Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes. Außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Betriebsratsmitgliedes wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Abmeldung zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

Nimmt der Arbeitgeber Verstöße eines Betriebsratsmitgliedes gegen interne Regelungen betreffend die Abmeldung zur Wahrnehmung von Betriebsratstätigkeiten zum Anlass einer außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses, so ist im Rahmen der Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung auch zu berücksichtigen, dass die Arbeitgeberin sich mit dem Betriebsrat und dem betroffenen Mitglied nach Einleitung des Beschlussverfahrens zur Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Kündigung auf ein neues Abmeldeverfahren verständigt hat.

 

Normenkette

BetrVG § 103 Abs. 2; BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Siegen (Entscheidung vom 11.02.2014; Aktenzeichen 2 BV 13/13)

 

Tenor

  1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 11.02.2014, AZ 2 BV 13/13, wird zurückgewiesen.
  2. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
 

Gründe

A.

Die Beteiligten streiten um die Ersetzung der Zustimmung zu einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitgliedes, des Beteiligten zu 3.Antragstellerin des vorliegenden Beschlussverfahrens ist die Arbeitgeberin, einUnternehmen der metall- und kunststoffverarbeitenden Industrie mit ca. 1.400Beschäftigten und Sitz in Neunkirchen. Ihr Antrag richtet sich gegen den Antragsgegner, den bei ihr gewählten Betriebsrat (Beteiligter zu 2; im Folgenden: Betriebsrat). Sie beabsichtigt die außerordentliche Kündigung des BetriebsratsmitgliedsOliver y (Beteiligter zu 3; im Folgenden: Herr y). Letzterer ist nicht freigestellt im Sinne des § 38 BetrVG.

Nach Durchführung mehrerer arbeitsgerichtlicher Auseinandersetzungen kam es unter anderem zu einer Anweisung der Arbeitgeberin, Herr y müsse sich fürBetriebsratstätigkeit per E-Mail bei seinem damaligen unmittelbaren Vorgesetzten Herrn C abmelden und die Personalleitung per "cc" in Kenntnis setzen. Dieser Anweisung folgte Herr y für die Dauer von etwa 2 Jahren. Seit dem 29.04.2013 nahm er eine Abmeldung für Betriebsratstätigkeit ausschließlich gegenüber Herrn C vor. Vor diesem Hintergrund erteilte die Arbeitgeberin Herrn y mehrere Abmahnungen, die sie indessen zurücknahm und eine neue Abmahnung vom 26.06.2013 formulierte, wegen deren Einzelheiten auf Bl. 17 und 18 d.A. Bezug genommen wird. Nachdem unter dem 02.07., 09.07. und 16.07.2013 weitere Abmahnungen gleichen Inhalts wegen weiterer von der Arbeitgeberin so beschriebener Fehlverhaltensweisen ausgesprochen worden waren, informierte Herr y am 22.07.2013 gleichwohl ausschließlich seine Vorgesetzte über die Durchführung von Betriebsratstätigkeiten.

Dies nahm die Arbeitgeberin zum Anlass, unter dem 23.07.2013 beim Betriebsrat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung von Herrn y zu beantragen. Auf Bl. 8 und 9 d.A. wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 24.07.2013 verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung (Bl. 21 d.A.), was wiederum die Arbeitgeberin zum Anlass nahm, mit ihrem am 31.07.2013 beim Arbeitsgericht Siegen eingegangenen Antrag die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zur außerordentlichen Kündigung von Herrn y zu beantragen.

Nach Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens kam es anlässlich desErgebnisses eines weiteren arbeitsgerichtlichen Verfahrens zwischen der Arbeitgeberin und Herrn y nach Vorliegen der zweitinstanzlichen Entscheidung zu einem Gespräch am 26.08.2013. An diesem Gespräch nahmen die Vorsitzende desBetriebsrates, Herr y sowie die Mitarbeiter der Arbeitgeberin T, C und E teil. In diesem Gespräch wurde Herrn y gegenüber angewiesen, dass er sich zukünftig ausschließlich bei dem Mitarbeiter Reiner E, der als Gruppenleiter im Tätigkeitsbereich von Herrn y verantwortlich ist, wegen Durchführung von Betriebsratstätigkeit abzumelden habe.

Auf ausdrückliche Nachfrage des Vorsitzenden im Termin zur Anhörung der Beteiligten vor der Beschwerdekammer am 12.08.2014 erklärte der Betriebsrat unwidersprochen, dass Herr y sich bis heute an diese Anweisung halte.

Die Arbeitgeberin hat vorgetragen:

Gegenüber Herrn y sei wirksam angewiesen worden, sich für Betriebsratstätigkeit beim unmittelbaren Vorgesetzten und in "cc" bei der Personalabteilung abzumelden. Die abgemahnten Sachverhalte seien vollinhaltlich zutreffend, weshalb die Arbeitgeberin davon ausgehe, sie solle provoziert werden. Sie sei nicht verpflichtet, entsprechende Arbeitsanweisungen zur Abmeldung für Betriebsratstätigkeit zu begründen. Es handele sich schließlich um Anweisungen, die dem Direktionsrecht unterfallen würden. Wenn es auch zutreffend sei, dass man sich im Gespräch vom 26.08.2013 auf ein neues Abmeldeverfahren für Betriebsratstätigkeit verständigt habe, bestehe gleichwohl eine Wiederholun...

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