Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschlussverfahren. leitender Angestellter. Status eines Chefarztes

 

Leitsatz (amtlich)

Der Chefarzt als Leiter einer kleineren Abteilung eines Krankenhauses ist regelmäßig nicht leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG.

 

Normenkette

BetrVG § 5 Abs. 3 S. 2. Nr. 3

 

Verfahrensgang

ArbG Hagen (Westfalen) (Beschluss vom 26.07.2005; Aktenzeichen 5 BV 41/04)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 05.05.2010; Aktenzeichen 7 ABR 97/08)

BAG (Aktenzeichen 10 (13) TaBV 165/05)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 26.07.2005 – 5 BV 41/04 – abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 3., Herr Dr. G1 O1, nicht leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG ist.

Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

A

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beteiligte zu 3., Herr Dr. O1, als leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG anzusehen ist.

Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin betreibt in S1 ein Krankenhaus, in dem derzeit etwa 530 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon derzeit etwa 95 Ärztinnen und Ärzte beschäftigt sind. Die Klinik ist in acht medizinische Abteilungen aufgeteilt, denen – bis auf die Röntgenabteilung – jeweils ein bzw. zwei leitende Abteilungsärzte als Chefärzte vorstehen. Bei diesen Abteilungen handelt es sich um die medizinische Klinik, in der im Jahre 2006 21 Ärzte beschäftigt waren, die chirurgische Klinik mit seinerzeit 16 Ärzten, die Frauenklinik mit seinerzeit 9 Ärzten, die Abteilung für Anästhesie/Intensiv mit insgesamt seinerzeit 13 Ärzten, die Kinderklinik mit seinerzeit 8 Ärzten, die urologische Klinik mit seinerzeit mit 8 Ärzten und die Radiologie mit seinerzeit mit 2 Ärzten. Seit dem Jahre 2006 sind in sämtlichen Stationen und Abteilungen weitere Ärzte eingestellt worden.

Seit dem 01.07.2004 wurde in der Klinik in S1 zusätzlich eine geriatrische Abteilung in Betrieb genommen, die seither von dem Beteiligten zu 3., der zum 15.06.2004 als „Chefarzt für die Akutgeriatrie sowie für die noch zu errichtende geriatrische Tagesklinik” gemäß Dienstvertrag vom 22.04.2004 (Bl. 16 ff.d.A.) eingestellt wurde, geleitet wird. In der Abteilung Geriatrie waren im Jahre 2006 neben dem Beteiligten zu 3. als Chefarzt ein Oberarzt, drei Assistenzärzte sowie im Pflegebereich 26,5 Vollkräfte tätig. Im Sommer 2008 wurde in der Abteilung Geriatrie ein zweiter Oberarzt eingestellt. Inzwischen sind dort einschließlich des Beteiligten zu 3. acht Ärzte sowie etwa 20 Arbeitnehmer/innen in der Pflege tätig.

Der Dienstvertrag des Beteiligten zu 3. vom 22.04.2004 lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1

„Tätigkeit und Aufgabengebiet

1) Der Dienstnehmer wird mit Wirkung vom 15.06.2004 als Chefarzt für die Akutgeriatrie sowie für die noch zu errichtende geriatrische Tagesklinik eingestellt. Sein Aufgabengebiet umfasst die Rechte und Pflichten eines Chefarztes der Geriatrischen Abteilung.

2) Der Dienstnehmer ist leitender Angestellter. Er ist nach Absprache mit den Fachkollegen und im Rahmen des Personalbudgets zur selbständigen Einstellung und Entlassung von ärztlichen Mitarbeitern berechtigt. Arbeitszeugnisse werden von ihm und der Verwaltungsleitung gemeinsam unterzeichnet. Die Verwaltungsleitung hat hierbei insbesondere auf die Übereinstimmung mit den arbeitsrechtlichen Bestimmungen zu achten.

3) Weitere seiner Stellung als leitender Mitarbeiter entsprechende Aufgaben können ihm übertragen werden. Der Dienstgeber hat das Recht, strukturelle und organisatorische Veränderungen im Betriebsablauf vorzunehmen.

4) Der Dienstnehmer ist gegenüber dem medizinischen Personal grundsätzlich weisungsberechtigt; gegenüber Ärzten jedoch nur insoweit, als diese ihm in ihrem Aufgabengebiet nachgeordnet sind.

5)…

§ 5

Allgemeine Rechte und Pflichten

1) Der Dienstnehmer beteiligt sich im erforderlichen Umfang an solchen Gremien, die der Dienstgeber im Hinblick auf ein optimales Betriebsmanagement für notwendig erachtet. Er unterstützt die Fortbildung der nachgeordneten Mitarbeiter gemäß dem stand ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten und bildet sich selbständig weiter. Auf Verlangen des Dienstgebers hat der Dienstnehmer seine eigene Weiterbildung nachzuweisen.

2) Die Dienstaufsicht über den Dienstnehmer hat im Allgemeinen der Dienstgeber. Im Speziellen ist der Dienstnehmer in ärztlichen Angelegenheiten dem Ärztlichen Direktor, in Verwaltungsangelegenheiten der Verwaltungsleitung unterstellt. Der Dienstnehmer wirkt an der Umsetzung dienstlicher Anordnungen und Weisungen sowie gesetzlicher Vorschriften mit. Bei Kompetenzkonflikten ist die Entscheidung der Gesellschafterversammlung der H1 K5 S1 GmbH einzuholen.

3. …

§ 6

Besondere Rechte und Pflichten

1) Der Dienstnehmer führt Heilbehandlungen selbständig, eigenverantwortlich, kooperativ und nach den Regeln der ärztlichen Kunst auf dem jeweils neuesten Stand der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse durch. Der Umfang seiner Leistungen wird durch Leistungsspektrum und Jahresbudg...

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