Verfahrensgang

ArbG Dortmund (Beschluss vom 21.08.1991; Aktenzeichen 6 BV 39/91)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der am 21.08.1991 verkündete Beschluß des Arbeitsgerichts Dortmund – 6 BV 39/91 – abgeändert:

Antrag wird abgewiesen.

 

Tatbestand

A

In dem beim Arbeitsgericht in Dortmund am 08.05.1991 eingereichten Beschlußverfahren streiten die Beteiligten darüber, ob jedem Mitglied eines Betriebsrates arbeits- und sozialgesetzliche Texte zur Verfügung gestellt werden müssen.

Die Antragsgegnerin, eine KG mit Sitz in H. (künftig: Arbeitgeberin), betreibt mit ca. 2000 Arbeitnehmerin über 46 Niederlassungen in der Bundesrepublik Deutschland ein Transportunternehmen, mit dem sie überwiegend für die Fa. O.-Versand bestellte Waren an deren Kunden ausliefert. In ihrem Niederlassungs-Depot in D. beschäfigt die Arbeitgeberin ca. 80 Arbeitnehmer. Der in diesem Depot gewählte fünfköpfige Betriebsrat (künftig: BR) – für die anderen Niederlassungen der Arbeitgeberin existieren noch weitere 19 Betriebsräte mit insgesamt 52 Mitgliedern – ist der Antragsteller dieses Verfahrens.

Die Mitglieder des BR sind in dem Depot, das aus einem Lager, einem Büro und einem Gebäude direkt gegenüber dem Lager besteht, als Telefonistin und im übrigen als Auslieferungsfahrer, die jeweils ihre Tour ganztägig allein zu bewältigen haben, beschäftigt. Zur Absolvierung ihrer Betriebsratsarbeit werden die BR-Mitglieder gemeinsam im Einvernehmen mit dem Depotleiter auch zum Beispiel zur Vorbereitung der Sitzungen, jeweils von ihrer Diensttätigkeit freigestellt. An Literatur steht ihnen dafür neben zwei Kommentaren zum Betriebsverfassungsgesetz und der Zeitschrift „Arbeitsrecht im Betrieb” an Gesetzestexten zur Verfügung: ein Exemplar „Beck'sche Arbeitsgesetze”, ein Exemplar Kittner, Arbeits- und Sozialordnung, 16. Aufl., 1991 und ein Exemplar davon der Vorauflage. Weiterhin hat die Arbeitgeberin dem BR angeboten, jederzeit das neueste Exemplar von „Kittner, Arbeits- und Sozialordnung” des Depotleiters mitbenutzen zu dürfen.

Mit Schreiben vom 18.03.1991 begehrte der BR von der Arbeitgeberin vergeblich, die weitere Zurverfügungstellung von vier Exemplaren von „Kittner, Arbeits- und Sozialordnung” neueste Auflage.

Der BR hat gemeint, die weiteren erbetenen vier Textsammlungen seien zur ordnungsgemäßen Betriebsratsarbeit erforderlich.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller 4 Exemplare des Buches Kittner, Arbeits- und Sozialordnung, 16. Auflage 1991, Bund Verlag Köln, zur Verfügung zu stellen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen

Durch Entscheidung vom 21.08.1991 hat das Arbeitsgericht entsprechend dem Antrage des BR entschieden. Es hat dazu unter anderem ausgeführt, das Begehren des BR sei nach § 40 Abs. 2 BetrVG begründet. Die weitere Lieferung von vier Gesetzestexten von Kittner entspräche auch der Verhältnismäßigkeit, wenn man berücksichtige, daß auf die Arbeitgeberin dadurch Kosten in der Gesamthöhe von 131,20 DM zukämen.

Im übrigen wird auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe verwiesen.

Gegen diesen Beschluß hat die Arbeitgeberin form- und fristgerecht beim Landesarbeitsgericht in Hamm Beschwerde eingelegt.

Die Arbeitgeberin und Beschwerdeführerin meint weiterhin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens, nach den gegebenen Fallumständen sei die Zurverfügungstellung der weiteren vier Exemplare nicht erforderlich.

Die Arbeitgeberin beantragt,

unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses den Antrag abzuweisen.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den vorgetragenen Akteninhalt Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

B

I

Die nach §§ 89, 87, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 516 ff ZPO an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.

II

1. Zwar ist der Antrag des BR zulässig.

Gemäß §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG ist das gewählte Beschlußverfahren die richtige Verfahrensart, da die Beteiligten um eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 40 Abs. 2 BetrVG streiten. Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis aller folgt aus §§ 10, 81, 83 Abs. 3 ArbGG.

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

a) Zutreffend ist, daß die Arbeitgeberin dem BR gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG auch Fachliteratur, soweit sie für die Wahrnehmung der Aufgaben des BR erforderlich ist, zur Verfügung zu stellen hat (BAG: in AP Nr. 20, 32 zu § 40 BetrVG 1972 und insbesondere Entscheidung vom 28.08.1991 – 7 ABR 29/90). Der im Gesetzestext des § 40 Abs. 2 BetrVG verwandte Begriff „erforderlich” richtet sich dabei, was das erstinstanzliche Gericht verkannt hat, nach den konkreten Verhältnissen des jeweiligen Betriebes und den von dem BR zu erfüllenden Aufgaben, das heißt nach der Gesamtwürdigung der tatsächlichen Einzelumstände (LAG Hamm, Beschluß vom 21.02.1990 – 3 TaBV 103/89 – bestätigt durch Beschluß des BAG vom 28.08.1991 – 7 ABR 29/90 – für den auch von dem zuständigen 7. Senat des BAG als entspre...

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