Entscheidungsstichwort (Thema)
Weiterbeschäftigung, Übernahme eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung in ein Arbeitsverhältnis. Auflösungsverlangen. Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung. Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes. Einsatz von Leiharbeitnehmern. Vorhandensein ausbildungsadäquater Arbeitsplätze. Ableistung von Überstunden. Weiterbeschäftigung zu anderen Arbeitsbedingungen. konkretes Übernahmeverlangen. Auflösungsbegehren und Kündigungsverbot wegen Schwangerschaft. maßgeblicher Zeitpunkt
Leitsatz (redaktionell)
Ein Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 78a Abs. 4 BetrVG fällt nicht unter § 9 MuSchG.
Normenkette
BetrVG § 78a; MuSchG § 9
Verfahrensgang
ArbG Bochum (Beschluss vom 06.07.2007; Aktenzeichen 1 BV 6/07) |
Tenor
Die Beschwerde der beteiligten Arbeitnehmerin S2 W1, geb. B1 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 06.07.2007 – 1 BV 6/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
A
Die Beteiligten streiten über die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung.
Die antragstellende und zu 1. beteiligte Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Für ihren in B2 – vormals gemeinsam mit der G1 M1 P1 G2 GmbH – geführten Betrieb sind der zu 3. beteiligte Betriebsrat und die zu 4. beteiligte Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden.
Seit dem 01.09.2003 befand sich die Beteiligte zu 2. aufgrund eines schriftlichen Ausbildungsvertrags vom 02.05.2003 (Bl. 11 d. A.) in der Berufsausbildung für den Beruf einer Mechatronikerin. Im Jahre 2004 wurde die Beteiligte zu 2. in die im Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Jugend- und Auszubildendenvertretung, die Beteiligte zu 4., als Ersatzmitglied gewählt; im September 2006 rückte sie als Vollmitglied in die Jugend- und Auszubildendenvertretung nach. Bei der turnusmäßigen Wahl der Jugend- und Auszubildendenvertretung im November 2006 wurde sie erneut als Ersatzmitglied in die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt.
Zur Herstellung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Werkes B2 führte die Arbeitgeberin seit Anfang des Jahres 2005 ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm durch. Dieses sah vor, dass bis Ende des Jahres 2007 im Werk B2 ein Personalabbau von 2.570 Vollzeitarbeitsplätzen erfolgen musste, der vor allem mittels Aufhebungsverträgen sowie Übergang in Qualifizierungsgesellschaften erfolgen sollte. Grundlage der umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen war eine mit dem im Betrieb der Arbeitgeberin gewählten Betriebsrat, dem Beteiligten zu 3., abgeschlossene Betriebsvereinbarung „Zukunftsvertrag 2010” vom 17.03.2005 (Bl. 79 ff.d.A.). Unter Ziff. D. „Berufsausbildung/Übernahme von Auszubildenden” ist in dieser Betriebsvereinbarung vom 17.03.2005 unter anderem folgendes vereinbart worden:
„…
Es besteht Einvernehmen, dass die Geschäftsleitungen hinsichtlich der Auszubildenden, die in den Jahren 2006 und 2007 ihre Ausbildung erfolgreich beenden, mit Zustimmung des Gesamtbetriebsrates von der tarifvertraglich geregelten Übernahmeverpflichtung befreit werden, da die Voraussetzungen des § 3 Ziffer 2 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung (Tarifgebiet Hessen/Rheinland-Pfalz) bzw. des § 8 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Beschäftigungsbrücke (Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen) erfüllt sind.
…”
Mit wenigen Ausnahmen wurden seither alle früheren Auszubildenden der Arbeitgeberin, die seit Beginn des Jahres 2006 ihre Abschlussprüfung bestanden haben, als Leiharbeitnehmer aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrags mit der Firma A2 Personaldienstleistungen beschäftigt und bei der Arbeitgeberin nach bestandener Abschlussprüfung eingesetzt. Mit Schreiben vom 24.10.2006 (Bl. 12 d.A.) hatte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 2. mitgeteilt, dass sie nach dem Ende des Ausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden könne.
Mit Schreiben vom 18.01.2007 (Bl. 13 d.A.) verlangte die Beteiligte zu 2., die sich nicht bei der Firma A2 Personaldienstleistungen beworben hatte, ihre Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis im erlernten Beruf im Anschluss an ihre Ausbildung. Im Schreiben vom 18.01.2007 führte sie unter anderem folgendes aus:
„Sollte eine entsprechende Beschäftigung nicht möglich sein, so wäre ich hilfsweise auch bereit, zu anderen als den sich aus § 78 a BetrVG ergebenden Arbeitsbedingungen in ein Arbeitsverhältnis übernommen zu werden.”
Mit Schreiben vom 23.01.2007 (Bl. 294 d. A.) teilte die Arbeitgeberin der Beteiligten zu 2. daraufhin folgendes mit:
„Wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 18.01.2007, mit dem Sie eine Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 78a BetrVG beantragt haben.
Da unserer Auffassung nach wegen des derzeit in unserem Unternehmen durchgeführten Restrukturierungsprogramms und des damit verbundenen Personalabbaus Tatsachen vorliegen, die uns unter Berücksichtigung aller Umstände eine Weiterbeschäftigung unzumutbar machen, werden wir beim Arbeitsgeric...