Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe. Beiordnung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die gegnerische Partei anwaltlich vertreten, ist bei der Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO nicht zu prüfen, ob diese gemäß § 11 a Abs. 2 ArbGG erforderlich ist.
2. Bei einer rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach den Grundsätzen des „stecken gebliebenen” Prozesskostenhilfegesuchs eine Beiordnung dann vorzunehmen, wenn sich der Bewilligungszeitraum mit dem Zeitraum der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite jedenfalls bis zur Beendigung der Instanz deckt.
Normenkette
ArbGG § 11a Abs. 2; ZPO § 121 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bocholt (Beschluss vom 06.11.2007; Aktenzeichen 3 Ca 1582/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 6. November 2007 teilweise abgeändert.
Dem Kläger wird für den Antrag zu 3) aus der Klageschrift Rechtsanwalt D1. H2 aus V1 beigeordnet.
Tatbestand
I.
Mit seiner am 30. August 2007 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung vom 9. August 2007, die Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses sowie – als Antrag zu 3) – die Verurteilung der Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Betrages von 11.540,– Euro verlangt. Zugleich hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Das Verfahren endete durch einen gerichtlichen Vergleich im Gütetermin vom 23. Oktober 2007. Die Beklagten waren anwaltlich erst ab dem 8. Oktober 2007 in dem Verfahren vertreten.
Mit der hier angefochtenen Entscheidung bewilligte das Arbeitsgericht nach Beendigung der Instanz dem Kläger rückwirkend Prozesskostenhilfe für die Kündigungsschutzklage sowie für den Zahlungsantrag, lehnte diese für den Antrag auf Erteilung eines Zeugnisses jedoch ab. Darüber hinaus beschränkte es die Beiordnung des Prozessbevollmächtigten auf die Kündigungsschutzklage. Eine Beiordnung hinsichtlich des Zahlungsantrages sei nicht erforderlich. Den geltend gemachten Forderungen lägen Abrechnungen zugrunde, weshalb es für die Klageerhebung keiner Kenntnisse bedürfe, die eine rechtskundige Hilfe erforderlich machen würden. Die Forderungen seien durch Anwendung der Grundrechenarten zu ermitteln. Der Fall sei einfach gelagert, der Kläger könne den Rechtsstreit von den intellektuellen Fähigkeiten her allein bewerkstelligen, gegebenenfalls mit Hilfe der Rechtsantragsstelle. Insoweit bedürfe es keiner Beiordnung, obwohl die Gegenseite anwaltlich vertreten gewesen sei.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 19. November 2007 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 11. Dezember 2007 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde. Nach Auffassung des Klägers erfordere die Durchsetzung der Entgeltansprüche angesichts der offensichtlichen Illiquidität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch die persönliche Inanspruchnahme der Gesellschafter, was detaillierte Rechtskenntnisse des Gesellschaftsrechts insbesondere zur persönlichen Haftung für Verbindlichkeiten der GbR erfordere. Es sei durchaus atypisch, nicht nur den Arbeitgeber selbst (hier die GbR), sondern auch die Gesellschafter verklagen zu müssen, um wirtschaftlich gesehen überhaupt Erfolg haben zu können.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit dem Bemerken nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde des Klägers ist zulässig. Dabei ist es unschädlich, dass in der Beschwerdeschrift der Beschluss mit einem falschen Datum bezeichnet und in der Begründung auf eine Ablehnung der Bewilligung statt der Beiordnung für den Antrag zu 3) abgestellt wird. Die Beschwerdeschrift setzt sich inhaltlich mit der Entscheidung zur Prozesskostenhilfe und der unterbliebenen Beiordnung auseinander. Daraus ist ersichtlich, dass die Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 6. November 2007 in diesem Punkt angegriffen wird.
2. Die sofortige Beschwerde ist begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war dem Kläger auch für den Zahlungsantrag ein Rechtsanwalt beizuordnen. Es geht zu Unrecht davon aus, dass im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei einer Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO in dem Fall, dass die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, noch eine Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen ist.
a) Nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO wird einer Partei, wenn eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Das Erfordernis der Anwaltsbeiordnung, um Waffengleichheit zu schaffen, kann auch nachträglich eintreten. Sind zunächst beide Parteien nicht anwaltlich vertreten, erteilt aber im Laufe des Verfahrens der Gegner ein Mandat, dann folgt aus § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO die Pflicht des Gerichts, nunmehr dem Hilfsbedürftigen auf Antrag nachträglich einen Wahlanwalt beizuordnen, ohne die Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen, das Gericht hat insoweit keinen Ermessensspielraum (vgl....