Entscheidungsstichwort (Thema)

Festsetzung des Gegenstandswertes im Beschlussverfahren. Abbruch einer Betriebsratswahl. einstweilige Verfügung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gem. § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebs bestimmt wird.

2. Ein Abschlag von 20 % vom so zu ermittelnden Wert ist angemessen, wenn es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handelt, in dem es um eine die Betriebsratswahl vorbereitende Maßnahme geht.

 

Normenkette

RVG § 23 Abs. 3, § 33 Abs. 3; ArbGG § 85 Abs. 2; BetrVG § 19

 

Verfahrensgang

ArbG Siegen (Beschluss vom 28.05.2008; Aktenzeichen 2 BVGa 8/08)

 

Tenor

Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 28.05.2008 – 2 BVGa 8/08 – wird zurückgewiesen.

Die Arbeitgeberin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 EUR zu tragen.

 

Tatbestand

I.

Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin, ein Luftfrachttransportunternehmen, das zum Zeitpunkt der Antragstellung über 400 Mitarbeiter beschäftigte, im Wege der einstweiligen Verfügung von dem angeblich auf einer Betriebsversammlung vom 14.12.2008 gewählten Wahlvorstand, bestehend aus fünf Personen, die Unterlassung verlangt, die laufende Betriebsratswahl im Betrieb der Arbeitgeberin fortzusetzen. Auf der Betriebsversammlung vom 14.12.2008 waren ca. 90 Mitarbeiter der Arbeitgeberin erschienen, von denen sich 21 Anwesende für die Einrichtung eines Wahlvorstandes mit fünf Kandidaten ausgesprochen hatten. Aufgrund einer eintretenden Unruhe im Versammlungsraum wurde anschließend entschieden, dass diejenigen Teilnehmer, welche den Wahlvorstand wählen wollten, im Raum verblieben; daraufhin verließen 71 Mitarbeiter den Versammlungsraum, die Betriebsversammlung wurde anschließend für beendet erklärt.

In dem Anhörungstermin vor dem Arbeitsgericht vom 06.01.2009 erklärten die angeblich zum Wahlvorstand gewählten fünf Mitarbeiter, sie fühlten sich bislang nicht als Wahlvorstand gewählt und würden auch deshalb keinerlei Aktivitäten als Wahlvorstand entfalten. Die Arbeitgeberin nahm daraufhin den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück.

Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstands ist der Gegenstandswert für das Ausgangsverfahren vom Arbeitsgericht durch Beschluss vom 28.05.2009 auf 20.800,00 EUR festgesetzt worden.

Gegen diesen Beschluss, der der Arbeitgeberin am 22.06.2009 zugestellt wurde und auf dessen Gründe Bezug genommen wird, wendet sich die Arbeitgeberin mit der am 03.07.2009 beim Arbeitsgericht eingegangenen Beschwerde, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Die Arbeitgeberin ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht den Streitwert für das vorliegenden Beschlussverfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zu hoch angesetzt habe. Offensichtlich sei außer Acht gelassen worden, dass der Streitwert im einstweiligen Verfügungsverfahren nur mit einem Bruchteil des Wertes der Hauptsache anzusetzen sei; üblicherweise werde ein Abschlag von 1/3 bis 1/2 des Streitwertes vorgenommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren auf 20.800,00 EUR festgesetzt, § 23 Abs. 3 RVG.

1. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gemäß § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebes bestimmt wird. Dies entspricht der ganz überwiegenden Auffassung der Landesarbeitsgerichte (LAG Berlin, 17.12.1991 – NZA 1992, 327; LAG Thüringen, 13.11.1998 – AuR 1999, 146; LAG Brandenburg, 26.04.1995 – 6 Ta 23/94 –; LAG Köln, 10.10.2002 – NZA-RR 2003, 493; LAG Schleswig-Holstein, 09.07.2003 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 55). Die zuständigen Kammern des Beschwerdegerichts haben sich dieser Auffassung in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (LAG Hamm, 09.03.2001 – 13 TaBV 7/01 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 48 a = NZA-RR 2002, 104; LAG Hamm, 28.04.2005 – 10 TaBV 55/05NZA-RR 2005, 435; GK/Wenzel, ArbGG, § 12 Rn. 461, 464).

Bei der Wahl eines elfköpfigen Betriebsrats würde sich hiernach für ein etwaiges Anfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG ein Gegenstandswert von 26.000,00 EUR ergeben. Hiervon ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss auch zu Recht ausgegangen.

An der oben genannten Rechtsprechung ist im Interesse der Rechtssicherheit und einer einheitlichen Wertfestsetzung im Gebiet des Beschwerdegerichts festzuhalten. Auch nach der Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Köln (Beschluss vom 20.01.2003 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 52 a) ist bei der Wertfestsetzung für ein Wahlanfechtungsverfahren die Größe des Betriebsrat...

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