Entscheidungsstichwort (Thema)

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bedürftigkeit des Antragstellers bei Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe. Entscheidung des Beschwerdegerichts bei zu Unrecht angeordneter Ratenzahlung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Im Falle einer sofortigen Beschwerde nach § 127 ZPO ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Bedürftigkeit der Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung; dass gilt auch bei einer erstmaligen Ratenfestsetzung im Nachprüfungsverfahren des § 120a ZPO.

2. Die nach § 120a Abs. 4 Satz 2 ZPO anwendbare Vorschrift des § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist im Nachprüfungsverfahren keine Ausschlussfrist, welche abweichend von § 571 ZPO neues Vorbringen im Beschwerdeverfahren ausschließt.

3. Die Festsetzung des Zahlungsbeginns, die Übersendung des Zahlungsplans und die Fälligkeit der Monatsraten stehen weder einer Berücksichtigung von Vorbringen der Partei im Beschwerdeverfahren noch dem ersatzlosen Entfall einer dem Grunde oder der Höhe nach zu Unrecht angeordneten Ratenzahlungspflicht entgegen.

 

Normenkette

ZPO § 115 Abs. 2, § 118 Abs. 2 S. 4, § 120a

 

Verfahrensgang

ArbG Bielefeld (Entscheidung vom 09.05.2018; Aktenzeichen 3 Ca 1943/13)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 9. Mai 2018 (3 Ca 1943/13) aufgehoben.

Es verbleibt bei der durch Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 6. September 2013 in der Fassung des Beschlusses vom 27. Juli 2015 bewilligten Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsanordnung.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger hatte im Jahr 2013 für das Hauptsacheverfahren Prozesskostenhilfe beantragt und ohne Zahlungsanordnung bewilligt erhalten. Im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens reichte der Kläger am 13. April 2018 eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beim Arbeitsgericht ein. Durch Beschluss vom 9. Mai 2018 ordnete es eine monatliche Ratenzahlung von 75,00 Euro an und legte den Zahlungsbeginn auf den 4. Juni 2018 fest. Den Zahlungsplan übersandte es dem Kläger unter dem 11. Mai 2018.

Der Kläger legte am 22. Mai 2018 gegen den Beschluss eine sofortige Beschwerde ein, welcher das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Klägers ist auch begründet. Die Anordnung einer Ratenzahlung in Höhe von 75,00 Euro war nicht gerechtfertigt. Sie kann zum nunmehr für die Beurteilung der Bedürftigkeit maßgeblichen Zeitpunkt nicht mehr aufrechterhalten werden.

1. Das Arbeitsgericht hat in seiner der Ratenzahlungsanordnung zu Grunde liegenden Berechnung des einzusetzenden Einkommens das dem Kläger zur Verfügung stehende Nettoeinkommen falsch berechnet sowie die angegebene Kreditverpflichtung gegenüber der Mutter zu Unrecht nicht berücksichtigt.

a) Das Arbeitsgericht hat das von ihm angenommene Einkommen von 1.734,36 Euro auf der Grundlage der vom Kläger vorgelegten Abrechnung für den Monat März 2018 (Bl. 171 PKH-Beiheft) auf der Basis der Jahreswerte, die unter "Verdienstbescheinigung" ausgewiesen sind, errechnet. Dabei hat es jedoch den Einwand des Klägers in seinem Schreiben vom 6. Mai 2018, dass er in den Wintermonaten mehr Geld verdiene als in den Sommermonaten, nicht hinreichend beachtet. Zwar hatte der Kläger hierzu lediglich Abrechnungen - nochmals - für den Monat März 2018 sowie - neu - für die Monate März 2017 und April 2017 beigefügt, die seinen Einwand nicht zweifelsfrei belegten. Zuvor hatte er jedoch mit seiner Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2017 (Bl. 164 PKH-Beiheft) vorgelegt. Aus dieser ergab sich unter Berücksichtigung sowohl des Bruttoarbeitslohns als auch des ausgezahlten Kurzarbeitergelds einerseits, den Abzügen für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge andererseits ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 1.652,60 Euro. Darauf hatte der Kläger bereits vor Erlass der angefochtenen Entscheidung in seiner Stellungnahme mit Schriftsatz vom 8. Mai 2018 zu der vom Arbeitsgericht übersandten Berechnung hingewiesen.

Angesichts dessen konnte das Arbeitsgericht nicht davon ausgehen, dass der Durchschnitt des Verdienstes der ersten drei Monate des Jahres 2018 den durchschnittlichen Monatsverdienst bezogen auf das Gesamtjahr zutreffend wiedergab. Es ist demensprechend von einem zu hohen Einkommen ausgegangen. Selbst wenn man lediglich die Hälfte der Differenz zwischen den beiden Durchschnittsverdiensten (rund 84,00 Euro) von dem Einkommen abzieht, welches das Arbeitsgericht zugrunde gelegt hat, verbliebe statt eines einzusetzenden Einkommens von 218,00 Euro lediglich ein solches in Höhe von 176,00 Euro. Aus diesem wäre nach der Tabelle des § 115 Abs. 2 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden a. F.), welche im vorliegenden Fall gemäß § 40 Satz 1 EGZPO noch Anwendung findet, ...

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