Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter bei der Berichtigung des Tatbestandes. Verhinderung des Vorsitzenden bei Einsatz an einem anderen Gericht
Leitsatz (amtlich)
1. Die ehrenamtlichen Richter wirken bei einer Berichtigung des Tatbestands erstinstanzlicher arbeitsgerichtlicher Urteile jedenfalls außerhalb der streitigen Verhandlung auch dann nicht mit, wenn der oder die Vorsitzende verhindert ist.
2. Ein Verhinderungsfall, der eine Tatbestandsberichtigung ausschließen würde, liegt nicht vor, wenn der oder die Vorsitzende an einem anderen Gericht zum Einsatz kommt.
Normenkette
ZPO § 320
Verfahrensgang
ArbG Hagen (Westfalen) (Entscheidung vom 26.01.2015; Aktenzeichen 1 Ca 1201/14) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beklagten vom 11.02.2015 wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 26.01.2015 - 1 Ca 1201/14 - aufgehoben und das Verfahren zur erneuten Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag vom 19.01.2015 an das Arbeitsgericht Hagen zurückverwiesen.
Gründe
I. In dem Ausgangsverfahren streiten die Parteien über die Wirksamkeit zweier durch die Beklagte ausgesprochener außerordentlicher, hilfsweise mit sozialer Auslauffrist erklärter Kündigungen vom 02.06.2014. Am 09.12.2014 hat die 1. Kammer des Arbeitsgerichts Hagen unter Vorsitz der Richterin T der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verurteilt. Zugestellt wurde das Urteil am 06.01.2015. Mit beim Arbeitsgericht am 19.01.2015 eingegangenem Antrag hat die Beklagte die Berichtigung des Tatbestandes beantragt. Ab dem 01.01.2015 wurde die Richterin, die noch in keine Planstellen eingewiesen ist, bis auf Weiteres dem Arbeitsgericht Arnsberg zur richterlichen Dienstleistung zugewiesen. Mit Beschluss vom 26.01.2015 wurde der Tatbestandsberichtigungsantrag von einer anderen Richterin als Vertreterin der 1. Kammer zurückgewiesen. Zur Begründung führte das Arbeitsgericht aus, die Richterin T sei nicht mehr am Arbeitsgericht Hagen tätig. Eine Berichtigung durch die ehrenamtlichen Richter sei in erster Instanz nicht möglich, da sie bei der Fassung des Urteils nicht beteiligt seien. Bei Fällen der Verhinderung könne eine Tatbestandsberichtigung nicht stattfinden. Der Beschluss sei unanfechtbar.
Mit Schriftsatz vom 11.02.2015, am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangen, beantragt die Beklagte,
- den Beschluss des Arbeitsgerichts Hagen vom 26.01.2015, der Beklagten zugestellt am 29.01.2015, aufzuheben und
- den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten vom 19.01.2015 den verbliebenen Mitgliedern der 1. Kammer des Arbeitsgerichts Hagen in der Besetzung, die diese bei der Entscheidungsfindung des erstinstanzlichen Urteil im Verfahren 1 Ca 1201/14 aufwies, zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte ist der Auffassung, die sofortige Beschwerde sei zulässig, da eine Entscheidung in der Sache nicht getroffen worden sei. Sie sei auch begründet. Die verbliebenen Mitglieder der 1. Kammer, also die ehrenamtlichen Richter, hätten über den Tatbestandsberichtigungsantrag entscheiden müssen.
Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, sondern sie dem Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Der Kläger beantragt die
Zurückweisung der sofortigen Beschwerde
und macht sich die Begründung des Nichtabhilfebeschlusses zu Eigen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte verwiesen.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses, da das Arbeitsgericht den Antrag auf Berichtigung des Tatbestandes nicht mit der gegebenen Begründung zurückweisen durfte.
1. Die sofortige Beschwerde ist gem. § 78 ArbGG i.V.m. § 567 Abs. 1 ZPO zulässig, insbesondere statthaft.
Dem steht § 320 Abs. 4 S. 4 ZPO nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift findet eine Anfechtung des Beschlusses über die Tatbestandsberichtigung nicht statt. Dieser Rechtsmittelausschluss macht freilich nur dann Sinn, wenn das Gericht über den Tatbestandsberichtigungsantrag in der Sache entschieden hat. Denn der Grund für den Rechtsmittelausschluss liegt darin, dass die Berichtigung des Tatbestandes nur durch diejenigen Richter vorgenommen werden kann, die bei dem Urteil mitgewirkt haben. Dem stünde es entgegen, wenn das Beschwerdegericht überprüfen dürfte, ob der Tatbestand zu Recht oder zu Unrecht berichtigt oder nicht berichtigt worden ist. Deswegen ist ein Rechtsmittel über Anträge auf Berichtigung des Tatbestandes nach § 320 ZPO nur dann ausgeschlossen, wenn auch in der Sache entschieden worden ist. Ist aus prozessualen Gründen eine Entscheidung über den Antrag abgelehnt worden, etwa wegen Richterverhinderung, ist weiterhin das Rechtsmittel des § 567 Abs. 1 ZPO statthaft (BVerfG, 01.10.2004, NJW 2005, 657 ff.; Hess. LAG 12.08.2013, 17 Ta 271/03, NZA-RR 2004, 105; Zöller-Vollkommer, 30. Auflage 2014, § 320 ZPO Rn 14; Musielak, 11. Auflage 2014, § 320 ZPO Rn 10; Germelmann/Müller-Glöge, 8. Aufl. 2013, § 78 ArbGG Rn 16; Düwell-Lipke/Oesterle, 3. Aufl. 2012, § 78 ArbGG Rn 14).
2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.
Das Arbei...