Entscheidungsstichwort (Thema)
Gegenstandswert. Beschlussverfahren. Untersagung. Durchführung. Betriebsratswahl. Streit. Wahlvorstand. Bestellung
Leitsatz (redaktionell)
In Wahlanfechtungsverfahren richtet sich der Gegenstandswert regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gem. § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebs bestimmt wird. Dabei ist für die Ausgangsstaffel des § 9 BetrVG (einköpfiger Betriebsrat bei fünf bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern) der 1,5-fache Hilfswert des § 23 Abs. 3 S 2 Hs 2 RVG in Ansatz zu bringen, also derzeit 6.000. Für jede weitere Staffel ist der einfache Hilfswert in Höhe von 4.000 Euro zu berücksichtigen.
Normenkette
RVG §§ 23, 33; BetrVG § 19; BertrVG § 9
Verfahrensgang
ArbG Siegen (Beschluss vom 28.05.2009; Aktenzeichen 2 BVGa 2/09) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Siegen vom 28.05.2009 – 2 BVGa 2/09 – abgeändert.
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 11.000,– EUR festgesetzt.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
A.
Im Ausgangsverfahren, das durch eine zweitinstanzliche Entscheidung vom 14.08.2009 inzwischen abgeschlossen ist, hatte die Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung begehrt, dem Wahlvorstand zu untersagen, bis zum rechtskräftigen Abschluss des Parallelverfahrens, gerichtet auf Bestellung eines Wahlvorstandes, im Betrieb mit derzeit 297 Arbeitnehmern eine Betriebsratswahl durchzuführen.
Auf Antrag der Verfahrensbevollmächtigten des Wahlvorstandes hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 28.05.2009 den Gegenstandswert auf 22.000,– EUR festgesetzt und sich dabei auf die für ein Wahlanfechtungsverfahren entwickelten Grundsätze gestützt.
Dagegen wendet sich die Arbeitgeberin mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Ansicht, dass wegen der im einstweiligen Verfügungsverfahren erstrebten auch nur vorläufigen Regelung eine Kürzung um 1/2, mindestens jedoch um 1/3 zu erfolgen habe.
Entscheidungsgründe
B.
Die gemäß § 33 RVG zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist in vollem Umfang begründet. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts war im konkreten Fall ausnahmsweise eine Kürzung des sich für ein Wahlanfechtungsverfahren ergebenden Wertes auf 11.000,– EUR vorzunehmen.
Allerdings entspricht es der ständigen Rechtsprechung beider Beschwerdekammern (z.B. 13.08.2009 – 10 Ta 425/09; 17.10.2006 – 13 Ta 587/06), dass sich in Wahlanfechtungsverfahren der Gegenstandswert regelmäßig nach der Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder, die gemäß § 9 BetrVG durch die Größe des Betriebs bestimmt wird, richtet. Dabei ist für die Ausgangsstaffel des § 9 BetrVG (einköpfiger Betriebsrat bei fünf bis 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern) der 1,5-fache Hilfswert des § 23 Abs. 3 Satz 2 2. Halbs. RVG in Ansatz zu bringen, also derzeit 6.000,– EUR. Für jede weitere Staffel ist der einfache Hilfswert in Höhe von 4.000,– EUR zu berücksichtigen. Daran anknüpfend hat die 10. Kammer mit Beschluss vom 12.07.2006 (10 Ta 384/06) und die erkennende Kammer mit Beschluss vom 06.03.2009 (13 Ta 846/08) entschieden, dass im Falle eines erstrebten endgültigen Abbruchs einer Betriebsratswahl oder der Auflösung eines Betriebsrates die für das Wahlanfechtungsverfahren entwickelten Grundsätze entsprechend gelten.
Im Gegensatz dazu wurde hier von der Arbeitgeberin im Ausgangsverfahren nicht erstrebt, die Betriebsratswahl endgültig zu untersagen. Vielmehr war es „nur” ihr Ziel, den Beginn des eigentlichen Wahlverfahrens bis zur verbindlichen Entscheidung der Frage über die rechtmäßige Errichtung eines Wahlvorstandes zu unterbinden. Im Ergebnis ging es gerade nicht darum, die (ordnungsgemäße) Wahl eines Betriebsrates in Frage zu stellen bzw. endgültig zum Scheitern zu bringen.
Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, im konkreten Fall den für ein Wahlanfechtungsverfahren maßgeblichen Wert in Höhe von 22.000,– EUR um die Hälfte zu kürzen.
Fundstellen