Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung eines Einigungsstellenspruchs. ordnungsgemäße Antragstellung. Verletzung von elementaren Verfahrensfehlern, unentschuldigte Säumnis der Beisitzer eines Betriebs-partners. Unterbrechung der Einigungsstellensitzung
Leitsatz (redaktionell)
§ 76 Abs. 5 S. 2 BetrVG gilt dann entsprechend, wenn die für die Einigungsstelle benannten Beisitzer eine Einigungsstellensitzung vor deren Abschluss ohne Rechtfertigungsgrund verlassen.
Normenkette
BetrVG § 76
Verfahrensgang
ArbG Detmold (Beschluss vom 21.08.2008; Aktenzeichen 3 BV 25/08) |
Tenor
Die Beschwerde des Arbeitgebers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 21.08.2008 – 3 BV 25/08 – wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass der Beschluss der Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Flexible Arbeitszeitgestaltung und Zeiterfassung im S1 Berufsausbildungszentrum D1” vom 31.03.2008 unwirksam ist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit eines Einigungsstellenspruchs.
Der Arbeitgeber betreibt ein Berufsausbildungszentrum. In seinem Betrieb ist ein fünfköpfiger Betriebsrat, der Antragsteller des vorliegenden Verfahrens, gebildet.
Im Betrieb des Arbeitgebers galt bislang eine Betriebsvereinbarung zur Einführung der flexiblen Arbeitszeitgestaltung und Zeiterfassung (Bl. 11 ff. d.A.). Diese Betriebsvereinbarung wurde vom Arbeitgeber zum 31.12.2006 gekündigt. Nachdem Verhandlungen zwischen den Beteiligten über eine neue Regelung gescheitert waren, wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts Detmold vom 29.10.2007 – 3 BV 78/07 – eine Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Flexible Arbeitszeitgestaltung und Zeiterfassung im S9.O1.S9. Berufsausbildungszentrum D1” eingerichtet, zum Vorsitzenden dieser Einigungsstelle wurde der Richter am Arbeitsgericht Dr. Vierrath bestellt; die Zahl der Beisitzer wurde für jede Seite auf zwei bestimmt.
Beisitzer auf Arbeitgeberseite waren Herr Rechtsanwalt W1 S4 sowie Herr Richter am Bundesarbeitsgericht a.D. L2; der Arbeitgeber benannte ferner Herrn Rechtsanwalt A2 S4 als Verfahrensbevollmächtigten.
Auf Betriebsratsseite nahmen als Einigungsstellenbeisitzer die Betriebsratsvorsitzende Frau S2 sowie Herr Rechtsanwalt Prof. Dr. M1 teil.
Während des laufenden Einigungsstellenverfahrens, in dem in zwei Terminen ergebnislos verhandelt worden war, kam es über die Beteiligung des Betriebsrats zu mitbestimmungspflichtigen Fragen, unter anderem bei Mehrarbeit, zum Streit. Am 11.03.2008 leitete der Betriebsrat beim Arbeitsgericht Detmold – 3 BV 8/08 – ein Beschlussverfahren ein, mit dem er den Arbeitgeber auf Unterlassung der Anordnung von Mehrarbeit ohne Zustimmung des Betriebsrats in Anspruch nahm. Dem Unterlassungsantrag des Betriebsrats wurde durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 26.06.2008 stattgegeben. Die dagegen zum Landesarbeitsgericht Hamm eingelegte Beschwerde hatte keinen Erfolg (LAG Hamm, Beschluss vom 09.01.2009 – 10 TaBV 99/08 –).
Am 31.03.2008 fand in dem Einigungsstellenverfahren eine dritte Einigungsstellensitzung statt. Der Sitzungstermin vom 31.03.2008 war in der vorangegangenen Einigungsstellensitzung unter den Einigungsstellenmitgliedern mündlich abgesprochen. Eine schriftliche Ladung zu diesem Termin erfolgte daraufhin nicht mehr.
Zu der Einigungsstellensitzung vom 31.03.2008 hatte der Einigungsstellenvorsitzende einen vermittelnden Vorschlag vorgelegt, über den in der Sitzung vom 31.03.2008 verhandelt wurde. Insbesondere wegen der Zahl der Ausgleichstage ließ sich jedoch in der Einigungsstelle kein Einvernehmen herstellen. Auf den Inhalt des vom Einigungsstellenvorsitzenden abgefassten Protokolls vom 31.03.2008 (Bl. 22 ff. d.A.) wird insoweit Bezug genommen.
Im Protokoll vom 31.03.2008 (Bl. 22 ff. d.A.) heißt es sodann:
„Die Mitglieder beider Betriebspartner erklärten, dass daher eine gütliche Einigung wegen der Differenzen bezüglich der Ausgleichstage ausscheide.
Die mündliche Verhandlung wurde geschlossen.
Der Verfahrensbevollmächtigte des Arbeitgebers verließ um 12.25 Uhr den Verhandlungsraum.
Der Vorsitzende beantragte unmittelbar anschließend, die Sitzung zu unterbrechen. Auf Nachfrage über die Dauer erklärte er „geben Sie mir 10 Minuten.” Er verließ den Sitzungsraum.”
Nachdem der Vorsitzende der Einigungsstelle den Sitzungsraum verlassen hatte, verließen gegen 12.27 Uhr auch die Beisitzer auf Betriebsratsseite den Verhandlungsraum und begaben sich in das Büro der Betriebsratsvorsitzenden, das ca. 20 bis 30 Meter vom Verhandlungsraum entfernt war (Bl. 38 d.A.). Im Protokoll der Einigungsstellensitzung vom 31.03.2008 heißt es sodann weiter:
„Ca. 12.42 Uhr betrat der Vorsitzende erneut den Verhandlungsraum. Es waren nur die vom Arbeitgeber entsandten Mitglieder anwesend.
Die Sitzung wurde um 12.57 Uhr in Abwesenheit der vom Betriebsrat entsandten Mitglieder wieder eröffnet.
Der Vorsitzende erörterte mit den vom Arbeitgeber entsandten Mitgliedern, über welchen Antrag abgestimmt werden soll. Rechtsanwalt...