beschloss der vollzählig versammelte Betriebsrat, seine Organisation dem räumlichen Bereich der drei ehemaligen Regionalniederlassungen anzupassen. So fand jeweils eine getrennte Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder für die Regionen B3-xxxx, D6xxx und S9xxxx statt. Der jeweils einzige Wahlvorschlag für die Bereiche B3xxxx und D6xxx mit 7 bzw. 5 Freistellungen wurde einstimmig angenommen. Für die Region S9-xxxx mit ebenfalls 5 Freistellungen gab es zwei Wahlvorschläge. Neben einer aus 5 Personen bestehenden Vorschlagsliste gab es eine des antragstellenden Betriebsratsmitgliedes B1xxxxxxxx, mit der er sich selbst vorschlug. Bei der anschließenden Wahl erhielt er drei Stimmen und wurde deshalb nicht als freigestelltes Betriebsratsmitglied gewählt. Hinsichtlich des genauen Inhalts der Sitzungsniederschrift wird verwiesen auf die mit Antragsschriftsatz vom 26.05.2004 eingereichte Kopie (Bl. 14 ff. d. Akten).
Mit einem beim Arbeitsgericht am 27.05.2004 eingegangenen Antrag hat der Beteiligte B1xxxxxxxx sich gegen die Rechtmäßigkeit der Wahl gewandt. Er hat die Auffassung vertreten, die Wahl sei insgesamt unwirksam, weil sie in einem einheitlichen Wahlgang hätte erfolgen müssen. Durch einen „Trick” sei es erreicht worden, dass sämtliche der Gewerkschaft ver.di angehörenden Betriebsratsmitglieder freigestellt worden seien. Damit habe man gegen den Minderheitenschutz verstoßen.
Der Beteiligte B1xxxxxxxx hat beantragt,
die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder vom 18.05.2004 für unwirksam zu erklären.
Der Betriebsrat hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat die Meinung vertreten, der Antrag sei rechtsmissbräuchlich, weil das Betriebsratsmitglied B1xxxxxxxx selbst an der Arbeitsorganisation durch eine Aufteilung in drei Regionen mitgewirkt habe. Es sei notwendig gewesen, bereits die Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder an der notwendigen regionalen Betreuung auszurichten.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 26.11.2004 den Wahlanfechtungsantrag als ungegründet angesehen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, das Gesetz schließe bei der Wahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder mehrere Wahlgänge nicht aus. Dies gelte insbesondere dann, wenn – wie ...