Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg: Die Arbeitsgerichte sind zuständig, wenn der Kläger feststellen lassen will, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten weder fristlos noch fristgemäß beendet worden ist. Bei Klageänderung muss ggfls. erneut über die Zulässigkeit des Rechtsweges entscheiden werden. Rechtswegzuständigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Die Arbeitsgerichte sind zuständig, wenn der Kläger feststellen lassen will, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten weder fristlos noch fristgemäß beendet worden ist. Bei Klageänderung muss ggf. erneut über die Zulässigkeit des Rechtswegs entschieden werden
Normenkette
ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3b; GVG § 17a Abs. 4 S. 2; ArbGG §§ 48, 78 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Münster (Beschluss vom 22.08.2006; Aktenzeichen 3 Ca 957/06) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 22.08.2006 – 3 Ca 957/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Tatbestand
I
Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges.
Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund einer „Vereinbarung über Vertrieb und Projekttätigkeit” vom 11.04.2005 als „Business Executive Manager” tätig. Ihm oblag die Leitung des Vertriebes für das Produkt R2x und den damit zusammenhängenden Dienstleistungen. Die Parteien vereinbarten ein monatliches Festgehalt von 6.600,00 EUR zuzüglich 15 % Vertriebsprovision.
Die Beklagte kündigte die Vereinbarung mit Schreiben vom 18.04.2006 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 30.06.2006 oder zum nächst möglichen Termin. Dagegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden am 05.05.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage. Er meint, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden. Die Kündigung sei gemäß § 1 KSchG rechtsunwirksam. Er bestreite die ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats.
Der Kläger will feststellen lassen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten weder fristlos noch fristgemäß beendet worden ist.
Demgegenüber vertritt die Beklagte den Standpunkt, der Kläger sei für sie als freier Handelsvertreter tätig geworden. Die von ihm geschuldete Tätigkeit, nämlich die Herbeiführung abschlussreifer Verträge mit ggfls. weiteren Dienstleistungen, habe der Kläger selbständig und ohne begleitendes Weisungsrecht bei freier Arbeitszeitgestaltung ausgeübt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten durch Beschluss vom 22.08.2006 für zulässig erklärt mit der Begründung, da der Kläger geltend mache, zwischen den Parteien habe ein Arbeitsverhältnis bestanden, handele es sich um einen sog. sic-non-Fall im Sinne der Rechtsprechung des BAG. Deshalb reiche für die Begründung des Rechtswegs zu den Arbeitsgerichten allein die Behauptung des Klägers aus, Arbeitnehmer der Beklagten gewesen zu sein. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen, der der Beklagten am 31.08.2006 zugestellt worden ist.
Mit ihrer am 14.09.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen
sofortige Beschwerde,
der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat, will die Beklagte eine Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses und die Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Münster erreichen.
Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie vor, das Arbeitsgericht habe zu Unrecht einen sic-non-Fall unterstellt. Da sich der Kläger mit dem Antrag zu 1) gegen die fristlose Kündigung vom 18.04.2006 wende, habe er den Streitgegenstand nicht auf das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses beschränkt. Auch die Wirksamkeit der weiterhin vom Kläger angegriffenen ordentlichen Kündigung hänge nicht allein von der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes und seiner Arbeitnehmerstellung ab. Bei wie hier unstreitiger Tatsachengrundlage sei im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsweges über den Charakter des Rechtsverhältnisses zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt:
- Der Beschluss des Arbeitsgerichts Münster vom 25.08.2006 – 3 Ca 927/06 – wird abgeändert.
- Der Rechtsstreit wird, soweit das Arbeitsgericht über die Anträge zu 1) und 2) entschieden hat, an das Landgericht Münster verwiesen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde.
Er verteidigt den erstinstanzlichen Beschluss und tritt dem Vorbringen der Beklagten entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien im Beschwerderechtszug wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II
Die gemäß den §§ 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG, 48, 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten bleibt erfolglos. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Zulässigkeit des Rechtsweges zu den Gerichten für Arbeitssachen festgestellt.
1. Dem Arbeitsgericht ist zu folgen, dass aufgrund der Antragstellung ein sic-non-Fall im Sinne der Rechtsprechung des BAG vorliegt. Der Kläger will ausdrücklich feststellen lassen, dass zwis...