Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuständigkeit einer Einigungsstelle zum Thema Leistungsbewertung im Angestelltenbereich betreffend einzelne Arbeitnehmer
Leitsatz (redaktionell)
Eine Einigungsstelle ist mangels Mitbestimmungsrecht des Betriebsrat unzuständig für den Regelungsgegenstand "Leistungsbewertung im Angestelltenbereich gemäß Betriebsvereinbarung" in bestimmten Einzelfällen.
Normenkette
ArbGG § 100; BetrVG § 87 Abs. 1, § 94 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 31.07.2019; Aktenzeichen 7 BV 30/19) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 31. Juli 2019, Az. 7 BV 30/19, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Einsetzung und Besetzung einer Einigungsstelle nach § 100 ArbGG.
Die tarifgebundene Beteiligte zu 2) beschäftigt in ihrem Werk in A-Stadt circa 1.650 Arbeitnehmer/innen. Der Antragsteller ist der im Werk gebildete Betriebsrat. Im Betrieb gelangt das Entgeltrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie Rheinland-Pfalz (im Folgenden: ERA) zur Anwendung. In diesem Tarifvertrag heißt es auszugsweise:
"§ 7 Grundsätze der Entgeltgestaltung
(1) Die Beschäftigten werden in den Entgeltgrundsätzen Zeitentgelt oder Leistungsentgelt vergütet.
Im Zeitentgelt erhalten sie ein Grundentgelt und eine Leistungszulage, die sich durch Beurteilung gemäß § 8 ermittelt.
(...)
(2) Die Auswahl der in Ziff. (1) genannten Entgeltgrundsätze und ggf. deren Ausgestaltung sind betrieblich zu vereinbaren. (...)
§ 8 Zeitentgelt mit Beurteilung
(1) Für alle im Zeitentgelt Beschäftigten erfolgt die Beurteilung auf der Basis sachgerechter und betrieblich zu vereinbarender Kriterien. Sie erhalten aufgrund ihrer persönlichen Leistung - entsprechend dem Ergebnis der betrieblichen Beurteilung - eine Leistungszulage (...)
Die Beurteilung der Leistung obliegt dem Arbeitgeber. (...)
(2) In der Betriebsvereinbarung über das Beurteilungsverfahren ist mindestens folgendes festzulegen:
a) Die Beurteilungsmerkmale und -stufen
b) Die Gesamtpunktzahl und ihre Verteilung auf die Merkmale (Gewichtung)
c) Ggf. Funktionsbereiche, die mit unterschiedlichen Gewichtungen versehen werden können.
(3) Kommt es über den Abschluss der Betriebsvereinbarung gemäß Ziff. (1) und (2) zu keiner Einigung, so entscheidet die Einigungsstelle gem. § 76 BetrVG, es sei denn, der Arbeitgeber entscheidet sich bis zur ersten Sitzung der Einigungsstelle für die Anwendung des im Anhang A enthaltenen Beurteilungsverfahrens. Dieses gilt entsprechend bei einer Kündigung der Betriebsvereinbarung.
(...)
(6) Die Leistungsbeurteilung soll einmal im Jahr überprüft werden.
(...)
(7) Gegen das Ergebnis der Leistungsbeurteilung kann der Beschäftigte binnen einer Woche seit Zugang der schriftlichen Mitteilung Einspruch einlegen. Findet der Einspruch keine Erledigung, so kann der Beschäftigte binnen einer weiteren Woche die paritätische Kommission anrufen. Das Verfahren richtet sich nach § 11.
(...)
§ 11 Reklamationsverfahren zum variablen Leistungsentgelt
Treten in den Fällen von § 8 Ziff. (7) (...) Meinungsverschiedenheiten auf, so ist eine paritätische Kommission aus Vertretern des Arbeitgebers und der Beschäftigten zu bilden. Die Vertreter der Beschäftigten werden vom Betriebsrat bestimmt müssen dem Betrieb angehören. Die Mitglieder sollen die erforderliche Sachkunde haben.
Die paritätische Kommission hat in den Fällen des § 8 Ziff. (7) zu prüfen, ob der Einspruch berechtigt ist, das vereinbarte bzw. tariflich festgelegte Verfahren angewandt wurde und die Leistungsbeurteilung objektiv und nach billigem Ermessen durchgeführt wurde.
Gelingt in der paritätischen Kommission keine Einigung, ist die Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit gegeben.
(...)."
Für den Betrieb der Antragsgegnerin haben die Beteiligten eine "Betriebsvereinbarung über die Einführung eines neuen Leistungsbeurteilungsverfahrens in Verbindung mit der Umsetzung des Entgeltrahmenabkommens (ERA)" abgeschlossen, die "Betriebsvereinbarung Nr. 95 - Leistungsbeurteilung im Angestelltenbereich" (im Folgenden: Betriebsvereinbarung Nr. 95). Darin heißt es unter anderem:
"§ 7 Beurteilungsverfahren
Die Beurteilung erfolgt durch den direkten Vorgesetzten im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs (...)
Im Falle der Nichteinigung wird gemäß Tarifvertrag § 8 Abs. Nr. 6 + 7 sowie § 11 verfahren. Der Vorgesetzte vereinbart mit dem Mitarbeiter Maßnahmen zur Verbesserung des Leistungsverhaltens.
§ 8 Budgetierung
(...)
§ 9 Von der Beurteilung zur Leistungszulage
(...)
§ 10 Systemüberführung und Nachteilsausgleich
(...)
§ 11 Reklamationsverfahren
Sollte es zu Meinungsverschiedenheiten kommen, so ist das tarifvertragliche Verfahren einer paritätischen Kommission mit nachgelagerter Einigungsstelle vorgesehen."
Hinsichtlich der Leistungsbeurteilung der Arbeitnehmer H. C. und S. konnte weder zwischen Arbeitnehmer und Vorgesetztem noch in der fristgerecht angerufenen paritätischen Kommission eine Einigung erzielt werden.
Der Antragsteller hat daraufhin am 25. März 2019 und erneut am 24. Mai 201...