Verfahrensgang
ArbG Rheine (Beschluss vom 03.02.1994; Aktenzeichen 1 BV 15/93) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der am 03.02.1994 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Rheine – 1 BV 15/93 – abgeändert:
Es wird festgestellt, daß die BR-Wahl im Jugenddorf Burgsteinfurt vom 03.12.1993 nichtig ist.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
A
In dem beim Arbeitsgericht Rheine am 20.12.1993 eingereichten Beschlußverfahren streiten die Beteiligten über die Nichtigkeit gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG einer am 03.12.1993 durchgeführten Betriebsratswahl, deren Ergebnis dem Antragsteller am 13.12.1993 schriftlich mitgeteilt wurde.
Der Antragsteller des Verfahrens (künftig: Arbeitgeber) ist ein als gemeinnützig anerkannter Verein mit Sitz in S., dessen Zweck es war und ist (vgl. § 2 der ab 25.06.1994 geltenden neuen Satzung: Bl. 119 ff. d.A.), Jugenddörfer, Jugendwohnheime, sozialpädagogische Institute und Schulen einzurichten und zu unterhalten, die der Erziehung, Ausbildung und Fortbildung von jüngeren Menschen ohne Rücksicht auf deren Konfession und soziale Herkunft nach christlichen und neuzeitlichen sozialpädagogischen Grundsätzen dienen. Der Antragsgegner des Verfahrens ist der am 03.12.1993 von der Belegschaft des Arbeitgebers in dem rechtlich unselbständigen Jugenddorf B. in S. gewählte fünfköpfige Betriebsrat (künftig: BR), dessen Vorsitzender Herr S. ist. Zur Zeit (Stand: Dezember 1994) werden in dem Dorf B. ca. 120 Jungen und Mädchen zwischen 14 und 22 Jahren internatsmäßig betreut, die dem Dorf vom örtlichen Arbeitsamt zugewiesen sind. Die Arbeitnehmerzahl des Arbeitgebers dort beläuft sich auf etwa 60, wovon 20 Ausbilder und 20 Lehrer sind. Die restlichen 20 gehören zum Küchenpersonal und der Dorfleitung.
Der Arbeitgeber ist für seine in Westfalen gelegenen Einrichtungen, wozu das Jugenddorf B. gehört, seit dem 20.07.1964 unmittelbar Mitglied des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche von Westfalen, das gemäß seiner Satzung § 22 Nr. 1 – auf die Satzung Bl. 149 d.A. wird verwiesen – unmittelbar selbst dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen ist. Die Präambel in den Dienstverträgen des Arbeitgebers mit den Arbeitnehmern lautet:
„PRÄAMBEL
Das Christliche Jugenddorf Deutschlands (CJD) ist ein sozialpädagogisches Bildungs- und Ausbildungswerk. Seine Anschauungen vom Menschen, von der Welt und von der Geschichte haben ihre Grundlagen im christlichen Glauben. Demgemäß will das CJD für alle im Jugenddorf lebenden Mitarbeiterinnen und Jugendlichen eine moderne Begegnungsstätte mit Christus sein.
Das Leben in der Gemeinschaft soll es dem einzelnen ermöglichen, zur vollen Entfaltung seiner Persönlichkeit und der in ihm angelegten Begabungen und Fähigkeiten zu kommen. Zu dieser Entwicklung will die Gemeinschaft jedem einzelnen die gleichen Chancen geben.
Die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche, die das Evangelium von Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift bekennt, ist Grundvoraussetzung für die Mitarbeiter im CJD.”
Nach § 3 der Dienstverträge verpflichten sich die Arbeitnehmer, ihren Dienst im CJD mit voller Hingabe zu versehen. Sie sind gewillt und erklären sich bereit, ihren Dienst im Geiste der vom CJD erstrebten Ziele gewissenhaft zu leisten. Sie verpflichten sich, ihre Kenntnisse und Fähigkeiten laufend zu ergänzen und zu erweitern. Dazu gehört insbesondere die Teilnahme an Lehrgängen und Tagungen, zu denen sie von der Leitung des Werkes eingeladen werden.
Der Arbeitgeber hat gemeint, wie er auch allen seinen Einrichtungen mit Rundschreiben vom 24.09.1993 mitgeteilt habe, gelte gemäß § 118 Abs. 2 BetrVG für seine Einrichtungen das Betriebsverfassungsgesetz nicht, weil er über die Mitgliedschaft des Diakonischen Werkes als erzieherische Einrichtung der Evangelischen Kirche Deutschlands (künftig: EKD) anzusehen sei. Die BR-Wahl vom 03.12.1993 sei damit nichtig.
Der Arbeitgeber hat beantragt,
festzustellen, daß die Betriebsratswahl im Jugenddorf B. vom 03.12.1993 nichtig ist.
Es wird festgestellt, daß im Jugenddorf B. ein Betriebsrat nicht besteht.
Der BR hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Der BR hat die Ansicht vertreten, das Jugenddorf sei nicht als Einrichtung der EKD anzusehen, da diese keine Möglichkeit habe, auf den Arbeitgeber Einfluß zu nehmen, so daß eine verwaltungsmäßige Verflechtung, die Voraussetzung für die Annahme einer kirchlichen Einrichtung im sinne von § 118 Abs. 2 BetrVG sei, ausscheide.
Durch Beschluß vom 03.02.1994 hat das Arbeitsgericht den Antrag abgewiesen. Es hat dazu unter anderem ausgeführt, das Jugenddorf sei zwar eine erzieherische Einrichtung der evangelischen Kirche. Aber die Zugehörigkeit des Arbeitgebers zur evangelischen Kirche scheitere daran, daß eine verwaltungsmäßige Verflechtung zwischen ihm und der evangelischen Kirche nicht vorliege. Die Möglichkeit der Einflußnahme der evangelischen Kirche auf die Zusammensetzung der entscheidenden Organe der erzie...