Entscheidungsstichwort (Thema)
amtlicher Vordruck. Aufhebung Prozesskostenhilfebewilligung. Nachprüfungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Für eine Partei, der Prozesskostenhilfe bewilligt wurde, besteht im Rahmen des Überprüfungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO keine Verpflichtung, den für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 3 ZPO eingeführten amtlichen Vordruck zu nutzen. Die erneute Abgabe einer solchen formularmäßigen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse kann nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO von einer Partei nicht gefordert werden. Füllt sie den Vordruck nicht oder nur unvollständig aus, rechtfertigt dies allein nicht die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nach § 124 Nr. 2 ZPO, wenn ihre übrigen Angaben eine Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ermöglichen (Aufgabe von LAG Hamm, 14. Juli 2003, 4 Ta 820/02, LAGReport 2003, 371; 3. September 2004, 4 Ta 575/04, juris).
Normenkette
ZPO §§ 117, 120 Abs. 4, § 124 Nr. 2
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 18.05.2009; Aktenzeichen 5 Ca 3320/05) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 18. Mai 2009 (5 Ca 3320/05) aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I. Dem Kläger wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 1. September 2006, ausgefertigt unter dem 4. September 2006, Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt, dass er keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten hat. Zum Abschluss des ersten Überprüfungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO teilte das Arbeitsgericht dem Kläger auf seine Erklärung vom 19. Februar 2008, für die er den amtlichen Vordruck nach § 117 Abs. 3 ZPO verwendet hatte, mit Schreiben vom 26. Februar 2008 mit, dass er zurzeit keine Zahlungen auf die Prozesskosten zu leisten brauche.
Der Kläger wurde danach im automationsgestützten Verfahren erneut darauf hingewiesen, dass er nach § 120 Abs. 4 ZPO auf Anfrage mitzuteilen habe, ob sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit der Bewilligung der Prozesskostenhilfe bzw. seit der letzten Entscheidung über zu leistende Zahlungen verbessert hätten, und aufgefordert, sich hierüber erneut bis zum 27.Januar 2009 zu erklären. Der amtliche Vordruck nach § 117 Abs. 3 ZPO war beigefügt verbunden mit dem Hinweis, dass dieser zur Vereinfachung verwendet werden könne. Mit Schreiben vom 12. März 2009 erinnerte das Arbeitsgericht den Kläger an die Abgabe dieser Erklärung unter Fristsetzung bis zum 26. März 2009. Auf die Möglichkeit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe im Falle der Nichtabgabe der Erklärung wies es hin. Mit gerichtlichen Schreiben vom 23. April 2009 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass wegen der bislang nicht vorliegenden Erklärung die Aufhebung der Prozesskostenhilfe beabsichtigt sei, und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen gegeben. Eine Reaktion des Klägers erfolgte nicht. Mit Beschluss vom 18. Mai 2009 hob das Arbeitsgericht die „durch Beschluss … vom 04.09.2006” bewilligte Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 ZPO wegen Nichtabgabe der Erklärung auf.
Der Beschluss wurde dem Kläger am 26. Mai 2009 zugestellt. Mit Schreiben vom 17. Juni 2009, bei Gericht eingegangen am 19. Juni 2009, teilte der Kläger unter Bezugnahme auf zwei beigefügte Belege (zwei Kontoauszüge der H2, Schreiben der Investitionsbank S5-H4) mit, dass sich die Verhältnisse bei ihm und seiner Ehefrau auch bis 2009 nicht verändert hätten. Dies hielt das Arbeitsgericht nicht für ausreichend. Mit Schreiben vom 19. Juni 2009 forderte es den Kläger auf, den beigefügten Vordruck (für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse) vollständig auszufüllen und mit Belegen zu versehen. Erst dann könne über die Beschwerde entschieden werden. An die Erledigung wurde er mit Schreiben vom 20.Juli 2009 und 20. August 2009 erinnert. Der Kläger erklärte darauf mit einem am 9. September 2009 eingegangenen Schreiben, dass sich an seinen finanziellen Gegebenheiten nichts geändert habe und bat aus gesundheitlichen Gründen um Fristverlängerung. Unter dem 23. Oktober 2009 erinnerte das Gericht „letztmalig an die Erledigung des hiesigen Schreibens vom 19.06.2009”. Der Kläger reagierte hierauf nicht.
Entscheidungsgründe
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 46 Abs. 2, § 78 ArbGG, § 127 Abs. 2, §§ 567 ff ZPO zulässige und als sofortige Beschwerde auszulegende Eingabe des Klägers vom 17. Juni 2009 ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht die bewilligte Prozesskostenhilfe gemäß § 124 Nr. 2 Alt. 2 ZPO aufgehoben. Es ist unzutreffend, dass der Kläger eine Erklärung nach § 120 Abs. 4 Satz 2 ZPO nicht abgegeben hat, weil er auch im Beschwerdeverfahren nicht den amtlichen Vordruck für die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse verwendet hat. Dazu ist er nicht verpflichtet. Die in seiner Eingabe enthaltenen Angaben waren unter Berücksichtigung seiner vorherige...