Entscheidungsstichwort (Thema)
Einrichtung einer Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit. tarifliche Leistungsbeurteilung. Mitbestimmung bei Aufstellung von Beurteilungsgrundsätzen. Beurteilungsverfahren. ausreichende vorherige Verhandlungen. Aussetzung des Besetzungsverfahrens. Vorsitz der Einigungsstelle. Zahl der Beisitzer
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Einigungsstelle mit dem Gegenstand der Umsetzung der tariflichen Leistungsbeurteilung ERA in Ergänzung der Betriebsvereinbarung „Zeitentgelt mit Leistungsbeurteilung CSE” ist nicht offensichtlich unzuständig.
2. Das Betriebsverfassungsgesetz normiert keine besonderen Voraussetzungen für das Amt des Einigungsstellenvorsitzenden. Die bloße Ablehnung eines von einer Betriebspartei vorgeschlagenen Einigungsstellenvorsitzenden durch die andere Betriebspartei ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe wird für unzureichend gehalten. Ein Einigungsstellenvorsitz soll möglichst mit einer Person besetzt werden, die das Vertrauen beider Seiten hat. Gerade weil beide Beteiligten im vorliegenden Verfahren den jeweils von der Gegenseite benannten, objektiv geeigneten Kandidaten für den Vorsitz der begehrten Einigungsstelle ohne Mitteilung nachvollziehbarer Gründe abgelehnt haben, war vom Beschwerdegericht der vom Arbeitsgericht bestellte Einigungsstellenvorsitzende zu bestätigen.
Normenkette
ArbGG § 98; BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10, § 94 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 09.11.2009; Aktenzeichen 4 BV 114/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 09.11.2009 – 4 BV 114/09 – unter Zurückweisung der Beschwerde des Betriebsrats im Übrigen und unter Zurückweisung der Beschwerde der Arbeitgeberinnen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Der Vorsitzende Richter am Landesarbeitsgericht Hamm, Herr P4 S8, wird zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Gegenstand der Umsetzung der tariflichen Leistungsbeurteilung ERA in Ergänzung der Betriebsvereinbarung „Zeitentgelt mit Leistungsbeurteilung CSE” vom 21.12.2008 bestellt.
Die Zahl der von jeder Seite zu benennenden Beisitzer wird auf drei festgesetzt.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Einrichtung einer Einigungsstelle.
Die Arbeitgeberinnen, die Beteiligten zu 2. bis 6., betreiben in H1 einen Gemeinschaftsbetrieb mit insgesamt ca. 3.100 Arbeitnehmern. Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin produziert Erntemaschinen mit ca. 2050 Arbeitnehmern.
Der antragstellende Betriebsrat vertritt alle Arbeitnehmer der Arbeitgeberinnen, der Beteiligten zu 2. bis 6., die bis auf die Beteiligte zu 4. tarifgebunden sind.
Auf die Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter der Arbeitgeberinnen finden die Tarifverträge der Metall- und Elektroindustrie NRW Anwendung, so auch das Entgeltrahmenabkommen – ERA – vom 18.12.2003, das in § 10 ein Zeitentgelt und eine Leistungszulage für die Beschäftigten regelt. Hierzu haben der Betriebsrat und die Arbeitgeberin zu 2. die Betriebsvereinbarung „Zeitentgelt mit Leistungsbeurteilung CSE” vom 21.02.2008 (Bl. 7 d. A.) abgeschlossen.
In der Folgezeit erstellte die Arbeitgeberin zu 2. ein Papier zur Information für Vorgesetzte, in der das Verfahren der Beurteilung beschrieben wird. Hiernach wird die Leistungsbeurteilung der Mitarbeiter, bevor sie endgültig vorgenommen wird, zwecks Einhaltung des Budgets überprüft, damit sichergestellt wird, dass es durch die Punktevergabe nicht zu einer Budgetüberschreitung kommt.
Hierzu gibt es ein Papier, das die beiden Bögen „Ampelfunktion” und „Einhaltung Budget” umfasst, die jeweils die Rubrik „Beurteilung Schnellerfassung” enthalten (Bl. 8, 9 d. A.). In dem Bogen „Ampelfunktion” heißt es:
„Zwei eingebaute Ampelfunktionen überprüfen nach jeder Änderung an der Punktevergabe, ob das Budget eingehalten wurde und mindestens 15 % Ihrer Mitarbeiter unter- sowie mindestens 15 % oberhalb des Korridors beurteilt wurden.”
Mit Schreiben vom 18.09.2008 (Bl. 10 d. A.) monierte der Betriebsrat das von den Arbeitgeberinnen vorgesehene Verfahren bei der Leistungsbeurteilung und vertrat die Auffassung, dass die vorgegebene Budgetierung sowie die Punktevolumina nicht den vertraglichen Bestimmungen entsprächen und das vorgenommene Beurteilungsverfahren automatisch zum Durchschnitt führe.
Den zur Beurteilung aufgerufenen Vorgesetzten wurde in der Folgezeit auch ferner ein Papier „Grundsätze der Leistungsbeurteilung” nebst einer beigefügten Matrix zur Verfügung gestellt (Bl. 11 – 14 d. A.).
Da der Betriebsrat die Auffassung vertrat, dass das vorgesehene Beurteilungsverfahren mitbestimmungspflichtig und nicht Gegenstand der Betriebsvereinbarung vom 21.02.2008 sei, machte er mit Schreiben vom 04.06.2009 (Bl. 15 d. A.) sein Mitbestimmungsrecht geltend, das die Beklagte mit Schreiben vom 02.07.2009 (Bl. 16 d. A.) in Abrede stellte. Der Betriebsrat leitete daraufhin beim Arbeitsgericht Bielefeld ein Beschlussverfahren – 2 BV 89/09 – ein, mit dem er Unterlassungsansprüche geltend machte.
Mit dem vorliegenden beim Arbeitsgericht a...