Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Beschlussverfahren. einstweilige Verfügung. Abbruch einer Betriebsratswahl
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich in Anwendung des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gem. § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebsrats bestimmt wird.
2. Für die Ausgangsstaffel des § 9 BetrVG (einköpfiger Betriebsrat bei 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern) ist der 1,5-fache Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 Hs 2 RVG in Ansatz zu bringen (= 6.000 EUR). Für jede weitere Staffel des § 9 S. 1 BetrVG ist der einfache Hilfswert in Höhe von 4.000 EUR zu berücksichtigen.
3. Eine Ermäßigung des Gegenstandswerts kommt auch nicht allein deshalb in Betracht, weil es sich um ein Wahlabbruchverfahren im Wege der einstweiligen Verfügung gehandelt hat.
Normenkette
RVG § 23 Abs. 3; ArbGG § 85 Abs. 2; BetrVG §§ 9, 19
Verfahrensgang
ArbG Bielefeld (Beschluss vom 13.04.2010; Aktenzeichen 6 BVGa 7/10) |
Tenor
Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 13.04.2010 – 6 BVGa 7/10 – wird zurückgewiesen.
Die Arbeitgeberin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe einer Gebühr von 40,00 EUR zu tragen.
Tatbestand
I.
Im Ausgangsverfahren hat die Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt, dem Wahlvorstand aufzugeben, die Wahl eines 11-köpfigen Betriebsrats im Betrieb der Arbeitgeberin abzubrechen und durch Erlass eines neuen Wahlausschreibens neu einzuleiten. Zur Begründung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wurde vorgetragen, der Wahlvorstand habe die Größe des zu wählenden Betriebsrats unzutreffend bestimmt, da aufgrund einer Zukunftsprognose der Personalbestand im Betrieb der Arbeitgeberin am Wahltag nicht mehr über 400 Arbeitnehmer liege.
Durch Beschluss vom 12.03.2010 – 6 BVGa 7/10 – hat das Arbeitsgericht den Antrag der Arbeitgeberin rechtskräftig abgewiesen.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstands und des Betriebsrats hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 31.03.2010, der Arbeitgeberin zugegangen am 08.04.2010, den Gegenstandswert auf 30.000,00 EUR festgesetzt.
Dagegen wendet sich die Arbeitgeberin mit der am 12.04.2010 beim Arbeitsgericht eingelegten Beschwerde. Sie hat die Auffassung vertreten, unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des erkennenden Gerichts ergebe sich lediglich ein Gegenstandswert von 26.000,00 EUR. Dieser Wert müsse jedoch um die Hälfte gekürzt werden, da es sich im vorliegenden Verfahren um ein Beschlussverfahren mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gehandelt habe. Der Arbeitgeberin sei es nicht um die endgültige Verhinderung einer Betriebsratswahl gegangen, Streitgegenstand sei allein die Frage gewesen, ob die vom Wahlvorstand für richtig erachtete Betriebsratsgröße rechtlich zutreffend sei.
Durch Beschluss vom 13.04.2010 hat das Arbeitsgericht der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Gegenstandswert auf 26.000,00 EUR festgesetzt.
Die Arbeitgeberin hält auch nach dem Abhilfebeschluss des Arbeitsgerichts vom 13.04.2010 an ihrer Beschwerde fest.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die nach § 33 Abs. 3 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet.
Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Gegenstandswert für das vorliegende Beschlussverfahren auf 26.000,00 EUR festgesetzt.
1. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für ein Beschlussverfahren, mit dem eine Betriebsratswahl angefochten wird, richtet sich in Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gemäß § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebsrats bestimmt wird. Dies entspricht der ganz überwiegenden Auffassung der Landesarbeitsgerichte (LAG Berlin 17.12.1991 – 1 Ta 50/91 – NZA 1992, 327; LAG Brandenburg 26.04.1995 – 6 Ta 23/94 –; LAG Köln 10.10.2002 – 11 Ta 28/02 – NZA-RR 2003, 493; LAG Schleswig-Holstein 09.07.2003 – 3 Ta 215/02 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 55). Die zuständigen Kammern des Beschwerdegerichts haben sich dieser Auffassung in ständiger Rechtsprechung angeschlossen (LAG Hamm 09.03.2001 – 13 TaBV 7/01 – LAGE BRAGO § 8 Nr. 48 a = NZA-RR 2002, 104; LAG Hamm 28.04.2005 – 10 TaBV 55/05 – NZA-RR 2005, 435; zuletzt: LAG Hamm 13.08.2009 – 10 Ta 425/09 –; LAG Hamm 14.09.2009 – 13 Ta 424/09 –).
Nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist danach für die Ausgangsstaffel des § 9 BetrVG (einköpfiger Betriebsrat bei 5 bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern) der 1,5-fache Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbs. RVG in Ansatz zu bringen (= 6.000,00 EUR). Für jede weitere Staffel des § 9 Satz 1 BetrVG ist der einfache Hilfswert in Höhe von 4.000,00 EUR zu berücksichtigen.
Bei der Wahl eines elfköpfigen Betriebsrats ergibt sich hiernach für ein etwaiges Anfechtungsverfahren nach § 19 BetrV...